Review: Borderlands: The Pre-Sequel!

Borderlands: The Pre-Sequel! kam ein wenig überraschend, aber es war recht schnell klar was es ist: eine Art Stand-Alone Addon zu Borderlands 2. Wie der etwas merkwürdige Name schon vermuten lässt spielt die Geschichte zwischen Borderlands und dem Nachfolger und soll die Geschichte von Handsome Jack erzählen, als neue Schauplätze dienen Pandoras‘ Mond Elpis und die Hyperion-Station Helios, die man bisher nur im Orbit schweben sah. Große Änderungen hatte ich nicht erwartet, aber da es nicht von Gearbox selbst sondern von 2K Australia entwickelt wurde war ich doch etwas skeptisch ob es mit dem großartigen Borderlands 2 mithalten kann.

Screenshot: Helios Halbfertig im Panorama
Man kommt schnell von Helios herunter auf den Mond, fertig ist die Station aber noch nicht.

Dass sich auf der technischen Seite nicht viel ändert war schon nach den ersten Screenshots und Trailern klar: im Kern arbeitet die bewährte Unreal Engine 3 mit den Änderungen für den Borderlands-typischen Comiclook. Die Charactermodelle der Hauptcharaktere sind gewohnt detailliert, nur die Mimik und Gestik wirkt etwas hölzern, speziell bei weniger wichtigen Charakteren. Bei den Umgebungen gibt es Rückschritte, die fallen deutlich weniger Abwechslugnsreich aus als im direkten Vorgänger (oder Nachfogler? Diese verwirrende Namensgebung…). Karge Mondlandschaften dominieren das Geschehen und speziell das Hub-Level (Triton Flats), andere sind mit verfallenen Industriekomplexen und einer stark zerklüfteten, fast schon höhlenartigen Landschaft ein wenig abwechlungsreicher, aber weit weniger als der direkte Vorgänger, es erinnert in dieser Hinsicht mehr an den ersten Teil. Vor allem daran erinnert wird man dadurch, dass es in jedem Level nur noch einen Schnellreisepunkt gibt und die teils sehr ungüngstig platziert sind – man muss sich also wieder auf lange Laufwege einstellen.
Am Sound gibt es nicht auszusetzten, die Sprecher sind gewohnt gut und die Soundeffekte passen. Als kleiner Bonus ändert sich der Sound wenn man in den luftleeren Raum kommt und wirkt stark gedämpft, was zwar nicht physikalisch korrekt ist, aber immerhin einen darauf hinweist dass man nicht mehr in einer Atmosphäre unterweg ist. Kleiner Schönheitsfehler dazu: Gegenstände aus Kiste fliegen im luftleeren Raum weg, in einer Atmospähre nicht – was das vorhandensein einer Athmospähre mit der Schwerkraft zu tun hat müssen mir die Entwickler bei Gelegenheit mal erklären. Aber zurück zum Sound: die Musik ist gut, aber nichts überragendes. Vor allem ist es nicht mehr die Borderlands-typische aus Western- und Elektronik, sondern nur noch elektronische Klänge. Zeitweise erinnert es mich stark an Mass Effect.

Screenshot: Kampf mit einem wilden Tresher
Ein paar alte Bekannte gibt es auch bei den Gegnern.

Am grundlegenden Gameplay hat sich nichts geändert, wer Borderlands 2 gespielt hat fühlt sich schnell heimisch: wie die anderen Spiele der Serie ist Borderlands: The Pre-Sequel! ein Ego-Shooter mit leichtem Rollenspieleinschlag. Die Waffen werden prozedural generiert anhand von Attributen wie Schusskraft, Zielgenauigkeit, Nachladezeit und mehr, weitere Charakteristika werden durch den Hersteller festgelegt. Neu im Spiel ist der Elementarschaden Eis, welcher Gegner einfrieren kann und, sofern sie schwach genug sind, mit einem Nahkampfangriff zerbrochen werden können. Dafür musste die Slag-Mechanik weichen, was ich sehr schade finde da sie zu den besten Neuerung in Borderlands 2 zählte. Als neue Waffengattung sind Laser-Waffen dabei, die wieder unterschiedlich sind je nach dem, von welchem Hersteller der Lauf gefertigt wurde: Hyperion stellt eine Railgun her (starker Schuss, lange Nachladezeit), Tediore spaltet den Strahl in viele einzelne Auf (wie eine Shotgun) während Maliwan den Laser zu einem kontinuierlichen Strahl macht. Das hat nichts mit dem Hersteller der Waffe selbst zu tun, dieser kann ein anderer sein – was das ganze etwas verwirrent macht, im Endeffekt kommt es auf den Namen an. Die Laserwaffen haben eine eigene Munition, verhalten sich aber an vielen Stellen wie bestehende Waffen – ob man eine Railgun oder ein Sniper-Rifle verwendet hat keinen großen Einfluss, außer man bekommt vom Charakter her Boni. Einen neuen Elementarschadenstyp gibt es noch, man kann Gegner mit Eisattacken angreifen, welche sie evtl. einfriert und sie kurzzeitig bewegungsunfähig macht. Sie ersetzt die Slag-Mechnaik aus Borderlands 2, was ich ein wenig Schade finde da gerade im Koop Slag den Unterschied gegen schwere Gegner machen kann. Eis-Schaden bringt zwar auch Boni, aber nur für Meele, Explosive und kritische Treffer. Das Verlangsamen ist eine gute Option, ich hätte mir nur gewünscht dass der neue Elementarschaden keinen alten Ersetzt sondern die Riege erweitert.

