Review: Fire Emblem Heroes

Nintendo braucht fast schon traditionell lange um auf neue Hypezüge aufzuspringen, Spiele für Smartphones und Tablets sind da keine Ausnahme. Nachdem eher durchwachsen aufgenommenen Super Mario Run (welches ich dank der lange anhaltenden Apple Exklusivität bisher nicht gespielt habe) haben sie mit Fire Emblem Heroes ihr zweites Spiel veröffentlicht, dieses mal für iOS und Android vom Start weg.
Die Grundidee ist eigentlich nicht schlecht: Fire Emblem als Serie von rundenbasierten Taktikrollenspielen – das funktioniert auch auf einem Touchscreen ohne gravierende Änderungen. Dass ein paar trotzdem vorgenommen werden müssen war zu erwarten, die Frage ist ob das Endergebnis weit von der Serie weg entwickelt. Zudem setzten die Entwickler auf das Free2Play Modell, was nicht unbedingt den besten Ruf genießt was die Kundenfreundlichkeit angeht.

Screenshot: Kampfsequenz
Die Kämpfe sind nett animiert.

Zunächst bleibt der Mobile-Ableger der Serie treu: Fire Emblem Heroes bietet rundenbasierte Taktikgefechte auf Karten aus quadratischen Feldern. Die Karten sind aber deutlich kleiner, nur 8×6 Felder und passen gerade so auf den Touchscreen eines Smartphones. Das macht sie gut handhabbar und übersichtlich da man nicht scrollen muss, alle Bedienelemente und Einheiten sind groß genug und gut handhabbar. Aber darunter leidet vor allem die taktische Tiefe, entsprechend kleiner sind auch die Reichweiten der Einheiten wodurch Kavallerie und fliegende Einheiten nur wenig Vorteile besitzen. Das es gefühlt nur um die 10 Karten gibt und es meistens auf eine Engstelle hinausläuft fehlt doch ein wenig die Abwechslung.
Die KI verhält sich ein wenig anders wie ich es aus Fire Emblem Awakening gewohnt bin: sie verhält sich häufig eher passiv, man muss eine eigenen Einheit in ihren Wirkungskreis ziehen damit sie überhaupt irgendwas macht. Das führt dazu dass man erstmal den ersten Treffer einsteckt, man muss abwägen wie man den Schaden minimiert. Generell geht die KI aber in Ordnung, sie nutzt Spezialfähigkeiten und ihre Einheiten gut. Schwächen oder Fehler nutzt sie gnadenlos aus, da die Auswirkungen des Stein-Schere-Papier-Systems gefühlt stärker ausfallen muss man noch besser aufpassen sonst verliert man einen Helden. Allerdings scheint es nur eine zu geben, man kann Missionen der Kampagne auch in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen angehen, aber dann ändert sich nur das Level der Gegner, am verhalten der KI konnte ich keine Veränderung feststellen – die Schwierigkeit scheint hauptsächlich dadurch geregelt zu werden über welche Attacken und Spezialfähigkeiten die Einheiten verfügen.

Screenshot: Beschwört man einen Helden bekommt man noch etwas Hintergrund Infos.
Beschwört man einen Helden bekommt man noch etwas Hintergrund Infos.

