Review: BioShock Infinite

Mit BioShock Infinte erscheint im März ein weiteres, lange erwartetes Spiel. Als Nachfolger des hochgelobten BioShock aus dem Jahre 2007 (welches selbst der spirituelle Nachfolger des hochgelobten System Shock 2BioShock 2 zähle ich mal nicht mit, da es von einem anderen Entwicklerteam stammt) lastete eine hohe Erwartungshaltung auf dem Entwicklerteam, welche sie selbst mit den zahlreichen, beeindruckenden Trailern noch weiter angeheizt haben. Besonders Augenmerk liegt wieder auf der Geschichte der beiden Hauptcharaktere Booker DeWitt und Elizabeth sowie der Spielwelt, aber auch die Rollenspielelemente sollen deutlich ausgebaut werden.

Screenshot: Der erste Blick auf Columbia
Schon die ersten Blicke auf die Wolkenstadt sind beeindruckend…

Technisches Grundgerüst die wie im Vorgänger die Unreal Engine 3. Die wurde nochmals ein gutes Stück aufgebohrt und das sieht entsprechend sehr gut aus: die Texturen sind scharf, Kantenglättung ist im Menü vorhanden und das Spiel unterstützt DirectX 11. Die Animationen speziell von den Hauptfiguren und den Gegnern können sich sehen lassen.Trotzdem legt BioShock Infinite was die grafische Qualität angeht die Messlage nicht höher. Abzüge gibt es eher in der B-Note: Manche Objekte bekommen nur durch die Textur eine strukturelle Tiefe (z.b. Kapitelle, Obstkörbe), schaut man sie sich aus einem leicht anderen Winkel an entlarvt man den Trick und einige Bewohner stehen recht Steif in der Gegend. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau und dürfte den meisten gar nicht auffallen.

Screenshot: Innenareal
…aber auch die Innenareale wissen zu überzeugen.

Bei der stilistischen Gestaltung ist das Spiel aber über jeden Zweifel erhaben. Die fliegende Stadt Columbia ist mit der gleichen Liebe zum Detail wie Rapture aus BioShock gestaltet. Wer sich etwas Zeit nimmt kann sehr viele kleine Details in den Leveln entdecken. Generell ist die Umgebung aber sehr stimmig und glaubwürdig gestaltet, kleinere Ungereimtheiten (Reinigungskräfte, die stundenlang die selbe Stelle schrubben wenn man solange wartet und jede Menge Klon-Menschen, aber nur in unwichtigen Charakteren) sind dem Genre zuzuordnen: BioShock Infinite ist ein Shooter, kein Rollenspiel und das merkt man auch deutlich. Die Levels sind streng linear und nur an bestimmten Stellen gibt es Verzweigungen, unterschiedliche Wege gibt es aber nicht, zumindest lässt es das Spiel nicht zu. Mir passierte es genau an einer solchen Stelle, dass ich lange nach dem richtigen Weg gesucht haben, den ich gehen muss. Dafür gibt es eine Navigationshilfe, welche für einige Sekunden einen animierten Pfeil auf den Boden projiziert. Die ist meistens hilfreich und passend, nur an zwei Stellen hat sich mich minutenlang im Kreis herum geschickt, bis ich den richtigen Weg herausgefunden haben. Die meiste Zeit tut sie ihren Dienst aber gut, sofern man sie überhaupt braucht.

Screenshot: Strand in Columbia
Ein Strand in einer fliegenden Stadt? Kein Problem, dank der fortschrittlichen Technik.

Die Levels sind nicht nur sehr schön, sondern auch Abwechslungsreich gestaltet. Im Gegensatz zum ersten BioShock, in der man in ein bereits völlig heruntergekommenes Rapture kommt, ist in Columbia zu beginn noch alles in Ordnung. Man spielt unter strahlendem Sonnenschein vor sauber geputzten Fassaden. Im verlauf des Spiels bricht allerdings ein regelrechter Bürgerkrieg aus (in BioShock ist das schon vorbei) und die Stadt wird zunehmend düsterer dargestellt.
In den Levels wechseln sich ruhige Abschnitte und Kampfsequenzen ab. In den ruhigen Abschnitten hat man Zeit das Level zu erkunden, viele versteckte Räume enthalten Details zu Story oder mehr Munition, Salze und Geld. Schlösser an Türen und Tresoren können von Elizabeth geknackt werden, für welche Dietriche benötigt werden. Diese sind unauffällig in den Levels verteilt, aber wenn man lange genug wartet weißt einen Elizabeth darauf hin. Kommt man dann wieder in ein Areal mit Waffen, Munition und Tears, weiß man schon, dass bald Gegner auftauchen und der Kampf beginnt

Screenshot: Kampf zwischen den Parteien
Später im Spiel bekriegen sich die Parteien, da kann man auch erstmal zusehen.

