Review: Rage 2

Screenshot: Rage 2 Titel

Rage 2 kam für viele unerwartet: der erste Teil gilt als das ungeliebte Stiefkind von Entwickler id Software, ein Spiel dass nicht so ganz in das Portfolio der ehemaligen Shooter-Halbgötter passt: zwar ein Ego-Shooter von klassischer Machart, aber mit eher realistischem Setting, deutlich größeren Levels die man mit Fahrzeugen erkundet und größerer Fokus auf Story und Charaktere. Der erste Teil wurde zum Release vor allem für seine technischen Macken kritisiert, aber auch dass er keine richtige Open World bietet sondern eine Hubwelt mit befahrbaren Wegen zwischen den Missionen. Mich hat das nie gestört, ich fand es eine gute Ergänzung da der Fokus weiter auf dem klassischen Shooter-Gameplay lag. Zumal id nie von einer echten Open World gesprochen und es sogar verneint hat, das hat aber viele wohl nicht interessiert.
Der zweite Teil soll vor allem diese Scharte auswetzen: für die Open World hat man mit den schwedischen Avalanche Studios einen Entwickler mit Expertise in diesem Bereich angeheuert. Dazu wurde das realistische Setting stark überdreht, schon in den ersten Trailern dominierten die Farben Pink und Gelb und es wird von purem Wahnsinn gesprochen – das erinnert mich stark an Borderlands, natürlich ohne den Cel-Shading-Look. Dazu kommen abgedrehte Waffen und Fähigkeiten damit es kein Standard-Shooter wird. id überwacht das Projekte und steuert seine Expertise aus dem Shooter-Gerne bei, die nicht nur beim letzten Doom im Gerne Maßstäbe gesetzt hat. Avalanche haftet aber der Ruf an große Welten zu bauen, die dann nicht mit sinnvollem Inhalt gefüllt sind. Ob das bei Rage 2 auch der Fall ist habe ich mir genauer angesehen.

Hinweise zum Patch-Stand: es ist schon lange Standard dass Spiele teils weit nach Release noch gepatched werden, nicht nur um Fehler zu beheben sondern auch um neue Features und Inhalte hinzu zu fügen. Ich habe hauptsächlich vom Release bis wenige Woche danach gespielt (an dieser Stelle würde ich gerne eine Versionsnummer und Datum angeben, aber da habe ich nichts gefunden, nicht mal richtige Patchnotes obwohl es definitiv Updates gab). Es kann durchaus sein dass inzwischen einige der Probleme behoben wurden, sollte ich wieder spielen (und daran denken) update ich das Review entsprechend.

