Seitdem ich Videospiele spielen, sind Jump & Runs ein Genre, zu dem ich immer wieder zurückkomme. Als Nintendo-Kind natürlich vor allem mit Mario, allerdings nur seine 2D-Iterationen. Mit 3D-Plattformern bin ich nie wirklich warm geworden, meistens weil mir die Kamera Probleme macht. Ich komme nicht damit zurecht, wenn ich sie nicht komplett unter Kontrolle habe, sondern das Spiel mir sich ändernde Kamerawinkel vorschreibt. Das zieht sich von Super Mario 64 bis zu Super Mario Odyseey durch. In den klassischen 2D-Spielen, wo die Kamera immer fix von der Seite auf die Szene blickt, ist das für mich kein Problem. Entsprechend hat sich das klassische Mario 2D-Jump-&-Run Super Mario Bros. Wonder nicht für mein Spiel des Jahres 2023 disqualifiziert, sondern mich mit seinen vielen, kreativen Ideen begeistert.
Andere Serien habe ich auch gespielt, sofern es keine Metroidvanias sind (habe ich bisher keinen Zugang zu gefunden) oder mit brutalem Schwierigkeitsgrad geschlagen waren (frusten mich zu sehr). Und sofern sie nicht auf eine komplett dreidimensionale Spielwelt setzten. Auf jeder Playstation 5 ist das kleine Demo-Spiel Astro’s Playroom installiert, das mir mehr Spaß gemacht hat und ich besser spielen konnte als gedacht. Im vergangenen September erschien ein richtiger Nachfolger, schlicht Astro Bot betitelt. Ich hatte es nicht wirklich auf meinem Radar, aber mit dem ganzen Hype und weil ich Playroom mochte, habe ich es mir gekauft. Und was soll ich sagen, nicht nur wurde ich nicht enttäuscht, es ist mein Spiel des Jahres 2024. Aber der Reihe nach.
Inhalt
- Inhalt
- Starke Leistung: die Technik
- Von Plattform zu Plattform: das Gameplay
- Zuviel der Spielestation: Story und Referenzen
- Fazit
Starke Leistung: die Technik

Jedes Level beginnt mit einem Anflug, wo es bereits die ersten Geheimnisse zu entdecken und sammeln gibt
Technisch läuft Astro Bot einwandfrei auf meiner Standard-PS5. Da ruckelt nichts, die Steuerung ist präzise, Ladezeiten gibt es nur selten und wenn sind sie sehr kurz und werden mit kurzen Sequenzen kaschiert. Die Levels sind gut umfangreich, aber für keines brauchte ich länger als fünf Minuten. Sie sind sehr schön und mit viel Liebe zu Detail gestaltet. Dazu strotzen sie vor Abwechslung, kaum ein Setting wird zweimal verwendet. Der stilisierte Grafikstil hilft dabei, aber trotzdem habe ich nichts zu meckern: Mir sind keine Render-Artefakte wie Treppenstufen an Kanten, Flimmern oder falsche Schatten aufgefallen. Irgendwo wird bestimmt getrickst, aber die Entwickler verstecken es so geschickt, dass es selbst meinen kundigen Augen nicht aufgefallen ist.
Besonderen Gefallen scheinen die Entwickler an Haufen vieler kleiner Objekte gefunden zu haben: In einigen Level gibt es Abschnitte, wo Astro Bot durch große Ansammlungen von Bällen, Kristallen, Metallstücken oder auch Schnee läuft. Es wirkt, als würde er durch ein ausgelaufenes Bällebad laufen. Wobei ohne Widerstand, es ist ein rein optischer Effekt. Die Physiksimulation der Teile ist ansonsten glaubwürdig, die Performance bleibt stabil.
Zur Ästhetik des Spiels gehört auch, das alle Roboter sind. Das Design vieler der Gegner ist von Tieren inspiriert, aber alle sind etwas kantig und haben metallene Oberflächentexturen. Dazu haben sie kein Gesicht, sondern ein Display, das ihren Gemütszustand anzeigt. Selbst Pflanzen und andere Objekte folgen diesem Design.
