Mit Fast Fusion liefert das Münchener Studio Shin’En einen beachtenswerten Launch-Titel für die Switch 2. Der Vorgänger kam auch zum Start der letzten Nintendo-Konsole heraus, war aber nur der überarbeitete Port eines WiiU-Spiels. Das Studio entwickeln seit seiner Gründung primär für Nintendo-Plattformen und ist bekannt dafür, die Hardware voll auszunutzen und starke Grafikbretter zu bauen – durch ihre Wurzeln in der Demo-Szene auch kein Wunder. Trotzdem finde ich es beeindruckend, dass ein sehr kleines Team einen Starttitel entwickeln darf, dafür bedarf es sehr frühen Zugang zur Hardware. Offenkundig vertraut ihnen Nintendo. Mich würde schon interessieren, wie das hinter den Kulissen ablief. Aber nun zum Spiel:
Fast Fusion ist ein Future-Racer, ergo ein Rennspiel mit futuristischen Schwebegleitern, ganz im Stil von F-Zero oder Wipeout. Oder den Vorgängern: Fast Racing League für die Wii, Fast Racing Neo für die WiiU und Fast RMX für die Switch. Kreative Namen scheinen mir nicht die Stärke des Studios, dafür die Technik. Spielerisch ist das Spiel sehr aufs wesentliche fokussiert, es erfordert schnelle Reaktionen und gute Kenntnisse der Strecken, um am Ende als Erster durchs Ziel zu rasen. Neben der aufgebohrten Technik ist das namensgebende Fusion-Feature interessant, wie wirkt es sich aufs Spiel aus? Ansonsten wirkt das Spiel wie eine konsequente, aber nur wenig weiterentwickelte Version der Vorgänger. Reicht das für einen gelungenen Launch-Titel?
Inhalt
Direkt am Limit: die Technik
Shin’En ist bekannt für ihre Grafikbetter auf Nintendo-Konsolen, Fast Fusion bildet da keine Ausnahme. Wobei ich den Eindruck habe, dass die die Hardware hier bereits am Limit operiert. Normalerweise dauert es ein paar Jahre, bis Entwickler genug Erfahrung haben, um das volle Potential aus der Konsole herauszuholen. Launch-Titel haben nicht diesen Luxus und sehen deshalb meist nicht ganz so gut aus. Aber da ist noch viel Zukunftsmusik dabei.
Wie mittlerweile üblich verfügt das Spiel über vier Performance-Einstellungen, zumindest im Dock, im Handheld sind es nur noch zwei (mit dem ersten Patch kam einer dazu, mehr dazu weiter unten). Ich habe alle kurz ausprobiert, einer fiel direkt raus, weil die 4k Auflösung mir die 30FPS nicht wert ist. Allgemein und insbesondere bei einem so schnellen Spiel, was ebenso schnelle Reaktionen erfordert, sehe ich 60FPS als absolutes Minimum an. Die anderen Modi ändern die Auflösung und die Schattendarstellung, aber mal ehrlich: Bei der Spielgeschwindigkeit fällt mir der Unterschied zwischen vorberechnet oder dynamisch nur auf, wenn ich ganz genau hinschaue. Allerdings wirkt das Bild speziell in einiger Distanz zu meinem Gleiter irgendwie merkwürdig, eine Mischung aus verwaschen und verpixelt. Auf den von mir gemachten Screenshots sieht das alles noch viel schlimmer aus, im Spiel fällt es zumindest im Bereich um den Gleiter kaum auf, auch wegen der hohen Geschwindigkeit.
Die Experten von Digital Foundry haben ganz genau hingeschaut und bemerkten auch die seltsamen Artefakte im Bild, die wohl aus der Hochskalierung via Nvidias DLSS resultieren. Die von ihnen angegebene native Auflösung von gerade mal 640×360 ist schon sehr niedrig, speziell wenn es bis auf 4K hochskaliert werden soll. Zudem ist ein solch schnelles Spiel für das Upscaling eine extrem undankbare Aufgabe. Ich bin mir nicht sicher, ob gerade die deutlich gesteigerten Details abseits der Strecke diesen Kompromiss wert waren. Größtenteils kann ich die komischen Pixel ignorieren, aber hin und wieder ist es mir doch unschön aufgefallen.