Screenshot: Große, verzwickte Levels gebaut für niedrige Schwerkraft
Sehr große Levels mit unterschiedlichen Höhen machen sich die niedrige Schwerkraft zu nutze.

Da Elpis keine eigene Atmosphäre hat bewegt man sich oft im luftleeren Raum. Um trotzdem überleben zu können bekommt man schon früh im Spiel seine eigene Sauerstoff-Versorgung, ein sog. Oz O2Kit. Neben der Sauerstoffversorgung, welche nicht sonderlich relevant ist da alle eine dafür recht hohe Kapazität haben und selbst wenn man keinen mehr hat man nur sehr langsam Lebenspunkte verliert, kann der Sauerstoff auch als kleiner Boost für Sprünge verwendet werden. Die Betonung liegt hier auf „klein“ da er wirklich kaum zu merken ist und auch nur die Bewegung in die bereits eingeschlagene Richtung versträrkt – eine Änderung im Flug ist nicht möglich. Alternativ kann man auch gerade nach oben Springen und den Boost für einen Buttslam auf den Boden nutzen, welcher je nach eingesetztem Kit auch Elementarschaden anrichten kann. Man muss aber einen bestimmte Höhe erreichen damit er überhaupt funktioniert, was gerade in Innenräumen schwierig ist. Die computergesteuerten Gegner scheinen davon nicht betroffen zu sein und setzten diese Technik auch sehr aggressiv ein. Da Elips eine noch geringer Schwerkraft als Pandora hat springt man schon sehr weit, alles wirkt aber auch etwas träger, was sich direkt auf die Spielgeschwindigkeit auswirkt. Insgesamt ist das O2-System nicht gerade die größte Neuerung, da sie sich kaum auswirkt – weder in die eine, noch die andere Richtung.

Screenshot: In den Nebenquests kommt der typische Borderlands-Humor zum tragen.
In den Nebenquests kommt der typische Borderlands-Humor zum tragen.

Bei den Charakteren gibt es vier neue Klassen, wobei ich nicht alle im Detail gespielt habe. Wie gewohnt hat jeder einen aktive Fähigkeit und drei Skilltrees, welche jede Menge passiver Effekte zu Auswahl anbieten, da man schon auf Level 3 den ersten Skillpunkt bekommt geht es auch etwas schneller. Auch wenn alle Skills passiver nNatur sind sind die deutlich Abwechslungsreicher ausgefallen als in den Vorgängern, wo oft nur Zahlenwerte prozentual erhöht wurden. Die mit Gaige und Krieg eingeführten Stacking-Mechaniken sind häufiger anzutreffen, was speziell auf Athena und Nisha zutrifft. Bei Wilhelm kann man seine Verwandlung in einen Cyborg miterleben, die passiven Skills ändern teilweise auch sein Aussehen. Bei Claptrap haben die Skills vor allem Einfluss auf seine aktive Fähigkeit „VaultHunter.exe“, welche die Fähigkeiten anderer Vault Hunter ins Spiel bringt: wie Gaige einen fliegenden Roboter haben und kaum was treffen dafür wenn richtig viel Schaden austeilen? Kein Problem mit der „Mechromagician“ Subroutine. Sofern sie geladen wird, das hängt von den äußeren Umständen ab und braucht zusätzlich etwas Glück. Neue Fähigkeiten sind auch dabei, gibt es eine „Torgue Fiesta“ werden zufällig Granaten geworfen. Viele der Effekte übertragen sich auf die Team-Mitglieder, was ihn zu einem Unterstützungscharater macht – eine nervig, weinerliche Blechbüchse ist er aber immernoch. Was allgemein noch auffällt ist dass die Charaktere allesamt wenig aushalten. Ich habe die meiste Zeit mit Athena gespielt, welcher der Tank der Gruppe sein soll – und bin dauernd im „Fight for your Life“-Modus gelandet. Im Vergleich mit ähnlich stufigen Charakteren aus Borderlands 2 haben die Charaktere nur knapp ein drittel der Lebenspunkt und nur die Hälfte der Schildpunkte – ein klarer Nachteil. Zudem verlangt das Spiel in seinen vielen Sprungpassagen sehr präzise Sprünge, gerade mit Fahrzeugen – trifft man das nicht bedeuted dass das sofortige ableben. Darum spielt zu Beginn Geld eine große Rolle, ich hatte teilweise nicht mehr genug Geld um mir Munition zu kaufen – ein Novum für die Serie, das normale Geld hat man dort so inflationär bekommen dass man sich eigentlich keine Gedanken darum machen musste. Als neue zusätzliche Währung sind Moonstones mitdabei, sie ersetzten Eridium und sind zum kaufen von Munitions-Kapazitäts-Upgrades und öffnen von besonderen Kisten da. Da man sie im Vergleich zu Eridium gerade zu inflationär findet kriegt man wenigstens diese Upgrades schnell. Die braucht man auch, da man den dritten und vierten Waffenslot erst sehr spät im ersten Durchlauf bekommt.