Eine großartige Ergänzung ist der Soundtrack, der wie bei den Vorgängern von Kenneth C.M. Young stammt. Einige Titel wurden wiederverwendet, vieles ist neu, die Qualität ist aber bei allen herausragend. Die meisten Titel unterstreichen die fröhlich-freundliche Stimmung des Spiels. Für düstere Level wie eine von Geistern besetzte Ruine gibt es auch passende Musik, sie wirkt dann eher cartoonig und wird nicht wirklich düster oder gar bedrohlich. Die Soundeffekte reihen sich da nahtlos ein, jeder wirkt etwas überzeichnet und cartoonig, passend zum Spiel.
Von Plattform zu Plattform: das Gameplay
Im Kern ist Astro Bot ein 3D-Plattformer, wie sie seit Super Mario 64 etabliert sind. Eigentlich bin ich speziell davon kein Freund, weil mir die Kamera-Führung in vielen dieser Spiele Probleme gemacht hat. In Astro Bot hatte ich damit aber kaum Probleme, was vor allem an einem Umstand liegt: Fast immer kontrolliere ich die Kamera. Während in anderen Spielen dieser Art sie gerne mal an bestimmten Stellen vom Spiel gesteuert und verdreht wird, steure ich sie hier fast immer selbst mit dem rechten Stick des Controllers. Dazu hängt sie standardmäßig hinter dem kleinen Roboter, wodurch mir die Orientierung und Abschätzen von Entfernungen in die Tiefe deutlich leichter fällt.
Eines möchte ich besonders hervorheben: die Eis-Physik. In den meisten Spielen habe ich auf glatten Untergründen nur weniger Kontrolle über meinen Charakter. Es ist ein rein negativer Effekt und deshalb nervig. Hier ist das anders, weil die Entwickler einen Weg gefunden haben, sie spaßig zu machen: Astro Bot läuft nicht über Eis, sondern fährt auf Kufen. Zwar wird dadurch die Steuerung etwas eingeschränkt, er ist nicht mehr so beweglich, ich muss weite Kurven fahren. Aber dafür bewegt er sich schneller. Die passenden Abschnitte spielen sich so sehr flüssig, wenn man mal den Dreh raushat. In der Wiederholung eines Bosskampfes, die sich vom Original dadurch unterscheidet, dass sie auf einer großen Scheibe Eis stattfindet, habe ich das erstmals richtig zu schätzen gelernt. Klar verliere ich Beweglichkeit, aber dafür gewinne ich auch etwas – so sieht gutes Game Design aus! Diese Meisterleistung, Eis-Physik spaßig zu machen, hat noch nicht mal Nintendo hinbekommen.
Kreativität ohne Ende: Astro Bot und Power-Ups
Der kleine Roboter bewegt sich für meine Begriffe etwas langsam. Der italienische Klempner wird ihn überholen, speziell wenn er rennt, was Astro Bot nicht kann. Ich erwarte kein Hochgeschwindigkeitsspiel á la Sonic, aber ein wenig schneller könnte er für meinen Geschmack schon laufen. Andererseits sieht er so tapsiger aus, man kann nicht alles haben. Er hat keinen Doppelsprung, stattdessen kann er sich mit Schubdüsen in seinen Füßen kurz in der Luft halten (und Gegner unter ihm dabei erledigen). Wenn ich mal weit vom Weg abkomme, um zum Beispiel ein verstecktes Extra zu finden, komme ich deutlich schneller per Jumppad oder Stangen zurück, auf denen er wie ein Skateboarder entlang grinden kann. Jumppads gibt es in zwei Ausführungen, auf den blauen habe ich noch etwas Kontrolle in der Luft, die orangenen schleudern den kleinen Roboter über einen vorgegebenen Pfad an eine bestimmte Stelle.
Der Astro Bot kann ordentlich zuschlagen, die meisten der roboterartigen Gegner zerfallen nach einem Treffer in ihre Einzelteile. Für ihn selbst gilt das auch, ein Treffer und es geht zurück zum letzten Checkpoint. Für ein paar wenige Gegner braucht es zwei Treffer, bevor sie sich verabschieden. Alternativ oder gegen größere Gegnergruppen hat er noch einen Drehangriff, mit dem er schnell viele Schläge austeilen kann. Einige wenige Gegner kann ich nur so besiegen. Das wird meist auch entsprechend in Szene gesetzt, etwa wenn er von den Schrauben-Gegnern mit dem Flammenwerfer die Mutter per Drehschlag herunterschraubt, um sie zu erledigen. Der Gewaltgrad ist dabei gering, es erinnert mehr an Cartoon-Gewalt, ist stark überzeichnet und kommt komplett ohne Blut und abgetrennte Körperteile aus. Astro Bot ist somit auch für Kinder geeignet, der relativ niedrige Schwierigkeitsgrad unterstreicht das auch. Wobei ich das letzte Abenteuer von Mario dafür noch etwas besser geeignet sehe, weil gerade der Einsatz der Power-Ups etwas knifflig sein kann.
