Review: StarCraft 2 – Wings of Liberty Kampagne

Vorab: In diesem Artikel geht es um die Einzespieler Kampagne der ersten Episode von StarCraft 2. Ich werde hier deshalb nicht zum Multiplayer, Battle.net oder etwas anderem schreiben, das gehört in separate Artikel. Ich habe die Kampagne im ersten Anlauf auf Schwierigkeitsgrad „Normal“ gespielt, was sich am Ende für mich als einen kleinen Fehler herrausstellte, da die meisten Mission für mich als erfahrenen RTS- und StarCraft-2-Beta-Spieler viel zu einfach waren. Der Text bezieht sich, speziell was die Zeitangaben angeht, auf diesen Schwierigkeitsgrad. In höheren muss man generell mit auch mit höheren Zeiten rechnen.

StarCraft 2 tritt ein schweres Erbe an. Das Vorgänger gilt als eines der besten Echtzeitstrategiespiele aller Zeiten und hat selbst zwölf Jahre nach der Veröffentlichung noch eine Fangemeinde, von der andere Spiele nur träumen können. Vor allem gilt das nicht nur für den Multiplayermodus, der schon so manches Spiel lange am Leben gehalten hat, sondern auch die Einzelspieler Kampagne, die auch nach alle den Jahren noch einen sehr guten Ruf genießt. Und um das zu Toppen hat sich Blizzard einiges vorgenommen: eine „epische Geschichte“ (Anmerkung: das Wort „episch“ bzw „epic“ wird in letzter Zeit viel zu häufig von Spieleentwicklung für die Beschreibung ihrer Produkte verwendet – so häufig, dass es auch mich jegliche Wirkung verloren hat und als PR-Floskel eingestuft wird), die in drei Spiele aufgteilt wird, Zwischensequenzen in Spielegrafik und Vorgerenderte Filme, eine begehbare Kommandozentrale mit Elementen von Point&Click-Adventures und einiges mehr, Blizzard-typisch klotzen statt kleckern.
Außerdem hat sich das Genre der Echtzeitstrategie merklich gewandelt. Während von zehn Jahren Schwergewichte vom Schlage eines Age of Empires 2 oder Empire Earth beliebt waren, setzt neuere Spiele zunehmend auf schnelle Action. Forschung, Basenbau und Ressourcenmanagement wird in viele neueren Vertretern stark vereinfacht oder gleich komplett gestrichen. StarCraft 2 will sich diesem Trend nicht anschließen und setzt auf das bewährte Fundament des Vorgängers.

Screenshot: Zertaul in der Protoss Minikampagne
In der Protoss Minikampagne ist der dunkle Templer Zeratul die zentrale Figur.

Zu erst einmal zur Aufteilung und dem Umfang, die gerade bei der Ankündigung für einigen Wirbel gesorgt hat. Laut Blizzard waren von Anfang an zwei Erweiterungen geplant, nur statt drei Spiele a 10 Terraner, 10 Protoss und 10 Zerg Missionen gibt es nun drei Spiele mit je um die 30 Missionen für die jeweilige Partei. Auf Wings of Liberty trifft das nicht ganz zu, da 4 der 29 Missionen auf Protoss-Minikampagne abfallen, die in die Story eingeflochten ist und den Bogen zu den weiteren Episoden spannt. Dazu muss man sich an drei Stellen zwischen zwei Missionen entscheiden, wobei die jeweils nicht gewählte nachträglich gespielt werden kann. Zieht man noch die versteckte Mission ab, kommt man auf 21 Terraner Missionen, wenn man StarCraft 2 nur in einem Zug durspielt und keine Mission auslässt, da manche optional sind bzw. die Must-Have Missionen nach einer bestimmten Zahl anderer Missionen freigeschalten werden. So kann man sich seinen eigenen Weg durch die Kampagne bahnen, was vor allem einen Einfluss auf die Einheiten hat, die man zur Verfügung hat. In den meisten Missionen bekommt man eine neue Einheit und diese ist auch meistens der Schlüssel zum Sieg auf dieser Karte. Beispielsweise kommt man in einer Mission auf Red Stone, einem Lavaplaneten ähnlich Char, Reaper/Rächer. Die Missioen weist sehr viele Klippen auf, auf denen man Kontainer mit Ressourcen sammeln kann (ein Feature, dass man sich wohl von Command & Conquer abgeschaut hat). Da dies die bereits bekannt Mission mit der steigenden Lava ist, kommt man kaum um den Einsatz von Reapern herum.

Screenshot: Anspielungen in der Kampagne
Die Kampagne von StarCraft 2 ist voller Anspielungen auf andere Spiele oder Dinge aus der Pop-Kultur.