Screenshot: Der Stingray Schwebegleiter im Kampf
Die neuen Fahrzeuge sind nicht unbedingt eine Verbesserung.

Neue Fahrzeuge gibt es auch: den Mond Buggy und einen kleine Hover-Glider namens Stingray. Der Mond Buggy fühlt sie wie eine Mischung des Runners in Borderlands 1 und dem n Borderlands 2 an – sehr leicht (auch bedingt durch die geringe Schwerkraft) und manchmal etwas zickig zu steuern da er auf unebenheiten sehr empfindlich reagiert, ist aber noch kein Mako aus Mass Effect. Der Stingray hat diese Probleme nicht, als Schwebegleiter ist ihm der Untergrund größtenteils egal. Als Spezialfähigkeit hat er ein Sprungmodul, wodurch mal größere Abgründe überspringen kann oder auf Gegner herunterkrachen, ähnlich dem Buttslam. Auch hier ist Präzision gefragt – oder man stribt dauernd in Lava-Ströhmen. Als Novum kann der Stringray nur von einem Spieler benutzt werden, ist dafür aber sehr viel agiler, wenn auch noch schwammiger als der Buggy. Hier hätte man viel verbessern können, was den Entwickler nicht gelungen ist.

Wie bereits erwähnt erzählt Borderlands: The Pre-Sequel! die Geschichte, wie Handsome Jack zu eben diesem wurde (zu Anfang ist er nur Jack und hat keine Maske) und die Macht über Hyperion an sich gerissen hat. Da er nur ein einfacher Programmierer bei Hyperion ist hat er keine weitreichende Befugnisse und vor allem kein Geld – also heuert er jeden an, den er kriegen kann. Die vier neuen Vault Hunter sind Nisha, der sadistische Pistolero mit einem eigenartigen Gerchtigkeitssinn, der Sölder Wilhelm der alles ohne zu Murren macht sofern man ihm genug bezahlt, eine von Jack umprogrammierte Claptrap-Einheit (er muss wirklich verzweifelt gewesen sein) die noch über die Routinen zum Treppensteigen und neue Kampffähigkeiten verfügt und Athena, eine Ex-Atlas-Assassine welche auf Pandorra gestrandet ist und die Geschichter erzählt. Moment mal: erzählt? Ja, die größte Neueurng im Story-Bereich ist dass die spielbaren Charaktere nicht stumm bleiben in den Dialogen sondern ihre Kommentare zum Spielgeschehen abgeben. Athena erzählt die Geschichten den Vault Huntern aus Borderlands 1 und 2, welche immer wieder mal im Spiel eingeblendet werden wie Echo-Nachrichten – und genauso überschrieben werden können, das hat sich leider nicht geändert.

Screenshot: Zahlreiche Gastauftritt alter und neuer Charaktere
Mit Lilith und Roland gibt es ein Wiedersehen in Moxxis‘ Bar auf Elpis