Ein wichtiger Aspekt von Jump & Runs sind die Power-Ups, und da hat Astro Bot einiges zu bieten. Hier steckt ein Großteil der Kreativität der Designer, zu alten Bekannten aus den Vorgängern gesellen sich einige neue dazu. Alle sind für den kleinen Roboter selbst. Mit den Froschhänden schlägt er über Distanz zu, die Affenhände lassen ihn bananenförmige Haltegriffe hochklettern und mit der Tintenfisch-Pumpe kann er sich wie ein Ballon aufblasen und kurzzeitig schweben. Es gibt zwei die ihm eine Art Dash nach vorne oder nach oben verleihen, Gegner auf dem Weg werden abgeräumt und teils kann Astro Bot so auch bestimmte Typen von Wänden durchbrechen. Inklusive Scherbenhaufen, der aber nicht gefährlich ist. Durch die Maus-Ohren schrumpft er und kann sich durch kleine Gänge bewegen, was nur in einem Level zum Einsatz kommt. Mit der Lampe werden unsichtbare Plattformen in den Grusellevel sichtbar. Ich finde alle spaßig, mein Favorit ist die Zeit-Verlangsamung: im Casino-Level muss ich es geschickt nutzen, um heranfliegende Gegenstände als Plattformen zu nutzen.
Eine Ausnahme, weil für mich und nicht Astro Bot, ist das aus Astro Bot: Rescue Mission zurückgekehrte Shuriken-Power-Up. Damit kann ich Gegner erledigen oder Bambus zurechtstutzen, damit sie den Weg freigeben oder eine Treppe bilden, meist für Geheimnisse. Gezielt wird durch die Bewegungssteuerung oder mit einem der Sticks, wobei ich bei ersterem geblieben bin, weil die Alternative per Stick eine extrem niedrige Eingabesensitivität hat und sich damit nur sehr schwerfällig zielen lässt. Andere Rückkehrer wurden auf den kleinen Roboter adaptiert, wie der Wasserstrahl, den er nun selbst verschießt – aus einem gelben Quietscheentchen und zeitlich begrenzt. Da es sich aber an seiner Ausrichtung orientiert, fand ich es etwas knifflig zu steuern.
In jedem der großen Bosskämpfe am Ende einer Welt kommt ebenfalls eines der Power-Ups zum Einsatz. Gegen den Chamäleon-Boss von Welt 2 nutze ich die Zeit-Verlangsamung, um durch die kleinen Lücken in den sich schnell bewegenden Feuerwänden zu kommen. Profis schaffen das wahrscheinlich auch ohne, oder mit viel Übung, mit dem Power-Up ist es aber deutlich einfacher. Die Bosskämpfe sind lang und groß inszeniert. Wie in den Vorgängern hält der kleine Roboter dann zwei Treffer aus, bevor der Kampf wieder ganz von vorne beginnt, Checkpoints innerhalb gibt es nicht. Meist halten sich die Bosse an die Dreier-Regel, sprich es braucht drei Treffer zur nächsten Phase, es gibt drei Phasen, usw. Sie fang mit einem Teil ihrer Angriffsmuster an und variieren sie dann, häufig mit weiteren Einschränkungen, wie dass die Plattform für Astro Bot kleiner und/oder ein Teil elektrisch geladen wird, was den kleinen Roboter bei Berührung sofort grillt.