Inhalt

Grafik, Sound und Steuerung

Screenshot: Weitsicht auf die Landschaft
Weitsicht auf die Landschaft

Technisch ist Rage 2 für mich ein zweischneidiges Schwert: es sieht richtig gut aus, vor allem die farbenfrohen Explosionen können sich sehen lassen. Modelle für Waffen, Fahrzeugen und Charaktere sind auf hohem Niveau. Gut, die Gesichtsanimationen sind nicht die besten, aber auch nicht störend, zumal man sie im Spielverlauf nicht so wichtig sind. Die Landschaften sind weitläufig, aber trotzdem detailliert, die Zonen der Open World lassen sich optisch gut unterscheiden. Der dynamische Tag-Nacht-Wechsel sorgt für die richtige Atmosphäre, im Dunkeln durch die Nebenschwaden im Sumpf zu waten, nur vom Mündungsfeuer erleuchtet, da kommt schon Stimmung auf. Im den Ödländern gibt es verstreut Überreste von Gebäuden bis hin zu umgestürzten Wolkenkratzern, es wirkt aber durchaus belebt und nicht so kalt wie die Welt in NieR:Automata. In vielen Ruinen haben sich Banditen eingenistet, gut zu erkennen an ihren zusammengewürfelten, reichlich chaotisch anmutenden und von Graffitis überzogenen Behausungen. Spielt man eine Weile fallen zwar die wiederverwendeten Gebäudenteile auf, aber meistens wurden sie soweit neu arrangiert oder anderweitig verändert dass man schon genauer hinschauen muss. Ein für mich ungewöhnliches Problem ist der Mannequin-Fetisch der Banditen, die nackten Schaufensterpuppen stehen in den meisten kleineren und vor allem größeren Lager herum, so viele dass ich auf einige geschossen habe weil ich dachte es währen Gegner. Im Kontrast dazu sind die Mutantennester von organischen, an Gedärme erinnernde Auswüchsen überzogen, in einigen Überresten von Kanalisationen sind sie schon sehr eklig anzuschauen.
Die Sounds passen, von den wuchtigen Waffensounds zu den sehr guten (englischen) Sprechern. Die Musik ist mir wenig aufgefallen, in der Welt ist es sehr ruhig, in den Kämpfen habe ich hin und wieder was herausgehört, aber im Gedächtnis blieb mir dabei nichts.
Bei der Steuerung hatte ich so meine Probleme, zum einen weil es sehr viele Tasten gibt die teils je nach Situation unterschiedlich belegt sind. Zwar kann man die Belegung in einem umfangreichen Menü ändern, aber ihre schiere Anzahl sorgen für eine reichlich komplexe Steuerung. Das meiste geht eigentlich weil Shooter-Standard, aber das Auslösen der Nanotrite Fähigkeiten ist etwas umständlich: ich muss eine Taste drücken und halten und dann eine über eine weitere die entsprechende Fähigkeit aktivieren. Z.b. der Slam wird bei mir durch Fähigkeitstaste und STRG bausgelöst, sofern man in der Luft ist. Immerhin sind sie nicht gebunden, also der Slam z.b. an Ducken wie in Borderlands – The PreSequel, sondern alles kann individuell belegt werden, es bleibt aber aufgrund der schieren Anzahl an Aktion alles etwas unhandlich. Ich dauerte eine Weile bis ich den Dreh raus hatte und die Fähigkeiten effektiv nutzen konnte, speziell in den Bosskämpfen sind Dash und Doppelsprung aus meiner Sicht Pflicht, da man ansonsten nicht schnell genug den Angriffen ausweichen kann und sehr viel Schaden frisst.
Generell ist umbelegen kein Problem, das Menü dafür ist auch ordentlich und warnt wenn man eine Taste doppelt belegt. Die Fahrzeug-Sektion ist etwas merkwürdig aufgebaut, da manche Tasten wie Beschleunigen global für alle festgelegt werden, andere dagegen spezielle Funktionen des Fahrzeugs steuern: ich hatte Shift sowohl auf dem Boost für den Phoenix, als auch das Abheben mit dem Icarus gelegt – aber als separate Option, ich hätte auch unterschiedliche Tasten verwenden können. Dazu kommt bei mir ein besonderes Problem: ich spiele nicht mit WASD sondern nutze ESDF für die Bewegung, entsprechend belege ich einige Tasten anders. Das ist meistens kein Problem, im Jahre 2019 sollten frei belegbaren Tasten eigentlich schon lange Standard