Das Missionsdesign ist sehr Abwechslungsreich und Missionen, in denen man einfach nur die gegnerische Basis plattmachen muss gibt das kaum – und wenn dass das Ziel ist, dann gibt es noch mindestens ein weiteres Element, dass den Spieler zusätzlich auf Trab hält. So gibt es eine Mission, in der bei Nacht infizierte Bewohner aus ihren Behausungen kommen und die Basis angreifen, während man bei Tag damit beschäftigt ist, selbige zu zerstören. Man kann es auch bei Nacht probieren, aber das ruft nur noch mehr Infizierte auf den Plan (Der Tag und Nacht wechsel existiert nur in der Kampagne). Oder man spielt auf einem Planeten, der dabei ist von seiner sterbenden Sonne verschlungen zu werden und muss seine Basis mehrmals umziehen und nicht selber ein Opfer der Flammen zu werden, was sich bei den Terraner mit ihren flugfähigen Gebäuden natürlich anbietet. Zudem sind die Missionen sehr kurzweilige, auch wenn die wenigsten länger als eine halbe Stunde dauern. Trotzdem fand ich mich während der knapp 10-stündigen Spielzeit (reine Spielzeit der Missionen ohne die versteckte Mission die ich übersehen habe und die sich bisher nachträglich nicht freischalten lässt, man muss die Kampagne komplett neu beginnen – mit den ganzen Zwischensequenzen schätze ich die Spielzeit auf 12 – 13 Stunden) sehr gut unterhalten. Man muss allerdings dazu sagen, dass der Anfang sehr schwerfällig ausfällt und die Missionen, wie auch die Story, erst nach etwa zwei Stunden merklich in Fahrt kommen.

Screenshot: Zwischensequenz in Spielgrafik
Zwischen den Missionen wird die Geschichte in Sequenzen in Spielegrafik vorran getrieben.

Bei der Geschichte hat sich Blizzard großes vorgenommen und meiner Meinung nach haben sie dass auch geschafft, was vor allem auf die gerade zu bombastische Inszenierung zurück zu führen ist. Neben den vier vorgerenderte Sequenzen, von denen drei schon fast komplett aus Trailern bekannt sind, gibt es vor und nach jeder Missionen in Spielegrafik gestaltete Sequenzen, meistens auf der Hyperion, Jim Rayners Flagschiff seit seiner Rebellion gegen Mengsk. Die Charaktere sind in diesen Sequenzen sehr detailiert und sprechen mit glaubwürdiger Mimik und Gestik, dazu sind die Dialoge fast Lippensynchron (kleiner Unstimmgkeiten gibt es, die aber nicht so sehr ins Gewicht fallen – eine deutliche Verbesserung zu den Kaugummi-kauenden Portrais von WarCraft 3 oder Dawn of War 2). Speziell die Hauptcharaktere Raynor, Tychus Findlay und Kerrigan stechen herraus. Schon WarCraft 3 bot ähnliche Zwischensequenzen, allerdings in der RTS-Grafik mit entsprechend detailarmen Figuren und dazu ohne jegliche Interaktion. Auf den Hyperion tummeln sich auch noch zahlreiche Nebencharaktere, die allerdings nur mehr oder weniger starken Einfluss auf die Story haben, die sich stark um die drei Hauptcharaktere dreht. Während der Missionen werden die Ziele durch kleine Sequenzen und eingeblendete Portrais der Charaktere vorran getrieben.
Bei den Sprechern macht Blizzard nichts falsch, alle passen zu ihren Charakteren und sprechen (zumindest in der englischen Version) mit passenden Akzenten. So hat der Specter Tosh mit seinen langen Rastalocken genauso einen passenden Sprecher gefunden wie der einem Zwerg verdächtig ähnlich sehende Schiffstechniker Swann. Bei den aus StarCraft bekannten Charakteren setzt Blizzard größtenteils auf Kontinunität, so hat z.b. Jim Raynor seinen Sprecher behalten (auch in der deutschen Version, die ich bislang nur kurz angespielt habe). Die traurige Ausnahme ist Kerrigan – warum Blizzard statt auf die Sprecherin aus StarCraft auf eine mehr oder weniger bekannte Schauspielerin setzt ist mit Schleierhaft, trotzdem passt ihre Stimme zur Königin der Klingen – auch wenn sie etwas anders klingt als im ersten Teil.
Die Geschichte dreht sich Hauptsächlich um die Hauptcharaktere: Jim Ranyor, den gebrochenen und zu beginn etwas kriegsmüden Soldaten, der nicht über den Verlust von Kerrigan und vor allem, was aus ihr geworden ist, hinweg ist. Dazu kommt mit Tychus ein alter Kammerad von Raynor, der mit ihm zusammen in der Einheit „Heaven’s Devils“ gedient hat (nachzulesen im gleichnamigen Roman) und lange im Gefänigs war. Er spielt allerdings nicht mit offenen Karten und gibt seinen Auftraggeber und andere Details erst im Laufe der Geschichte preis. Zu guter letzt noch Kerrigan, Anführerin der Zerg seit dem Tod des Overmind in StarCraft, die sich seit den Ereignissen von Broodwar sehr ruhig verhalten hat, nun aber zunehmend aggresiver wird. Ihre Motive bleiben bis zu letzt im Dunkeln, aber da wahrscheinlich wird die Zergepisode, die als nächstes ansteht, Aufklärung bringen.