Im Gameplay ist BioShock Infinite ein Shooter und in dieser Hinsicht sogar ein sehr klassischer. Deckungssystem? Selbstregenration? Fehlanzeige. Und im Gegensatz zu manch anderen Genrevertretern wurde damit nicht so vordergründig geworben. Der Lebensbalken kann mit Healthpacks und Essen wieder aufgefrischt werden, gerade von letzterem hat es unglaublich viel in den Levels verteilt. Es heilt zwar nicht so viel, aber es ist schon komisch, wenn in jeder Mülltonne Hotdogs und Popcorn liegt und in den Taschen toter Wachen Torten und Ananas‘ zu finden sind. Wobei es auch von den Healthpacks immer genug gibt. Fehlt es trotzdem, kann man sie an einem der zahlreichen Automaten kaufen. Die Währung, Silver Eagle, ist auch in guten Mengen vorhanden. Zwar nicht soviele dass man sich alle Upgrades für Vigors und Waffen kaufen kann (mehr dazu später), aber doch genug um sich auch mal Munition und Healthpacks kaufen kann.

Screenshot: Industrial Revolution Minispiel
Für Vorbesteller gab es ein kleines Logikspiel, mit dem man kleinere Boni im Spiel freischalten kann.

Die weiteren Ressourcen sind Munition für das gute Dutzend Waffen sowie Salze. Letztere funktionieren wie Mana bzw. Eve aus BioShock als Energiequelle für die Kräfte, schlicht Vigors genannt. Sie ähneln stark den Plasmiden aus BioShock und werden im Verlauf des Spiels gefunden. Statt einer recht brutalen Szene, in der sich der Hauptcharakter eine Spritze in den Arm rammt bekommt man die Vigors durch schlichtes Trinken eines Elixiers. Die darauf folgende Sequenz ist aber nicht minder spektakulär, generell bewegt sich der Gewaltgrad auf dem gleichen Niveau wie des ersten BioShock – also kein Spiel für Kinder, das 18er-Siegel passt. Aber nicht nur deswegen, mehr dazu später.. Die Kräfte selbst sind eine gute Mischung aus allen Kategorien, von Flächenangriffen wie dem Krähenschwarm über den Feuergranaten bis zu einem Schwall aus Wasser, mit dem man Gegner von einer Plattform stoßen kann ist die Auswahl groß genug, so dass jeder zumindest ein oder zwei Favoriten findet. Eine besondere Erwähnung verdient das Possesion-Virgor, mit welchen mechanische Maschinen übernommen werden können. Geschütztürme feuern für kurze Zeit auf seine ehemaligen Verbündeten. Mit einem Upgrade kann man auch menschliche Gegner übernehmen, nur die „Heavy Hitters“ wie der Motorized Patriots können nicht übernommen werden. Außerdem kann man das Vigor auch auf Automaten anwenden, welche dann einen ordentlichen Batzen Geld ausspucken.

Screenshot: Daisy Fitzroy in BioShock Infinte
Die Rebellenanführerin Daisy Fitzroy kämpft für die Unterdrückten, aber auch mit allen Mitteln.