Eher untypisch für die Serie gibt es keinen Premadeath, es läuft ähnlich zum Anfänger-Modus in Fire Emblem Awakening (eigentlich seit Shin Monshō no Nazo: Hikari to Kage no Eiyū, aber das erschien nur in Japan für den DS): nach dem Kampf ist der Held wieder da, für die Dauer des Kampfes muss man ohne ihn oder sie auskommen. Da man die Gegner quasi anlocken muss kam ich kaum herum, wobei die meisten Verluste schon auf Fehler meinerseits zurück zu führen sind. Im Gegensatz zur eigenen Truppe, welche nur aus Helden besteht, führen die Gegner auch „normale“ Einheiten ins Feld, welche meist etwas schwächer sind, aber ähnliche Charakteristika mitbringen und auch über aktive und passive Spezialfähigkeiten verfügen könne, vor allem mit höherem Level.
Die größte Einschränkung ist aber dass man nur vier Helden gleichzeitig in ein Gefecht schicken kann. Dadurch ist man eigentlich nie auf den Gegner vorbereitet, da die eigene Truppe kaum Flexibilität aufweißt. Hat man eine Einheit von jedem Waffentyp dabei sind schonmal drei Plätze belegt und man hat noch nicht mal zwischen Fern- und Nahkämpfern unterschieden. Für Bogenschützen, Dolchwerfer oder Heiler bleibt nur noch ein Platz übrig. Zwar sieht man vor dem Gefecht mit welchen Waffentypen der Gegner aufwartet, man weiß aber nicht ob das fliegende Einheiten oder sie gepanzert sind – alles Dinge die recht praktisch zu wissen sind wenn man schon selber keine universal einsetzbare Truppe aufstellen kann. In der Kampagne sind alle Zusammenstellungen der Gegner vorgegeben, da kann man zumindest neu starten.
Zu Anfang bekommt man nur eine Vierer Truppe bestehende aus Virion (aus Fire Emblem Awakening), Anna (aus so ziemlich allen Fire Emblem Teilen) sowie die neuen Helden Alfonse und Sharena, wie so häufig in der Serie ein Geschwisterpaar. Die sind nur leider sehr eindimensional ausgefallen, wie auch die Gegenspielerin Veronica. Weitere Helden kann man beschwören, dafür benötigt man Sphären – die Premiumwährung des Spiels. Das durchspielen der Kampagne bringt schonmal eine gute Anzahl davon, das sollte reichen um einige Helden zu beschwören, sofern man es möglichst effektiv macht: Um den Vorgang zu starten benötigt man fünf davon, woraufhin einem fünf Symbole die die Farbe der Waffe die sich dahinter verbirgende Held darstellen angezeigt werden. Das hilft um Lücken im Lineup zu füllen, aber nur die Farbe sagt noch wenig aus. Der erste Held ist in den fünf Sphären enthalten, bleibt man bei dieser Auswahl kostet jeder weitere eine weniger, beim Neustart werden wieder fünf Sphären fällig.

Screenshot: Die kleinen Karten lassen nicht viel Platz zum taktieren.
Die kleinen Karten lassen nicht viel Platz zum taktieren.

Was man auch nicht weiß bis man gewählt hat ist die Qualität des Helden. Die wird in einem bis fünf Sterne ausgedrückt. Neben kleineren Attributboni haben höherwertige Helden vor allem Zugriff auf stärkere Angriffe und Spezialfähigkeiten. Man kann sein Helden auch upgraden, aber zum einen müssen sie Level 20 erreicht haben. Und man braucht noch sog. Orden, welche in jeder Farbe der Waffen vorhanden sind und im Übungsturm ergrindet werden können, zudem noch sog. Heldenfedern welche man Geschenkt oder im Multiplayer sich verdienen muss, wobei letzterer Anzahl mit jeder Stufe stark steigt, auf zwei Sterne sind nur 20 Fällig, auf fünf Sterne 20000. Die Helden aus der Beschwörung haben tendenziell recht gute Werte, weniger als drei Sterne sind mir da noch nicht untergekommen, damit kann man schon ordentlich was anfangen da die besseren Attacken bereits ausgerüstet sind. Bei Helden die man upgegraded hat muss man sie sich erst durch Fähigkeitspunkte freischalten, man verdient sie sich durch Kämpfe und Level Ups. Die einzige Alternative zur Beschwörung sind die täglich rotierenden Rekrutierungsquests, wobei man hier Ein- und Zwei-Sterne Helden erhält, je nach Schwierigkeitsstufe.

Screenshot: Levelups und Upgrades kommentieren die Charaktere mit für sie typischen Sprüchen - wer sie kennt wird einiges wieder erkennen.
Levelups und Upgrades kommentieren die Charaktere mit für sie typischen Sprüchen – wer sie kennt wird einiges wieder erkennen.