Mittlerweile ist ein Patch erschienen, der den "Pure"-Modus hinzufügt, wodurch das Bild zumindest ein wenig klarer wird. Trotzdem sind gerade Vegetation immer noch ein Problem, auf etwas Distanz ist an ihnen die fehlenden Kantenglättung deutlich bemerkbar. Andererseits ist Kantenglättung etwas, was man auf Nintendo-Plattformen eigentlich nicht erwarten darf. Die enorme Menge an Motion-Blur maskiert das zusätzlich, aber es löst das Problem nicht. Die weiteren Kompromisse in der Beleuchtung sind mir im Spiel nicht aufgefallen.
Eigentlich passt das nicht zur Shin’En, die schon deutlich bessere, technische Ergebnisse geliefert haben. Allerdings kann da viel schief gehen, vor allem bei einem Launch-Titel und einem so kleinen Team (in den Credits gibt es gerade mal vier unterschiedliche Namen). Ich will da aber nicht weiter spekulieren, sondern hoffe, dass zukünftige Updates das weiter verbessern.

Die Umgebungen sind deutlich schöner, dafür kann ich manchmal nicht direkt erkennen, was befahrbar ist und was nicht
Ansonsten dürfte das Spiel der technisch stärkste "neue" Starttitel sein (Ports von Spielen wie Cyberpunk 2077 klammere ich mal aus, weil sie bereits für andere Plattformen erschienen sind): Die Framerate ist absolut stabil bei 60FPS. Die Strecken sind detailliert, die Umgebungen auch und die Fahrzeuge sowieso, auch wenn es die exakt selben wie im Vorgänger sind. Die Beschleunigungsstreifen haben ein neues Design bekommen, ihr kräftiges Orange und Blau hebt sich besser vom Untergrund ab. In Fast RMX habe ich die hellblauen je nach Strecken gerne übersehen. Die HDR-Unterstützung hilft hier auch, wobei mehr auf meinem OLED-Fernseher von LG. Das Display der Switch 2 ist mit seinen kolportierten 450 Nits dann noch etwas zu leuchtschwach, der Effekt kommt deshalb dort nicht ganz so gut zum Tragen.
Als einziger Titel in meiner Sammlung unterstützt Fast Fusion das neue Feature GameShare der Konsole. Dabei läuft das Spiel komplett auf meiner Switch 2, für einen zweiten Spieler wird das Spiel auf seine Switch oder Switch 2 per Video gestreamt. Das funktioniert gut und ist auch in diesem Fall gut spielbar. Die Bildqualität wird durch die Videokompression aber ein gutes Stück schlechter. Auch für diesen Fall ist die Art des Spiels extrem undankbar. Aber es läuft und ist schon ein nettes Feature, weil so nur einer das Spiel kaufen muss und es sogar mit der Vorgängerkonsole funktioniert.
Bewährte Formel: das Gameplay
Spielerisch ist es das, was ich erwartet hatte: Ein sehr schnelles Rennspiel mit futuristischem Setting. Aber noch handhabbar, zumindest in den unteren Ligen und deshalb anders als F-Zero GX auf dem GameCube auch für Einsteiger und nur Gelegenheits-Future-Racer handhabbar. Wieder dabei ist die Phasen-Mechanik, wo ich passend zum Untergrund die Phase meines Gleiters wechseln muss, visualisiert durch die Farben Blau und Orange. Das System ist einfach: Selbe Phase gibt einen Boost, falsche bremst. Dazu gibt es einen manuellen Boost, um ihn aufzuladen muss ich entsprechende Icons auf der Strecke einsammle. Zur richtigen Zeit den Boost zu zünden ist notwendig, um mit den starken KI-Gegnern mitzuhalten. Oder abzuwehren, man kann damit auch in Gegner hineinfahren, wodurch sie sich drehen. Wer Boostet ist davor aber geschützt. Zudem hilft es, dass nach einem Crash die Leiste immer voll ist, so werde ich nicht doppelt bestraft oder muss immer etwas übriglassen.