Für jedes Vigor gibt es vier Upgrades, die zwar nicht sonderlich kreativ sind (mehr Schaden, höhere Reichweite, größere Flächenwirkung), sind aber enorm effektiv – 25% mehr Schaden oder auf andere Gegner überspringende Effekte sind alles andere als ein Pappenstiel. Ein Nachteil ist allerdings dass nur zwei Vigors gleichzeitig aktiv sein können, per Tastendruck kann gewechselt werden. Alle acht sind aber über ein Menü verfügbar, welches beim Aufruf das Spiel kurzzeitig stark verlangsamt.
Wie bei den Vigors können auch nur zwei Waffen gleichzeitig getragen werden. Hier ist der Nachteil aber noch dramatischer, da man immer auf die gerade rumliegenden Waffen angewiesen ist. Bei den Vigors gibt es nur eine Art „Munition“, die Salze, und man hat immer die volle Auswahl und ist entsprechend flexibel. Bei den Waffen ist das trotz der Auswahl von einem guten Dutzend Schießprügel nicht möglich. Weil jede Waffe seine eigene Munitionsart hat und ständiges Nachkaufen an den Automaten auf Dauer auch teuer wird (die Munition ist zwar günstig, aber die Upgrades um so teurer). Von den meisten Waffen gibt es zwei Varianten, eine der Polizei und einer der Rebellengruppe Vox Populi. Die Unterschiede sind meistens gering, so ist die Mashinegun zwar nicht sehr durchschlagkräftig, dafür feuert sie schnell und man kann viel Munition davon tragen. Der Vox-Populi-Repeater feuert etwas langsamer, richtet dafür mehr Schaden an. In diesem Stil zieht es sich durch die beiden Varianten, darunter eine Schrotflinte, ein präziser Einzelschuss Karabiner sowie einen Granatwerfen. Nur in einer Varianten gibt es eine Pistole (nur am Anfang wirklich zu gebrauchen), eine Scharfschützengewehr sowie den Raketenwerfern.

Screenshot: Heavy Hitters in BioShock
Die großen Gegner erfordern auch einen entsprechend großkalibrigen Schießprügel.

Das Problem mit den zwei Waffen ist, dass man nie flexibel genug ist. Zu beginn ist man hauptsächlich mit den Waffen er Polizei unterwegs, aber an einem Punkt nach etwas einem Drittel des Spiels ist man mehr mit den Truppen der Vox Populi beschäftigt und bekommt dementsprechend mehr Munition für deren Waffen. Man ist nun gezwungen sein Arsenal komplett zu wechseln, gegen teils schlechtere Waffen oder zumindest solche, die nicht zum eigenen Spielstil passen. Später bekriegen sich beide Gruppen und man hatDas Problem ist auch, dass man nie weiß, was auf einen Zukommt. Gegen große Gegnergruppen verwendete ich meistens eine Kombination aus Vigros und schnell feuernden Waffen oder dem Granatwerfer. Je nach Aufbau des Kampfareals eignen sich aber Einzelschusswaffen oder das Scharfschützengewehr besser geeignet. Gegen schwere Gegen, insbesondere die Handymen, braucht man aber entsprechend durchschlagkräftige Waffen wie den Granatwerfer oder den Raketenwerfer. Hat man die gerade nicht zur Hand ist man aufgeschmissen, bis man eines findet. In dem meisten Kampfarealen findest man aber zumindest eine, entweder direkt oder in einem Tear (mehr dazu später). Für jede Waffe gibt es wie bei den Vigors jeweils vier Upgrades. Die sind genauso uninspiriert, aber sehr effektiv. Mehr Schaden, ruhigeres Schießen oder mehr Flächenschaden sind nie schlecht, aber auch ziemlich Standard. Die Upgrades sind auch sehr teuer, man sollte sich dabei also auf seine Favoriten beschränken. Zu sehr sollte man sich aber nicht spezialisieren, da die Upgrades sehr mächtig sind und gerade später hat man mit unverbesserten Waffen schlechte Karten. Soweit sollte das Geld aber reichen, gerade wenn man die Levels etwas absucht und nicht nur durch rennt.

Screenshot: Songbird und Elizabeth
Der mechanische Riesenvogel Songbird war über lange der einzige Kontakt von Elizabeth.

Ein wenig Schade ist auch, dass die unterschiedlichen Munitionsarten aus dem Vorgänger gestrichen wurden. Dafür wurde ein neues Element eingebaut: Ausrüstung. Booker kann vier Kleidungsstücek tragen, einen Hut, ein Shirt, Hose und Stiefel. Jedes Teil hat einen Spezialeffekt oder Bonus, z.b. einen Blitzschlag zusätzlich zum Nahkampfangriff oder mehr Schaden gegen Handymen. Sie sind leider kein komplett gleichwertiger Ersatz zu den Munitionstypen, aber mit ihnen kann man sich stark individualisieren, da die meisten Effekte zwar praktisch, aber nicht spielentscheident sind. Außer dem Upgrade für mehr Schaden gegen Handymen, welches ich für notwendig halte, ist kein anderes ein absolutes Must-have, sondern man kann sie je nach Spielstil auswählen. Nützlich sind sie aber immer.