Jack steht zunächst von allen Seiten unter Beschuss, vor allem seinen Chef Tassiter mit der sich immer wieder hitzige Dialoge liefert. Die Einwohner Elpis‘ sind durchaus Hilfreich, weil die Überbleibsel von Dahl Streitkräften (bekannt als die Lost Legion) nichts geringeres als die Vernichtung von Pandorra im Sinn haben. Auch wenn die Lage ernst ist nehmen sie gefühlt alles ein wenig lockerer, was auch mit ihrem australischen Hintergrund zu tun hat: die Einwohner sind als Gegenstück zu denen von Pandorra gedacht, welche Amerikanern nachempfunden sind und sprechen (zumindest in der englischen Version) mit einer überzeichneten Version des australischen Akzents und legen ein sehr klischeehaftes Verhalten an den Tag. Das jeder einen mehr oder weniger großen Sprung in der Schüssel hat dürfte keine überraschen, Borderlands ist für seine schrägen Charaktere ja bekannt. Aber auch einige alte Bekannte sind mit dabei, neben Jack sind auch Moxxi, Lilith und Roland auf Elpis zu gange und tragen ihren Teil zur Geschichte – und damit Jacks aufstieg zum quasi Diktator von Pandora – bei.
Die Geschichte wird linear erzählt, es gibt aber auch zahlreiche Nebenquests, welche man tunlichst machen sollte oder man hat es schnell mit sehr starken Gegnern zu tun. Die Aufgaben an sich sind meistens nicht so interessant, dafür reißen die gelungen Dialoge das wieder heraus: der abgedrehte Humor der Reihe ist da, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau von Boderlands 2. An den Eigenarten des Storytellings hat sich wenig geändert. Das Spiel hat sehr wenig Zwischensequenzen (abgesehen von den Splash-Screens die Bossgegner ankündigen), dafür hängt man immer wieder gezwungenermaßen in Räumen fest und muss warten, bis Dialoge zwischen NPCs abgelaufen sind. Beim ersten mal mag das noch interessant sein, aber spätestens beim zweiten Durchlauf nervt es. Abbrechen oder überspringen lassen sich die Sequenzen nicht und sie kommen häufiger vor wie in Borderlands 2. In die Dialoge eingreifen kann man als Spieler nicht, aber immerhin bleibt der eigenen Charakter nicht mehr stumm, sondern kommentiert das Geschehen (zusätzlich zu den bekannten Ausrufen im Kampf ala „Yeah“ wenn einem Gegner der Kopf weggeballert wurde) und treten in direkte Dialoge mit NPCs, vor allem Jack. Es ändern sich leider nur Details, der grundlegende Verlauf bleibt gleich – manchmal sogar die kompeltten Antworten. Das ist jetzt keine Revolution, aber aus meiner Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, da ich mit der Silent-Protagonist-Metapher nichts anfangen kann.

Screenshot: Das Spiel liefert Erklärungen wie Jack an einige seiner Technologie kam, z.b. den Constructor.
Das Spiel liefert Erklärungen wie Jack an einige seiner Technologie kam, z.b. den Constructor.

Den typischen Borderlands-Humor und Ton hat The PreSequel! beibehalten, aber auch hier sind die Dialoge nicht ganz so gut geschrieben wie im direkten Vorgänger/Nachfolger. Neben den australischen Einflüssen haben es auch wieder viele Popkultur-Referenzen ins Spiel geschafft. Als schönes Detail werden viele Erklärungen geliefert zu Dingen, die in Borderlands 2 völlig normal sind: z.b. wie die Moonshot-Cannon funktioniert oder man ist hautnah dabei wie der erste Constructor gebaut wird (Jacks Kommentar dazu: „It looks like a dumpster wrapped in sadness“). Den größten Teil macht aber Jacks Wandlung von einer (halbwegs) normalen Person zu dem überheblichen Psychopathen aus, wie man ihn Borderlands 2 kennt. Die Tendenzen war schon da, durch die Ereignisse kommen sie aber erst recht zum tragen.
Die Story nimmt auch noch eine etwas andere Richtung, im Gegensatz zu Borderlands 2, welches komplett auf Handsome Jack zugeschnitten war und den vorherigen Kernthemen wenig Raum gewidmet hat (u.a. Vaults – wo kommen sie her und warum haben die Eridians sie überhaupt gebaut?). Es soll auch für das noch nicht vollständig erschiene Episode-Adventure Tales from the Borderlands neue Infos liefern, in welchem Umfang ist aber noch nicht klar. Ich finde die Neuausrichtung gut, nicht dass die Geschichte mit Handsome Jack schlecht war, aber die bot wenig Potential für neue Geschichten – hier eine etwas breite Grundlange zu schaffen wird weiteren Teilen der Serie helfen.

Fazit: Borderlands: The Pre-Sequel! liefert im Großen und Ganzen das, was man davon erwarten konnte: mehr Borderlands auf der soliden Basis des zweiten Teils mit kleinere Änderungen und Neuerungen. Insgesamt ist das meiste aber einen Schritt hintendran, nur dass die Spielercharaktere nicht mehr Stumm sind gefällt mir besser. Wer Nachschub an Borderlands braucht ist hier gut aufgehoben, war die Serie nicht kennte sollte zuerst den zweiten Teil probieren, welcher günstiger und besser ist – wenn einem das Spiel gefällt ist The Pre-Squel! eine gute Option.