Das aufleveln der Helden wird gerade je nach Qualitätsstufe zur Geduldsprobe, da sie nur wenig Schaden austeilen und man keine Alternative hat bis man sie upgegraded hat. Zu anfang geht es noch, aber im Bereich 15-20 wird es teils sehr haarig. Zum einen weil die primäre Quelle, der Übungsturm, mit zufälligen Gefechte gefüllt wird und man schonmal leer ausgehen kann was einen bestimmten Levelbereich angeht. Immerhin werden sie nach jedem Gefecht neu generiert, da hilft es nur mehrere Team zusammenzustellen und je nach Verfügbarkeit der Level und Gegner zu alternieren. Das andere Problem ist die Verteilung der Erfahrungspunkte: in Awakening habe ich die Erfahrung gemacht dass jeder Gegner eine bestimmte Anzahl ergibt, richtet einen Einheit nur Schaden an ohne den Gegner zu besiegen bekommt sie anteilig die Erfahrungspunkte, wobei es noch einen relativ kleinen Bonus für den Todesstoß gibt. In Heroes fällt dieser Bonus deutlich größer aus, bis zu dem Punkt dass nur Schaden kaum oder gar keine Erfahrungspunkte bringt. Das hängt auch stark vom Level der Gegner ab, ist der drei oder vier Level unter dem eigenen Helden bekommt man kaum noch bis gar nichts. Auch Attacken die 0 Schaden anrichten bringen keine Erfahrungspunkte. Das macht das Level in den höheren Regionen noch langwieriger, gerade bei recht schwachen Helden. Alternativ kann man sie auch ohne Kampf auflevel, dafür braucht man aber wieder Ressourcen in Form von unterschiedlichen Kristallen, je nach Angriffstyp des Helden. Die bekommt man für grinden im Übungsturm oder Nebenquests und man braucht viel für die höheren Level. Dazu wird es aus meiner Sicht auch unnötig kompliziert hier weitere Währungen einzuführen die es nur für einen bestimmten Zweck gibt.
Bei den Helden gibt es eine reiche Auswahl, bisher kommen die meisten aus Fire Emblem Fates, Awakening und Shadow Dragon/Mystery of the Emblem. Die werden aber auch erweitert, teilweise auch um Recken, welche bisher in keinem im Westen erschienen Spiel aufgetaucht sind.
Die Kampagne ist wie bereits erwähnt reichlich unspektakulär. Neben dem Renderintro beschränkt es sich auf Missionen, die den zufälligen in nichts nach stehen weil die exakt gleichen Karten verwendet werden, und Dialoge in Textform vor und nach Missionen. Die sind aber auch nichts besonderes und wirken teilweise unnötig in die Länge gezogen. Die Story wirkt auch eher bemüht: die Herrscherin eines Königreichs versklavt zahlreiche Helden des Fire Emblem Universums un lässt sie auf ein anders Königreich los. Dadurch hat man zwar viele Auftritte bekannter Figuren, wirkt aber auch sehr lieblos. Zumal sie nicht wirklich beendet wird, es ist zwar kein Cliffhanger, sie wirkt aber doch arg unfertig, mal sehen ob da noch was nachgeliefert wird.

Screenshot: Die Grafik ist größtenteils 2D Animation, die auch schonmal was her macht.
Die Grafik ist größtenteils 2D Animation, die auch schonmal was her macht.

Wem das zu langweilig ist (und das dürfte bei so ziemlich jedem schon nach kurzer Zeit auftreten) kann sich in den Multiplayers stürzen. Der besteht aber Hauptsächlich aus den gleichen Gefechten, nur dass hier die Teams eines echten Spielers als Gegner dienen – gesteuert werden sie von der KI, mit all ihren Stärken und Schwächen. Dazu ist man limitiert: man darf nur drei solcher Duelle pro Tag ausfechten, aus man lädt seine „Duell-Energie“ wieder auf – ein künstliche Beschränkung ohne jeden Sinn. Wahrscheinlich wurde sie eingebaut um das farmen von Heldenfedern zu vermindert, welche man nur dort bekommt und für die Upgrades von Helden notwendig sind (siehe oben). Für Einzelspielermissionen braucht man auch Energie, die Leiste enthält 50 Einheiten davon und sie lädt pro echte fünf Minuten einen Punkt auf. Da gerade hochstufige Missionen zweistellige Beträge kosten nur für den Versuch kann es schnell leer werden, mit Energietränken, welche man sich auch gegen Sphären kaufen kann, kann man sie direkt wieder auffüllen. Mir hat es jetzt recht wenig ausgemacht weil die Gefechte für kurze Sessions ausgelegt sind und ich das warten verschmerzen kann, es ist aber eine rein arbiträre Einschränkung.