Screenshot: Elizabeth in BioShock Infinite
Elizabeth ist der zweite Hauptcharakter des Spiels und sehr glaubwürdig dargestellt.

Ein weiteres Element im Kampf ist Elizabeth. Im Gegensatz zu viele anderen Spielen, in denen KI-Begleiter mehr Ärgernis als Hilfe sind sticht sie dadurch heraus, dass sie nie im Weg ist und sogar aktiv hilft. Zum einen kann sie sog. Tears öffnen, allerdings nur einen gleichzeitig. In einem dieser Dimensionsrisse können eine Waffe und Munition, eine Kiste mit Healthpacks, ein Geschützturm der für den Spieler kämpft oder ein Haken sein, an welchem man sich mit dem Skyhook einhaken kann. Sie kann auch Booker Munition, Salze oder Healthpacks zuwerfen, wenn sie sich melden reicht ein Tastendruck um sich zu ihr zu drehen und das Item zu bekommen. Dabei scheint sie die Gabe zu haben immer genau zu erkennen, was man gerade braucht. Wenig Lebenspunkte? Schon hat sie ein Healthpack parat. Waffe fast leer geschossen? Sie hat die passende zur Hand, die nach dem Aufnehmen scheinbar auch gewechselt wird, nachladen muss man nicht. Logisch ist das nicht immer, weil sie keine Gegenstände aus der Umgebung nimmt sondern sie einfach generiert werden, aber ungeheuer praktisch. Bei der ganze Sache scheint es auch ein Limit zu geben, meiner Erfahrung nach wirft sie pro Kampf nur einmal eine der Kategorien zu, also eine Waffe, ein Healthpack und Salzflasche. Es soll ja nicht zu einfach werden. Trotzdem ist das Spiel nicht übermäßig schwer. Das liegt vor allem daran, dass Sterben nicht viel ausmacht. Man verliert etwas Geld, das war es aber auch schon. Es hat auch Vorteile: Man startet mit Health, Salzen und Munition. An ein paar Stellen hatte ich alle Waffen leer geschossen und konnte mich wegen der vielen Gegner kaum bewegen um andere Waffen aufzunehmen. Hier hilft das sterben, man kann sich auch regelrecht durch das Spiel sterben, was zwar nicht besonders spaßig, aber effektiv.
Dass sie nie im Weg ist erkaufen sich die Entwickler durch viele Tricks, die zwar nie sichtbar, aber doch deutlich bemerkbar sind, da Elizabeth immer an einer Stelle erscheint, wo sie gerade gebraucht wird. Auch dass für die für die Story relevanten Schlösser an Türen keine Dietriche benötigt werden ist etwas unsinnig, vor allem da man mehr als genug findet. Ich hatte am Ende über 20 Stück übrig. Ich hatte zwar nicht alle Geheimnisse gefunden, aber so viele können fast nicht mehr fehlen.

Screenshot: Elizabeth folgt auf der Skyrail
Auch Elizabeth hat ein Skyhook und folgt Booker auf Schritt und Tritt.

Ein wichtiger Punkt, in dem sich BioShock Infinite von anderen Shooter abhebt sind die Skyrails. Diese an eine Achterbahn erinnernden Schienen sind in einigen Leveln enthalten, mit dem Skyhook, welches man sehr früh im Spiel erhält, kann man sich daran hängen und durch die Levels fahren. So kann man schnell seine Position wechseln und aus brenzligen Situationen entkommen, da simples anvisieren einer Skyrail und drücken der Sprungtaste reicht. Man kann dann allerdings keine Vigors mehr einsetzen, nur noch seine Waffen. Der geschickte Einsatz der Skyrails verleiht den Kämpfen eine ungeheure Dynamik und sie verkommen nicht zu Stellungskämpfen. In einigen Levels gibt es auch Wasser- oder Öllachen, mit mit den Vigors unter Strom respektive in Brand gesetzt werden.

Screenshot: Austellung über den Boxeraufstand
Comstocks Heldenkult wird auch durch eine Ausstellung über den Boxeraufstand unterstrichen.