Hin und wieder gibt es Kämpfe gegen Zwischenbosse, welche deutlich kürzer sind und deshalb ohne Zusatzenergie auskommen. Einfacher sind sie aber nicht, ein früher, wo Astro Bot einen Skelett-Pirat hochklettern muss, hat mich einiges an Zeit gekostet, bis ich ihn ohne Gegentreffer geschafft habe. Mir ist noch aufgefallen, dass die empfindlichen Stellen verdächtig oft die Augen sind. Astro Bot schlägt oder schießt einigen der Boss direkt auf die überdimensionierten, comicartigen Augäpfel, was ich irgendwie befremdlich finde. Zwar ist alles stark überzeichnete Cartoon-Gewalt, aber muss es wirklich das Auge sein? Vielleicht bin ich da als Brillenträger auch anders gestrickt.
Universum des Chaos: Welt- und Level-Design
Auf seinem Weg zum Endboss muss Astro Bot fünf Planetensysteme mit je vier Level, einem Boss-Level sowie einem thematischen Bonus-Level absolvieren und die darin versteckten Bots finden. In jedem normalen Level verstecken sich mehr oder weniger gut sieben seiner Kameraden, in den anderen Level sind es unterschiedlich viele. Zudem gibt es in zwei Level pro Welt einen versteckten Ausgang zur "Verschollenen Galaxie" mit insgesamt zehn weiteren Levels, jedes muss einzeln über die versteckten Ausgänge freigeschaltet werden. Diese Level sind bedeutend kürzer, sie enthalten nur jeweils fünf Bots, dafür sind alle im Cosplay. Ein paar weitere, versteckte Bonus-Level und die Challenge-Level runden das Angebot ab.

In seiner Schwammform kann Astro Bot allerhand zerstören. Viele keine Objekte und wie sie physikalische interagieren scheinen eines der liebsten Elemente der Designer zu sein
Die normalen Level sind nicht übermäßig lang, meist um die fünf Minuten. Es gibt kein Zeitlimit und keine Extra-Leben, wenn der Hauptcharakter das zeitliche segnet, geht es nur zum letzten Checkpoint zurück, so oft ich will. Checkpoints sind häufig und fair verteilt, in späteren Level werden sie etwas weniger, aber immer noch mehr als genug, dass ich selten länger als ~15 Sekunden Spielzeit zurück muss. Dazu ist vor fast allen kniffligen Stellen einer platziert. Die meisten Level sind linear, bei manchen werde ich in einen großen Raum geworfen und kann entscheiden, wo ich anfange. Beispielsweise ist in einem ein großer Roboter angekettet, um ihn zu befreien muss ich vier Schlösser lösen. In welcher Reihenfolge ich das mache, bleibt mir überlassen. Ähnlich funktioniert ein Wasser-Level, das zwar nicht mein Favorit ist, aber ich auch bei weitem nicht so verachte wie in anderen Jump & Runs, weil die Schwimmphysik gut funktioniert. Durch die klare Gestaltung habe ich nur kurz die Orientierung verloren.
Die fünf Boss-Level bestehen aus einem relativ kurzen Intro, wo das Power-Up des Levels nochmals kurz eingesetzt werden muss, bevor es gegen den Obermotz geht. Ab hier gibt es keine Checkpoints mehr, segnet Astro Bot das zeitliche, muss ich den kompletten Kampf von vorne anfangen. Immerhin kann er dann zwei Treffer abhaben, ganz wie in den Vorgängern als hinter ihm schwebende Herzchen gezeigt. Trotzdem ist das besonders nervig, wenn ich nur mit einer, relativ späten Phase Probleme habe, aber die anderen immer und immer wieder durchspielen muss. Vor allem der Schlangenboss von Welt 3 hat mir den letzten Nerv geraubt, weil ich mit mehreren Phasen Probleme hatte und einige Versuche brauchte, bis ich kapiert hatte, wie ich die Phasen möglichst schadlos überstehe.
Wer wirklich gefordert werden will, sollte sich die Challenge-Level ansehen. Die sind in den Welten versteckt, ich muss auf der Karte etwas umherfliegen, damit sie auftauchen. Sie sind daran zu erkennen, dass sie nach den Playstation-Symbolen gestaltet sind. Und sie sind richtig schwer, verzeihen keine Fehler und haben implizite Zeitlimits wie Feuerwände, die Astro Bot grillen, wenn er nicht schnell genug ist. Einen Teil davon habe ich sogar geschafft, nach vielen Anläufen. Sie haben keine Checkpoints, sind aber kurz. Aber in einem, wo ich mit dem Wasser-Power-Up mir unter Zeitdruck einen Pfad abkühlen muss, was schwer konsistent zu steuern ist, kam ich an meine Grenzen. Ich habe sie noch alle gefunden, aber keines mehr probiert. Mehr Erfolg hatte ich mit den neuen Inhalten im Post-Game, weil die nicht ganz so schwer sind.