Screenshot: Auswahl zwischen zwei Missionen
Ein einigen Stellen im Spiel hat man die Wahl zwischen zwei Missionen, was allerdings auf die Gesamtstory keinen Einfluss hat.

Die Story in StarCraft 2 – Wings of Liberty setzt sich aus mehreren Handlungssträngen zusammen. So bieten die meisten wichtigen Charaktere Missionen an, die aber teilweise mit der eigentlichen Story nichts zu tun haben. Bei drei Gelegenheiten muss man sich zwischen zwei möglichen Missionen entscheiden, was auch in unterschiedliche Enden des Handlungsstrangs resultieren kann, die allerdings keine Einfluss auf die Gesamtstory haben. Interessant wird, ob Blizzard die unterschiedlichen Enden in den späteren Episoden weiter verarbeitet oder einfach wie bei Command & Conquer ein Ende zum offiziellen erklärt wird. Die Geschichten sind insgesamt wesentlich persönliche geworden. Stehen in StarCraft und Broowar noch das große Ganze im Mittelpunkt und die Charaktere sind hauptsächlich kämpfende Figuren in diesem Spiel, haben im Nachfolger die persönliche Ziele der Charakter mehr Gewicht. So stellt Raynor seine Rebellion gegen Mengsk hinten an, um einem persönlichen Ziel nachzugehen, dass auch noch Auswirkung auf die alle Episoden umspannenden Geschichte hat. Durch die starke Personalisierung bekommt die Geschichte auch leicht klischeehafte Züge, die aber nicht Überhand nehmen. Wie in Blizzardspielen üblich gibt es viele Informationen, die man nebenbei mit nehmen kann, wenn man den will. So kann man mit meisten Charakteren zusätzliche Dialoge führen und im Fernsehen die Schmutzkampagne von Mengsk gegen Raynor verfolgen. Ein Kritikpunkt ist das Ende des Spieles, bei dem vieles im Dunkeln bleibt und es sogar neue Fragen aufwirft – ein klarer Fingerzeig zu den weiteren Episoden.

Screenshot: Jagd nach Xel'Naga Relikten
Die Jagd nach Xel’Naga Relikten ist ein zentrales Standbei der Story, dabei muss man sich auch schonmal gegen Haushohe Wächter zur Wehr setzten.

Am Gameplay hat Blizzard nur wenige Änderungen vorgenommen, StarCraft 2 spielt sich, im Gegensatz zu vielen neueren Genre-Vertretern, klassisch. Das bedeuted: Basenbau, Einheiten produzieren, Upgrades erforschen. Letzters läuft in der Einzelspieler Kampagne nicht in den Missionen, sondern dazwischen, an Bord der Hyperion ab. Statt die bekannten Ressourcen Mineralien oder Vespin-Gas dafür aufzuwenden, werden mit Credits neue Technologien bezahlt, welche man für das erfüllen der Missionen bekommt. Viele der Upgrades sind auch im Multiplayer verfügbar, andere gibt es nur im Einzelspieler – wie auch manche Einheiten. Alte Bekannte wie Firebats/Feuerfresser oder Vulture-/Adler-Bikes gibt es nur in der Kampagne (und im Editor) wie auch manche Neulinge wie den Diamondback Laser-Schwebepanzer. Damit sehen in den Missionen eine ansehnliche Auswahl an terranischer Einheiten zur Verfügung, bei denen es aber teilweise Überschneidungen in ihrem Nutzen gibt (z.b. Hellion und Vulture) oder die schlicht für die meisten Missionen nicht zu gebrauchen sind, da ihr Nutzen stark von der jeweiligen Situation abhängt. Eine reine Harras-Einheiten wie der Reaper ist meistens nicht so sinnvoll wie die Schwergepanzerten Marauder, wenn der Gegner bereits eine große Basis besitzt oder man nur am verteidigen ist. Die Neuerungen am Erweiterungssystem für Gebäude (Techlab und Reaktor statt spezialisierte Add-Ons) ist identisch zum Mehrspieler.

Screenshot: Missions Auswahl
Der Manschaftsmesse der Hyperion ist eine der vier Räume, die man besuchen kann.