sein, leider gibt es aber immer wieder Spiele die das nicht unterstützen. Bei Rage 2* ist das Problem etwas anders gelagert, weil sich zwar prinzipiell alle Tasten ändern lassen, aber es an einigen Stellen wohl hart in den Code eingebauten Tasten gibt wodurch meine Änderungen schlicht ignoriert werden. Z.b. kann ich das Icarus Fluggerät nur mit WASD steuern, bei Motorrädern ist nur das nach rechts lenken fest auf D gelegt während sich der Rest nach meinen Einstellungen richtet, entsprechend komisch ist dann die Steuerung. Das dürfte auch keine Absicht sondern ein Versäumnis der Entwickler sein. Zu Fuß oder im Phoenix, dem von mir mit Abstand am meisten genutzten Fahrzeug (mehr dazu im zugehörigen Abschnitt) passt zum Glück alles, weshalb ich das Spiel eigentlich recht gut durchspielen konnte. Eine Ausnahme gibt es noch: bei Autorennen wurde ich sehr oft zurück auf die Strecke teleportiert, wo ich erst dachte dass das Spiel hier sehr pingelig ist, was aber in Anbetracht des Settings keinen Sinn macht, wer achtet schon in einer vom Wahnsinn regierten Post-Apokalypse auf Track Limits?. Der Grund liegt wohl an meiner ESDF-Konfiguration, weil hier auch eine hart ins Spiel eingebaute Funktion ausgelöst wird. Das ganze wirkt einfach nicht gut genug getestet mit anderen Tastenbelegungen, den Einträgen im offiziellen Forum nach sind sie nicht so selten.
Auch die Menüs im Spiel selbst haben mir Probleme bereitet. Dass sie offenkundig für die Bedienung mit einem Controller ausgelegt sind stört mich nicht so sehr, vor allem da vieles mit der Maus geht, aber sie reagieren sehr träge und sind für meine Begriff arg umständlich aufgebaut. Ich habe eine Weile gebraucht bis ich erkannt haben dass die Nanotrite-Fähigkeiten mit Perks verbessert werden können, die Option ist arg unauffällig. Dazu muss ich oft umschalten, z.b. um die Waffen mit Perks auszustatten muss ich in ein Untermenü wechseln, welches ich per Enter-Taste oder Mausklick auf die Option erreiche. Bei den Fähigkeiten sieht das zwar ähnlich aus, ins Untermenü komme ich aber nur per Taste, ein Klick auf die Schaltfläche bewirkt nichts. Allgemein scheint das Menü gerade auf dem PC nur unzureichend getestet worden zu sein. Sie sind zwar benutzbar und wenn man das System einmal verstanden hat geht es auch, aber intuitive Bedienung geht anders.
Was die Performance angeht läuft Rage 2 bei mir größenteils stabil bei 60FPS, wirklich mehr schafft mein Rechner aber nicht. Es gibt eine Option die Auflösung dynamisch mit der Framerate zu skalieren um diese stabil zu halten, schalte ich die Funktion aus sinkt die Framerate gelegentlich spürbar, vor allem wenn viel auf dem Bildschirm los ist, aber nie dramatisch. Mit 80% hatte ich aber keine Probleme mehr. Ansonsten kann man im Menü allerhand einstellen, ich hatte aber alles auf Anschlag und damit keine Probleme. Kurz mein aktueller Rechner als Anhaltspunkt: AMD Ryzen 1700X, 32GB DDR4-2933 RAM, Nvidia Geforce GTX1080, bei 2560×1440 Pixel Auflösung.
Ich bin auch noch auf ein paar kleinere Bugs gestoßen, einzelne NPCs sind bei mir unsichtbar, wenn ich sie anvisieren wird aber der Hinweis angezeigt und ich kann auch mit ihnen interagieren. Einmal bin ich durch am Rande einer zerstörten Brücke durch den Levelboden gefallen, ein Respawn später war aber alles wieder OK. Deutlich mehr Probleme hat mir VSync beschert, das Spiel ist mir nur wenigen Minuten nach dem Start mit recht wenig Infos abgeschmiert, erst als ich sowohl im Spiel als auch im Treiber die Option komplett deaktiviert hatte ging es. Da meine Bildschirme mit 144Hz laufen tritt Screen-Tearing nur selten auf. Vorsichtshalber hatte ich auch FreeSync-Kompatibilität deaktiviert (mein Monitor steht eigentlich nicht auf Nvidias Kompatibilitäts-Liste, aber das 24"-Modell und ich hatte bisher keine Probleme damit), das hat aber nichts geändert.