Da ich kurz vorher noch Fast RMX auf der Switch 1 gespielt habe, war ich zuerst verwundert: Irgendwie fühlt sich Fast Fusion langsamer an. Ich meine immer noch sehr schnell, aber nicht mehr ganz so. Hin- und Zurückwechseln haben das bestätigt, in der untersten Kategorie "Subsonic" fühlt sich der Vorgänger deutlich schneller an. Das kommt mir als eher Casual-Rennspiel-Spieler entgegen, weil RMX teils schon verflucht schnell war. Mir scheint, als lege Fusion die Prioritäten etwas anders, statt brachialer Geschwindigkeit mehr Risk-Reward durch seine neuen Features.

Das Verschmelzen zweier Fahrzeuge ist neu, die Auswirkungen für mich bisher aber überschaubar. Gut zu fahren ist deutlich wichtiger als ein Fahrzeug mit hohem Rating.
Neu ist die Sprung-Funktion, wodurch mein Gleiter ganz schön hoch abheben kann. Dadurch kann ich Hindernisse überspringen, Abkürzungen nehmen oder einfach nur weitere Boost-Icons in der Luft erreichen. Allerdings ist das gefährlich, ich knalle schnell gegen Teile der Strecken oder lande außerhalb davon. Das bedeutet zwar keinen Game Over, aber kostet Zeit und meist auch drei bis vier Plätze. In späteren Strecken ist die Fähigkeit Pflicht und wird nicht nur für Abkürzungen und Boni verwendet. Sprünge gab es auch schon im Vorgänger, aber nur an vorgegebenen Stellen, sie immer und überall machen zu können und teils müssen verleiht dem Spiel eine neue Facette, ohne dass das Gameplay auf den Kopf gestellt wird. Allerdings hat es einen Nachteil: Falle ich von der Strecke kann es sehr lange dauern, bis ich zurückgesetzt werde, weil das Spiel wohl denkt ich wäre noch in der Luft unterwegs, obwohl ich bereits hoffnungslos verloren bin. Dabei geht sehr viel Zeit drauf, was mich jedes Mal ärgert. Klar liegt es hauptsächlich an meinem Können (bzw. dem Mangel davon), aber die Kill-Plane könnte für meinen Geschmack etwas höher liegen, das würde den Frust zumindest etwas mindern.
Neue Fahrzeuge und Strecken werden nicht mehr für den Abschluss von Cups, sondern über eine Währung im Spiel freigeschaltet. Das hat den Vorteil, dass ich speziell bei den Gleitern meine Favoriten schneller freischalten kann und nicht warten muss, bis sie an der Reihe sind. Das nötige Geld gibt es für das Absolvieren von Cups, wobei erst ab Platz 3 die wirklich dicke Kohle winkt. Zudem gibt jede eingesammelte Boost-Perle oder das Rammen von Gegner ein wenig Geld aufs Konto. Zusätzliches gibt es auch für das Unterbieten der Zeit der Entwickler im Zeitfahren oder das Absolvieren anderer Modi. Das mit Abstand meiste geben aber die höheren Cups.