Im Gameplay ist BioShock Infinte solide, fast schon klassisch, aber ohne große Schwächen. Der wirkliche Fokus des Spiels liegt auf der Geschichte und der Spielwelt. Hier gibt es eine große Änderung im Vergleich zum Vorgänger: hier war Rapture der Hauptdarsteller, die Welt zu erkunden und zu entdecken war ein wichtiger Teil. In BioShock Infinite ist das nicht mehr der Fall: die Hauptdarsteller sind nun zwei Menschen, namentlich Booker DeWitt und Elizabeth. Booker ist ein ehemaliger Pinkerton-Detektiv und hat mit der siebten Kavallerieeinheit am Massaker bei Wounded Knee teilgenommen. Das sagt euch genauso wenig wie mir? Das liegt daran dass beide zwar zur amerikanischen Geschichte gehören und dort entsprechend bekannt sind, einem durchschnittlichen Europäer aber nichts sagen dürfte. Das ist ein wenig ein Problem, ohne die Hintergründe zu kennen entgeht einem doch das eine oder andere. Immerhin ist einigermaßen klar, warum es Booker nach Columbia verschlägt: er soll für einen mysteriösen Auftraggeber Elizabeth aus Columbia holen und sie übernehmen seine Schulden. In einigen Traumsequenzen landet man in Bookers Wohnung und sieht Wettscheine für Pferdewetten auf dem Tisch, das sollte eigentlich klar sein. Aber wer BioShock kennt wird auch hier schnell darauf kommen, dass das noch lange nicht alles ist. Die wahren Beweggründe liegen tiefer und erschließen sich erst im Laufe des Spiels oder einem zweiten Durchgang, da ich die vielen Anspielungen und verdeckte Hinweise, die schon von Anfang an da sind, beim ersten durchspielen glatt übersehen habe.

Screenshot: Parade in Columbia
Comstock weiß sich und den Kult um sich zu inszenieren.

Aber nun zu Elizabeth: sie lebt schon ihr ganzes Leben als Lamm von Columbia in einer riesigen Statue, kontrolliert und isoliert vom Rest der Stadt. Allerdings besitzt sie die Gabe, Risse (engl. Tears) in andere Dimensionen öffnen zu können. Ein Großteil der Story basiert auf der Annahme von parallelen Dimensionen. Warum Elizabeth diese Gabe hat wird erst später klar, zuerst ist sie im Kampf sehr praktisch (habe ich ja bereits weiter oben erwähnt) und ist treibender Punkt der Story. Sie begleitet Booker auf weiter Strecken des Spiels und will aus Columbia raus. Auch hinter ihr steckt mehr als man zuerst vermutet.
Ein große Rolle spielt wieder die fliegende Stadt selber, wenn auch nicht so groß wie Rapture: Anfang des 19. Jahrhunderts baute der religiöse Fanatiker Zachary Comstock mit Hilfe der Physikerin Rosalind Lutece eine fliegende Stadt, welche als Verlängerung der Weltausstellung von 1893 in Chicago gedacht war. Als sich Comstock aber mit ihr in den Boxeraufstand einmischt und damit eine diplomatischen Eklat auslöst, verschwindet die Stadt. Comstock baut in der Zwischenzeit um sich und seine Familie, Elizabeth ist seine Tochter, eine regelrechte Sekte und Personenkult auf, der alles was in BioShock mit Andrew Ryan passiert deutlich in den Schatten stellt.

Screenshot: Die Lutece Zwillinge
Die Lutece-Zwillinge sind ein mysteriöses Paar und tauchen immer wieder auf, um Booker und Elizabeth zu helfen.

Die weiteren Charaktere haben eher Nebenrollen: Die Physikerin Rosalind Lutece hat einen Zwillignsbruder Robert, beide erscheinen immer wieder auf mysteriöse Art und Weise im Spiel und helfen Booker. Wie die meisten Charaktere steckt auch hinter diesen Zwei wesentlich mehr, aber das will ich hier nicht verraten. Eine weitere Rolle hat der Waffenproduzent Jeremiah Fink, der sich aber konsequent auf die Seite von Comstock und damit gegen Booker stellt und auch so auftritt. Wichtiger ist hier die Rebellenanführeren Daisy Fitzroy. Als farbige steht sie zu dieser Zeit ethnisch schon einmal unter den Weißen, sie ist aber sehr intelligent, verfolgt aber strikt ihre eigene Ziele und Booker ist für sie nur ein Werkzeug. Die explizite Darstellung von Rassismus und das Leiden dieser Menschen stellt das Spiel sehr drastisch dar und in Daisy manifestierte sich die ganze Frustration und Wut, die in einem solchen Menschen steckt. Als letztes sei noch der Songbrid genannt, ein mechanischer Riesenvogel, welcher dafür sorgen sollte, das Elizabeth in ihrem Turm bleibt. Er taucht im Spiel mehrmals auf, natürlich auf der Jagd nach Booker und Elizabeth.