Thematisch folgen die Level keinem Schema, was die Zusammenstellung etwas chaotisch wirken lässt. Von einem Dschungellevel geht es in die Wüste und dann in eine verschneite Umgebung. Viele Level bestehen aus im Nichts schwebenden Plattformen, die Designs wirken dadurch sehr abstrakt. Ich muss nicht alle normalen Level einer Welt absolvieren, theoretisch würden auch die Hälfte reichen, um zum Boss zu kommen. Allerdings brauche ich immer eine bestimmte Anzahl gefundener Bots, damit das Boss-Level freigeschaltet wird. Deren Anzahl gilt global, sprich ich kann auch weitere in anderen Welten sammeln und muss nicht wie in Super Mario Bros. Wonder mit dem Sammeln der Blumenmünzen in jeder Welt bei 0 anfangen.
Ist der Boss geschafft, wird ein weiteres Level freigeschaltet, in welchem ein Teil für Astro Bots Raumschiff versteckt ist. Suchen muss man es nicht, es ist immer am Ende. Diese Level sind deshalb besonders, weil sie sich optisch und Spielmechanisch stark an einen Playstation-Titel anlehnen. Das erste ist zu Ape Escape, was mir völlig unbekannt war und mich deshalb mehr verwirrt hat. Uncharted, God of War, LocoRoco und Horizon Zero Dawn waren mir zumindest soweit bekannt, dass ich einen Teil der Anspielungen verstanden habe. Dazu bekommt der kleine Roboter eine Fähigkeit, die aus den Spielen entlehnt ist, wie die Pistole von Nathan Drake oder die Axt von Kratos. Im LocoRoco-Level verwandelt er sich in eine der ballartigen Kreaturen und kullert physikalisch durch die Welt, ganz wie im PSP-Klassiker (das Remaster für PS4 habe ich mir im Anschluss gekauft, mal sehen, wo ich das auf meinem Pile Mountain Ridge of Shame unterbringe). Ich fand die Level ein wenig einfacher als die anderen, sie sind noch vollgepackter mit Referenzen, weil sich die Entwickler ganz auf ein Spiel konzentrieren konnten. Und das haben sie sehr gut gemacht, sie zollen den Spielen auf großartige Weise Respekt, ohne ihren typischen Humor zu verlieren. Alles natürlich immer, soweit wie ich das beurteilen kann. Wirklich tolle Level und die Highlights des Spiels, auch wenn viel Fan-Service dabei ist und jemand, der die ursprünglichen Franchises besser kennt da noch mehr rausziehen kann.

Das Casino-Level ist eines meiner liebsten. Hier sieht man es fast komplett und wie viel Abwechslung darin steckt
Viele der Geheimnisse sind gut versteckt, gerade über die versteckten Ausgänge stolpert man nicht einfach so. Stattdessen musste ich gut die Umgebung beobachten und auf unscheinbare Details achten. Den ersten Ausgang, den ich selbst gefunden habe, war erst in der dritten Welt. Das wird später einfacher, durch eine Neuerung: Habe ich ein Level einmal abgeschlossen, steht beim nächsten Start am Beginn ein kleines Vogelhäuschen. Gegen die Zahlung von 200 Münzen folgt mir für den Rest des Levels eine Art Roboter-Specht, dessen Schnabel in die Richtung des nächsten Bots, Puzzleteil oder verstecktem Ausgang zeigt. Zumindest, wenn ich einigermaßen in der Nähe bin, ist das Geheimnis weit weg, hilft er auch nicht weiter. Ein wenig muss ich mich schon selbst umsehen. Aber er war mir eine große Hilfe, die versteckten Ausgänge zu finden, da mir sein Hinweis oft reichte, dass ich mich an einer Stelle näher umgesehen habe.