Screenshot: Artwork wenn man einen besonderen Held beschwört
Hat man das Glück einen besonderen Helden zu beschwören wird man mit einem schicken Artwork belohnt.

Die Grafik ist ordentlich, jeder Held mit einem gezeichnete Portrait vertreten, sowie drei Varianten für den Angriff im Kampfbildschirm: eine normale beim Angriff, eine nachdem der Held bereits einiges an Schaden eingesteckt hat (und mehr oder weniger viel Haut zeigt da die Kleidung in Mitleidenschaft gezogen wird) sowie eine für Spezialangriffe die etwas spektakulärer aussieht. Diese großen Grafik sind aber sehr schick gezeichnet, anders als die stark verniedlichte Versionen, welche auf der Karte angezeigt werden, die haben mir nicht so gefallen. Die Hintergründe der Kämpfe und Karten sind statisch und sind ordentlich, aber nicht herausragend.
Alle Helden sind auch teilvertont, sie sagen nur einzelne Wörter oder kurze Sätze, wie es auch in anderen Fire Emblem Spielen normal ist. Bei der Musik und Soundeffekten haben sich die Entwickler großzügig den anderen Spielen der Serie bedient, was einerseits gut ist da man vertraute Melodien und Effekt hört, andererseits sind es aber komplett die selben – die Entwickler bei Atlus haben sich für Tokyo Mirage Sessions #FE wenigstens die Mühe gemacht neue Interpretationen der bekannten Stücke an zufertig, was hier nicht gemacht wurde, was ich doch etwas schade finde – es wirkt wie eine neue Verwurstung.
Die Steuerung ist wie erwartet auf Touchscreen angepasst und man hat zwischen zwei Methoden die Wahl: entweder man tippt einen Helden an und dann den Ort an der sich bewegen soll, oder man zieht ihn oder sie direkt hin. Um dann allerdings anzugreifen muss man den Helden auf den Gegner ziehen, wo er dann landet entscheidet das Spiel. Das habe ich zunächst gemieden weil mir das zu unpräzise erschien, aber schnell merkte ich dass ich so viele Fehler mache und Helden nur neben Gegner stelle statt sie anzugreifen. Mit dem ziehen klappt das besser, wenn auch nicht komplett Fehlerfrei. Auch die Platzierung ist nicht das große Problem, die passt meistens – bei den kleinen Feldern stehen sowieso nicht viele Varianten zur Verfügung.
Ein arger Nachteil des Spiels ist dass man eine permanente Internetverbindung braucht, egal was man macht. Das hat wahrscheinlich hauptsächlich den Grund dass man sich keine Vorteile erschwindeln kann, gerade wenn man Sphäre für echtes Geld erwirbt. Hat man allerdings eine etwas brüchige Verbindung at man schnell nur eine Fehlermeldung auf dem Schirm, immerhin speichert das Spiel den aktuellen Zustand, man verliert also nichts. Ob das dafür verantwortlich ist warum beim Spielen der Akku meines Fairphone 2 ungewöhnlich schnell leer wird oder weil das Spiel unnötig Taktzyklen verbrennt kann ich nicht sagen. Die Grafik ist eigentlich nur so aufwändig, weil alles in 2D abläuft, trotzdem scheint es die ganze Zeit unter Vollast zu laufen.

Fire Emblem Heroes ist ein nettes Spiel für Zwischendurch, aber für mich bietet es aktuell zu wenig Langzeitmotivation. Die Story-Kampagne ist langweilig und allein das sammeln und hochziehen weiterer Helden gibt es zu tun, mir ist das zu wenig. Immerhin liefern die Entwickler bisher jede Woche neuen Content nach, was für die Zukunft zumindest etwas Hoffnung gibt.