Screenshot: Cover der Vorgeschichte Mind in Revolt.
Eine Vorgeschichte gibt es als eBook, lohnt sich aber nicht wirklich. Man bekommt zwar einen Einblick in die Geschichte und Gedanken von Daisy Fitzroy, die Geschichte ist aber nicht notwendig und die Kurzgeschichten, die Blizzard kostenlos seit Wochen für StarCraft 2 veröffentlicht sind deutlich besser.

Es ist schwer viel über die Story zu schreiben, da ich nicht zu viel verraten will. Ich sage mal soviel: die Story und Inszenierung sind das beste, was ich bisher im Shooter-Genre gesehen habe. Damit können sogar einige Rollenspiele nicht mithalten. Die Story ist sehr komplex und durch das Konzept der parallelen Universen kann es auch etwas verwirrend sein. Es ist kein Spiel mit Popcorn-Kino-Äquivalent, gerade der Handlung folgen erfordert doch einiges an Grips. Vieles wird bereits schon zu beginn des Spiels angedeutet, was mir zuerst komplett entging. Ein zweiter Durchgang ist deswegen höchst empfehlenswert, da man dann schon dafür sensibilisiert ist und einiges in einem etwas anderen licht sieht. Dann stört es auch nicht, dass das Spiel komplett linear ist – Entscheidungsmöglichkeiten gibt es nicht oder sie spielen keine Rolle. BioShock hatte das ja auch nur in sehr beschränkten Maße, die Entscheidungen mit den Little Sisters hatten zwar Einfluss auf die Endsequenz, jedoch nicht auf den Verlauf der Story.

Screenshot: Eine Ansprache von Comstock
Comstock ist mehr als nur der Chef von Columbia, seine Untertanen vergöttern ihn regelrecht.

Durch die komplett lineare Inszenierung kommt der Dramaturgie und der Dicht der Story zu gute. Natürlich leidet darunter etwas die Identifikation, da Booker nicht unbedingt so reagiert wie man es selbst getan hätte. Das ist aber zu verschmerzen, die exzellenten (englischen) Sprecher wiegen das wieder auf. Beide bringen die Emotionen der Charaktere auf den Punkt. Dazu kommen noch die sehr guten Animationen, gerade von Elizabeth (Booker sieht man selbst ja nie), aber auch der anderen Hauptcharaktere. Ein wenig Abzug in der B-Note muss ich aber geben, da ich finde, dass die Stimme von Elizabeth nicht nach einem 17jährigen Mädchen klingt, sondern älter. Das finde ich nicht ganz so passend, aber dafür macht die Sprecherin das mit ihrem Einsatz wieder wett, das können bestimmt nicht alle Sprecher so rüber bringen.

Mein Fazit: Ich hatte hohe Erwartungen, auch angeheizt durch die vielen Trailer. Die stimmen zwar nicht ganz, viele der gezeigten Sequenzen haben es nicht ins Spiel geschafft. Das tut dem ganzen aber keinen Abbruch, meine Erwartungen wurden trotzdem erfüllt. Grafisch und Spielerisch ist das Spiel gut bis sehr gut, aber ohne große Neuerungen zu bringen. Die Skyrails sind eine tolle Erfindung, leider sind sie viel zu selten wirklich wichtig. Was die Story, Charaktere und Gestaltung der Spielwelt ist BioShock Infinite über jeden Zweifel erhaben, es ist in diesen Kategorien eines der besten Spiele, die ich jemals gespielt habe. Wer wie ich schon lange auf einen guten Shooter mit einer Story die nicht nur Nebensache ist wartet, ist bei BioShock Infinite gut aufgehoben.