Um das Ende zu sehen, brauchte ich gute 11 Stunden Spielzeit, was ordentlich ist. Ich hatte bei weitem nicht alle Bots gefunden, nur so etwas 215, was nicht mal reichte, um die offenkundigen Orte der Absturzstelle freizuschalten. Danach habe ich einige gute Level oder solche, wo ich einige Bots verpasst habe, neu gespielt. Und die Level des Post-Game.
Pflichtaufgaben: Sammelkram und Absturzstelle
Die Kernaufgabe des Spiels ist es, die anderen Bots zu finden. Zum Release waren es genau 300 Stück, mittlerweile sind ein paar durch neuen Level dazu gekommen. Fürs einfache Durchspielen braucht es nur 200, weil damit der letzte Bosskampf freigeschaltet wird. Die gesammelten Bots tummeln sich rund um die Absturzstelle des Raumschiffs, wo man auch mit ihnen interagieren kann. Also indem ich sie schlage, mehr kann Astro Bot in dieser Hinsicht nicht. Immerhin lassen sie sich so zu kleinen, lustigen Animationen hinreißen, vor allem die Bots in Cosplay. Oder man beobachtet sie einfach nur bei ihrem Treiben, die meisten sitzen nicht nur da, sondern haben jeder eine kleine, zu ihrem Charakter passende Animation.
Daneben gibt es die Puzzle-Teile, die weitere Objekte an der Absturzstelle freischalten. Wie einen Gatcha-Automaten, wo weitere Animationen für die Bots und Kostüme für den Helden freischaltbar sind, gegen je 100 Münzen. In anderen Gebäuden kann Astro Bot sein Kostüm wechseln, die Farbe des Speeders (das kleine Raumschiff in Form eines Dual-Sense-Controllers) verändern und zuletzt wird noch eine Art Zoo für sammelbare Tiere freigeschaltet, wo sie sich friedlich tummeln. Mit allen Puzzleteilen und 300 Bots wird das Master-Level zugänglich, soweit habe ich aber nicht gespielt.
Um weitere Abschnitte der Absturzstelle freizuschalten, braucht Astro Bot die Hilfe seiner Kumpels. Mit der Dreieck-Taste kann ich sie rufen, dann bilden sie eine lange Leiter um darüber zu balancieren, eine Mauer um daran hinaufzulaufen oder Seile um mich daran zu schwingen. Dass ich direkt über sie drüber laufe oder an ihnen entlang klettere, scheint sie nicht zu stören. An anderer Stelle müssen alle zusammen anpacken, um etwas anzuheben oder ein Rad zu drehen. Was aber komischerweise erst geht, wenn auch Astro Bot dazu kommt. Und die Bots in Reihe hintereinanderstehen. Naja, vielleicht nicht zu viel über die physikalischen Gesetze nachdenken. Durch diese Aktionen findet man weitere Extras und Referenzen.
Bonusrunde: Postgame und DLC
Ist Nebulax in die Schranken gewiesen, gibt es trotzdem noch etwas zu tun. Wahrscheinlich habt ihr noch nicht alle Bots und Puzzleteile gesammelt. Ich habe das nicht gemacht, weil einige sehr gut versteckt sind oder den Abschluss eines besonders schweren Levels, insb. aus den Challenges, erfordert. Das war mir zu stressig, deshalb habe ich sie ausgelassen. Habt ihr alle 300 Bots des Grundspiels und alle Puzzleteile gesammelt, wird das Master-Level zugänglich, was einem alles abverlangt. Da ich es nicht freigeschaltet und auch erstmal nicht vorhabe, ich habe es nur als Zusatz zu einem Speedrun überhaupt gesehen.
Nach Release haben die Entwickler per kostenlosem Update aktuell fünf Speedrun-Level nachgeschoben. Diese kurzen Level gilt es möglichst schnell zu absolvieren, inklusive möglicher Abkürzungen, weil der offensichtliche Weg nicht immer der schnellste ist. Vor allem der kreative Einsatz der Power-Ups in Kombination mit guten Fähigkeiten des Spielers führen zu schnellen Zeiten. Es sind sehr kurze Level ohne Geheimnisse, es geht darum, sie möglichst schnell zu absolvieren. Sie sind recht knifflig, aber noch im Rahmen, ich würde sie in etwa auf eine Stufe mit den letzten normalen Levels des Spiels stellen. Mich motiviert es aber nur bedingt, wenn ich ein Level (oder Spiel) viele Male spiele, um noch ein Zehntel einer Sekunde oder weniger von meiner Bestzeit zu schälen. Ich war schnell genug, um alle Bots der Level freizuschalten, das genügte mir. Auf den globalen Ranglisten bin ich ab Rang 90.000 zu finden, je nach Level auch weiter hinten.