Die größte Neuerung ist sicherlich die Hyperion. Statt einfach die nächste Mission auf einer Karte oder aus einer Liste auszuwählen, kann man auf dem Schiff mit anderen Charakteren sprechen, Hintergrundinformationen ansehen, neue Technologien kaufen oder die eigene Forschung vorrantreiben. Man kann zwar nicht, wie ursprünglich angekündigt, sich frei auf dem Schiff bewegen, stattdessen kann man per Menü zwischen den vier Räumen wechseln und dort mit mehreren Punkten interagieren. Zwar kann man die Gespräche nicht aktiv beinflussen, trotzdem ist es ein Fortschritt, sie überhaupt optional starten zu können, vor allem wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um ein Strategiespiel und um kein Rollenspiel handelt. Auch auf der Hyperion wählt man über ein Interface die nächste Mission. Die spektakuär aussehende Sternenkarte aus den ersten Präsentationen musste leider einer etwas schmucklosen Auswahl weichen, die etwas Zweckmäßig wirkt, aber ihren Dienst erfüllt. Laut Blizzard wurden die Test-Spieler von der Sternenkarte verwirrt, mit dem jetztigen Interface ist das kaum möglich. Man kann sich dort einige Infos zur nächsten Mission anschauen, u.a. das primäre Ziel, wieviel Credits man für die Beendigung bekommt, wieviel Forschungspunkte drin sind und welche neue Einheiten man bekommt.

Screenshot: Auswahlmenü für die nächste Mission
In einem sehr übersichtlichen Menü wird die nächste Mission gewählt

Die Forschung ist sehr einfach strukturiert: In den Missionen findet man Protoss-Artefakte oder Überreste von Zerg-Einheiten, die man meistens nur einsameln muss. Für jedes Teil bekommt man einen Punkt in der Protoss- oder Zerg-Forschung und kann sich alle 5 Punkte eine neue Technologie freischalten. Dabei kann man zwischen zwei Boni wählen, wobei meistens einer der beiden sinnlos ist bzw. der andere ist ein absolutes Must-Have, die Entscheidungen gehen deswegen recht leicht von der Hand. Bei 30 Punkte ist aber auch schon Schluss mit der Forschung, dann gibt es für jeden Forschungspunkt Credits – und man bekommt die Punkte sehr schnell voll. Meine Zerg-Forschung war schon nach knapp der Hälfte des Spieles voll, der für Protoss kurz darauf. Allerdings lassen sich in späteren Missionen auch weniger Punkte finden als zuvor, was das ganze wieder etwas ausgleicht.

Screenshot: Helden der Kampagne
Die Helden der Hyperion machen auch in RTS-Grafik keine schlechte Figur, könnten aber detailierter sein.

Technisch waren die Spiele aus dem Hause Blizzard noch nie Wegweisend, stattdessen darauf bedacht, auf möglichst vielen Systemen zu laufen – StarCraft 2 ist hierbei keine Ausnahme. Im Vergleich zu den technisch sehr starken Genre-Vertreten wie Dawn of War 2 sind die Modelle etwas Polygonarm und die Texuren könnten auch knackiger ausfallen. Was allerdings gelungen ist: die Grafik ist sehr stimmungsvoll, egal ob in den Ödlanden von Mar Sara über der rotleuchtenden Oberfläche von Red Stone hin zu Stadtgebieten auf Korhal: jeder Schauplatz hat sein eigenes Flair und unterscheidt sich deutlich von den anderen – da haben auch die Leveldesigner ganze Arbeit geleistet. Die Einheiten lassen sich auch, wie in StarCraft 1, gut unterscheiden, allein anhand des Aussehens und der Farbgebung (außer den Team-Farben natürlich).
Auf die Ohren gibt es natürlich auch was und da hat Blizzard bessere Arbeit gemacht. Der Soundtrack gehört zu den besten, die ich jemals in einem Spiel gehört haben. Auch die Soundeffekte befinden durchgänig auf hohem Niveau, außer vielleicht dass sich die Zergeinheiten übertrieben schleimig anhören.

Mein Fazit zur Kampagne von StarCraft 2 – Wings of Liberty fällt überaus positiv aus. Die Missionen sind abwechslungsreich und kurzweilig, die Inszenierung sucht im Genre ihres gleichen. Die Story hat Blizzard persönlich gestaltet als im Vorgänger, auch wenn sie dadurch etwas klischeehaft wurde. Die Story beginnt auch eher lahm, belohnt dann aber zu Schluss mit sehr gut inszenierten Missionen. Trotzdem sind für mich alle Kritikpunkte meckern auf hohem Niveau, StarCraft 2 bietet die momentan beste Einzelspieler-Erfahrung, die für Geld zu haben ist. In diesem Sinne freue ich mich auf die nächste Episoden und hoffe, dass sich Blizzard keine 12-18 Monate dafür Zeit lässt.