Es gibt vier Cups mit je drei Strecken, was für so ein Spiel ein guter Umfang ist. Per Patch kam ein weiterer Cup dazu, die Strecken sind allesamt Remakes aus dem Vorgänger. Die Rennen sind deutlich länger, wo in Fast RMX eine Runde meist weniger als 30 Sekunden dauerte, sind es nun deutlich über einer Minute bis 90 Sekunden, jedes Rennen besteht aus drei Runden. Es wird kaum ein Setting wiederverwendet und es gibt viele Abkürzungen und alternative Pfade, die über geschicktes Springen und Boosten erreicht werden. Zudem gibt es erweiterte Wettereffekte, wobei mich die Wirbelstürme auf einer Strecke arg genervt haben, weil ich dadurch sehr unkontrolliert über die Strecke geschleudert werden konnte und auch mal zwei Crashes direkt hintereinander erleide, ohne etwas dafür zu können. Also den zweiten.
Klar bot der Vorgänger mit insgesamt 36 Strecken deutlich mehr. Der war aber auch eine erweiterte Version eines älteren Spiels, zudem sind dessen Kurse deutlich kürzer und weniger abwechslungsreich.
An Modi ist das Kernstück die Meisterschaft, wo ein Cup mit drei Rennen ausgefahren wird, höhere Platzierungen geben mehr Punkte, wer am Ende am meisten hat, steht auf dem Treppchen ganz oben. Daneben gibt es einen lokalen Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler im Splitscreen. Online-Modi fehlen leider komplett, was für mich einer der wenigen Kritikpunkte am Spiel ist. GameShare funktioniert mit bis zu zwei Spielern. Darin können Meisterschaften oder Einzelrennen ausgefahren werden. Ansonsten gibt es noch Zeitfahren und den Hero-Modus, wo crashes direkt zum Game Over führen und die Boostleiste gleichzeitig die Lebensleiste ist – ganz wie in F-Zero. Sie wird wie in den anderen Modi wieder aufgeladen. Die Einzelrennen sind dadurch noch etwas anspruchsvoller, mich motivieren sie aber nicht auf Dauer. Für alle Modi gibt es drei Schwierigkeitsgrade, welche sich vor allem in der maximalen Geschwindigkeit der Fahrzeuge zu unterscheiden scheinen. Die Computergegner fahren in allen sehr gut und recht aggressiv. Rubberbanding existiert nicht, falle ich einmal weit zurück, ist ein Sieg fast unmöglich.
Als neue Funktion gibt es die namensgebende Fusion: Ich kann zwei Wagen miteinander verschmelzen, um ihre Werte zu steigern. Am meisten bringt es, wenn ein Wagen die Schwäche des anderen ausgleicht: Ist etwa wie beim Zvil die Beschleunigung schlecht, kombiniere ich ihn mit dem Ziro, um dieses Manko auszugleichen. Die Reihenfolge ist wichtig und mir wird angezeigt, wie das Spiel die Kombination einschätzt. Es kommen zwar sehr gute Wagen raus, aber auch keine unschlagbaren Über-Flitzer. Letztendlich ist es immer wichtiger, gut zu fahren, die Boosts effektiv einzusetzen und vor allem nicht von der Strecke zu fallen. Da die KI-Gegner auch in den unteren Ligen stark fahren, ist das eigenen Können immer wichtiger als der gleitende Untersatz.
Fazit

In einem futuristischen Hafen muss ich aufpassen, nicht mit allerlei beweglichen Gegenständen zu kollidieren
Unterm Strich ist Fast Fusion ein solides Upgrade des Vorgängers. Es ist ein exzellenter Future-Racer mit starker Technik, aktuell von den Problemen mit dem Upscaling etwas eingebremst. Der Umfang ist solide, das Gameplay folgt einem klaren Konzept und wurde nur moderat, aber sinnvoll gegenüber dem Vorgänger erweitert. Die Sprünge sind nicht komplett neu, aber genug, damit sich das Spiel frisch anfühlt. Eine Evolution, keine Revolution. Das Fusion-Feature ist nicht entscheidend, aber spaßig. Wer sich für diese Art von Rennspielen erwärmen kann, sollte dem Titel eine Chance geben, zumal er mit 15€ auch noch günstig bepreist ist.