Unerwartet kam das Weihnachts-Bonuslevel, was passend zur kalten Jahreszeit veröffentlicht wurde. Es ist mehr ein netter Bonus, eine große Plattform mit kleinen Ablegern, auf denen Astro Bot Geschenke finden muss. Die meisten Power-Ups kommen vor und sind für einen Teil des Levels notwendig, der Schwierigkeitsgrad ist eher moderat. Es geht mehr darum, in einer neuen Umgebung, die fast einer Sandbox gleicht, mit den vielen Power-Ups Spaß zu haben. Dazu gibt es weitere Bots zu finden, diesmal zu einem Comic-Superhelden, der auch ein eigenes Spiel auf Sony-Plattformen hat.
Zuviel der Spielestation: Story und Referenzen
Die Story des Spiels ist schnell umrissen, eigentlich ist sie fast dieselbe wie im Vorgänger für PS4 bzw. PSVR: Astro Bot ist mit seinen anderen Bot-Kumpels im Weltall unterwegs, als das böse Alien Nebulax ankommt, das Raumschiff schwer beschädigt und die wichtigsten Komponenten und die meisten Bots über die fünf Welten verstreut. Es liegt nun an dem kleinen Roboter mit den blauen Akzenten, die Teile seines Schiffs und seine Kameraden wieder zu finden. Dazu bereist er die fünf Welten, haut je einen Boss um welcher je ein Schiffsteil versteckt hält, um an Ende mit Hilfe seiner wiedergefundenen Freunde Nebulax selbst anzugreifen und das letzte Teil zu finden. Und das wars auch schon. Da sind die Stories des italienischen Klempners tiefgründiger. Aber gestört hat es mich nicht, weil das Spiel ganz andere Stärken hat.

Das Spiel ist vollgestopft mit Referenzen zu anderen Playstation-Franchises. Zwar sind sie gut gemacht, aber mir wurde es zu viel. Das hat das Spiel auch gar nicht nötig.
Jedes Teil muss in das Mutterschiff eingebaut werden, wozu die Bewegungssteuerung oder eine alternative dazu bemüht wird. Ich hinterfrage jetzt nicht, wie sinnvoll es ist, eine in einem Eisblock eingefrorene SSD per Kettensäge (!!!) daraus zu befreien, geschweigenden ihre Speicherbausteine auf dieselbe Art zu zerteilen. Hier werden auch die adaptiven Trigger stark beansprucht, ich war froh, vorher im Einstellungsmenü der Konsole die Option gefunden zu haben, die ihre Intensität reduziert. So eingestellt hat es mich nicht weiter gestört. Generell werden die Trigger und Vibration weniger stark eingesetzt als in Astro’s Playroom, das sollte ja auch eine Demo für die Fähigkeiten der Hardware sein.
Im Kontext der Story muss ich aber auf ein anderes Thema zu sprechen kommen, mein einziger, wirklicher Kritikpunkt am Spiel: das übermäßige Abfeiern der Playstation-Marke. Als wäre es nicht schon genug, dass viele der Bots sich in Gestalt von Figuren verkleiden, die aus Playstation-Titeln stammen (nicht zwingend Exklusiv). Da ist viel dabei, neben sehr bekannten wurden auch kleinere, nischige Titel mit einer Referenz bedacht. Ich erkenne als Nintendo-Kind nur einen Teil davon, aber für Fans ist das sicher ein Fest. Aber das wars noch nicht: Das Raumschiff hat die Form eine PS5, sein kleines das eines Dual Sense Controllers, auf den Münzen sind die Playstation-Symbole abgebildet (statt wie im Vorgänger Astro Bots Konterfei), die Challenge-Level sind nach Dreieck, Kreuz, Kreis und Quadrat gegliedert und so geht es weiter.
Ich frage mich: Muss das wirklich sein? Bei Astro’s Playroom, der kostenlosen Beigabe und erstaunlich guten Controller-Demo zur Playstation 5 konnte ich mich noch damit arrangieren. Eben weil es eine Beigabe ist. Für das hier besprochene Spiel habe ich aber 60€ hingelegt, muss das wirklich noch ein halbes Werbespiel sein? Zumal es der Titel gar nicht nötig hat. Es ist ein rundum gelungenes Spiel, mit viel Herzblut entwickelt und einem Charm, den man sonst selten sieht. Ohne die vielen Referenzen wäre es keinen Deut schlechter. Für mich sogar noch ein wenig besser, weil es mir einfach zu viel wurde. Vielleicht auch, weil ich weniger Nostalgie für Playstation-Marken habe und einige der Referenzen, die auch mit viel Liebe zum Detail gemacht wurden, nicht so zu schätzen weiß wie jemand, der mit Sonys Konsolen aufgewachsen ist.
Fazit
Wie bereits eingangs erwähnt habe ich Astro Bot zu meinem Spiel das Jahre 2024 erkoren. Mit keinem Spiel hatte ich so viel Spaß, wie mit dem 3D-Plattformer von Team Asobi. Technisch einwandfrei auf meiner Standard-PS5, mit präziser Steuerung und einer Kamera, mit der sogar ich zurechtkomme. Die Grafik ist leicht stilisiert, aber sehr schön und strotz nur so vor liebevollen Details. Speziell die Animationen des Protagonisten, seiner Freunde und Gegner sind mit so viel Liebe zum Detail gestaltet und so herrlich putzig. Das Spiel versprüht so viel Charme und gute Laune wie kaum ein anderes, es ist die in Software gegossene Freude. Unterstrichen von den cartoonigen Soundeffekten und der fantastischen Musik.
Die negativen Punkte sind überschaubar und meist nicht tragisch, wie etwa dass die Welten keinem Konzept folgen, sondern eher chaotisch wirken. Eigentlich stört mich nur, dass es mir die Playstation-Marke etwas zu sehr abfeiert. Etwas weniger hätte es auch getan, auch wenn ich sehe, dass hier mit viel Herzblut gearbeitet wurde. Aber mal ehrlich: im Endeffekt sind das maximal Abzüge in der B-Note, die den exzellenten Eindruck nur wenig trüben. Ich hoffe wirklich, dass das Team Asobi zusammenbleibt und noch weitere Spiele machen kann.
Dann stellt sich noch die Frage, wie es sich gegen meinen Favoriten vom letzten Jahr schlägt, Super Mario Bros. Wonder. Beides sind Plattformer, aber in 2D und 3D, wodurch sie nicht komplett vergleichbar sind. Außerdem läuft Austro Bot auf einer deutlich leistungsstärkeren Plattform, dem letzten Abenteuer des italienischen Klempners merkte man das Alter der Hardware doch hin und wieder an. Beide punkten mit vielen kreativen Ideen und Liebe zum Detail. In der Endabrechnung würde ich Mario einen Hauch vorne sehen. Zum einen, weil mir 2D-Plattformer doch noch besser liegen als die in 3D. Und ich fand die Ideen darin nochmal ein wenig kreativer als im Werk von Team Asobi – aber auch hier nur sehr knapp. Nostalgie dürfte auch ein wenig reinspielen, was für Mario und gegen das harte abfeiern der Playstation spricht.
Aber ich muss betonen, dass es wirklich hauchdünn ist. Beides sind fantastische Spiele und für die Besitzer der jeweiligen Plattformen absolute Must-Haves, außer man kann mit dem Genre so rein gar nichts anfangen.

Nicht alle anderen Bots sind Astro Bot feindlich gesinnt, manche wollen auch nur ein Bild machen und Spaß haben.
Nachdem mir Astro Bot so viel Spaß gemacht hat, überlege ich ernsthaft, zumindest modernen 3D-Plattformern nochmal eine Chance zu geben. Super Mario 3D World habe ich in der Umsetzung für die Switch, Super Mario Odyssey könnte ich mir einfach leihen. Gerüchteweise soll für den Nachfolger der Switch ein 3D-Mario zum Start dabei sein. Zuerst habe ich aber etwas anderes gespielt, nämlich den ersten Teil mit dem kleinen Roboter – in VR!