Gameplay

Screenshot: Bei Nacht kommen die Lichteffekte gut zur Geltung
Bei Nacht kommen die Lichteffekte gut zur Geltung

Generell spielt sich Rage 2 recht klassisch was den Shooter-Part angeht. Dazu gibt es ein Upgrade-System für den Charakter und Waffen sowie die Nanotrite-Fähigkeiten. Die Fahrzeuge sind nicht nur zur Fortbewegung sondern auch für Missionen und spezielle Kämpfe gedacht, mehr dazu im entsprechenden Abschnitt. Ich habe das Spiel von Anfang an auf "Schwer" (Hard) gespielt, meine Eindrücke beziehen sich deshalb auf diesen Schwierigkeitsgrad.

Gunplay

Das Gunplay gehört zu den Kernaspekten eines jeden Shooters, und hier zeigt sich eine der großen Stärken des Spiels.
Zwar fühlt es sich nicht ganz so direkt und brachial wie im 2016er Doom an, aber kommt ihm sehr nahe. Die Sounds sind entsprechend kräftig, vor allem die Shotgun hat einen wuchtigen, dumpfen Sound. Auch die Assault Rifle fühlt sich kräftig und wuchtig an. Die Grav-Dart Waffe kam mir dagegen erstmal sehr schwach vor, das liegt daran dass sie kaum Schaden macht sondern den Gegner Pfeile implantiert, schießt man einen weiteren an eine andere Stelle werden die Gegner per Tastendruck dorthin geschleudert – bei einer Wand oder Decke richtet dass bei den Gegner großen Schaden an, Gegnergruppen werden umgerissen. Das erinnert mich dezent an Bulletstorm mit den Tritten und dem Thumper, aber da es eine eigene Waffe ist wirkt es sich nicht ganz so gut in den Spielfluss integriert. Der Inferno-Revolver wirkt ähnlich, die Kugeln selbst machen recht wenig Schaden – man kann sie aber entzünden und lassen Gegner mit mehreren Treffern explodieren, sehr praktisch um eng zusammenstehenden Gruppen wie den Mutanten Herr zu werden. Enttäuscht war ich von der Charged Pulse Cannon, sie sieht zwar wie eine große Kanone aus, da sie aber gefühlt recht wenig Schaden macht und schnell überhitzt und man wehrlos ist bis sie abkühlt, dazu steht man immer offen da muss und entsprechend viel Schaden selbst einstecken. Der Raketenwerfer ist aus meiner Sicht Pflicht um vielen schwachen oder einzelnen, aber sehr starken Gegnern Herr zu werden, auch weil er sich einfach bedienen lässt. Per Lock-On Funktion kann man fast nebenbei die Schwachstellen von Gegnern wie den Cyber-Crushern ausfindig machen – also wenn das blaue Leuchten nicht Hinweis genug ist. Die spät im Spiel verfügbare Hyper Cannon (eine Art Railgun) macht zwar gut Schaden, aber man muss sehr präzise treffen, da ich eh nicht so der Sniper-Typ bin sondern lieber auf mittlere Distanz kämpfe habe ich sie wenig genutzt. Per DLC bzw. für Vorbesteller oder Käufer der Deluxe-Fassung gibt es noch den Siedler-Revolver (bekannt aus Rage 1, feuert recht langsam dafür mit großer Durchschlagskraft) sowie die BFG-9000 (wie in Doom räumt sie alles auf dem Bildschirm ab). Beide braucht man nicht wirklich, es gibt genug Alternativen im Arsenal von Rage 2. Ich habe über weite Strecken nur mit dem Assault Rifle und Shotgun gespielt, entsprechend ausgebaut wird man mit fast allem fertig, nur für die große Gegnerhorden und sehr dicke Bossgegner braucht es den Raketenwerfer. Munition sparen musste ich fast nie, in der Welt liegt für fast alle Waffen mehr als genug herum, einzig beim Raketenwerfer musste ich etwas haushalten, hauptsächlich weil die Anzahl der Raketen, die man mitführt recht niedrig ist. Ein kleinerer Aspekt ist Craftig, man kann Granaten, Drohnen und Wingsticks jederzeit im Menü bauen, man bekommt auch mehr als genug Ressourcen dafür – ich hab zwischendurch einen Großteil verkauft weil mein Inventar voll war und ich das Geld dringender brauchte. Granaten sind gerade am Anfang, wenn man den Raketenwerfer noch nicht hat nützlich. Der Wingstick scheint dagegen kaum Schaden zu machen, außer man hat es mit ungepanzerten Gegnern zu tun, was selbst zu Beginn des Spiels nicht immer der Fall ist. Die Drohnen habe ich gar nicht genutzt, es gab für mich bisher schlicht keine Notwendigkeit dafür. Upgrades für alle muss man sich für Geld bei Händlern kaufen.
Zusammengefasst: das Feedback der Waffen würde ich als gut bis sehr gut bezeichnen, alle fühlen sich für ihre Rolle und Wirkung angemessen kräftig an. Das ist aber nicht der einzige Aspekt der gutes Gunplay ausmacht.
Was den Eindruck ein wenig abschwächt ist dass die Gegner recht viel aushalten. Viele tragen Rüstungsteile, die man einzeln wegschießen muss um sie effektiv bekämpfen zu können. Besonders wichtig ist der Helm, da Kopftreffer die Gegner meistens sofort ausschalten (und durch ein saftiges Spratzen auch gut zu erkennen sind). Körpertreffer sind bei weitem nicht so effektiv, da braucht man schon öfters ein komplettes Magazin an Kugeln, auch wenn die Gegner oberkörperfrei sind. Ein merkwürdiges Biest ist die Shotgun, die zwar einen satten, dumpfen Ton von sich gibt, aber sich gegen Gegner dann doch nicht so stark anfühlt. Zwar werfen die Schüsse die Kontrahenten gerne mal um und mehrere Meter weit, die stehen aber einfach wieder auf und müssen ein zweites Mal zu Boden geschickt werden damit sie endgültig liegen bleiben. Besonders fällt dass bei den Banditen des Shrouded-Clans auf, welche komplett gepanzert sind und drei oder viermal zu Boden geschickt werden müssen bevor sie nicht mehr aufstehen. Bei ihnen hatte ich auch den Eindruck dass Kopftreffer nicht mehr Schaden anrichten als Körpertreffer, da kann man ganz klassisch auf alles draufhalten was man sieht. Wem das Trefferfeedback ansonsten nicht reicht: es wird bei jedem Kill ein kleiner Totenkopf im Fadenkreuz eingeblendet, dann weiß man wirklich immer wann ein Gegner erledigt ist. Ich fände es aber besser wenn das Gunplay an sich reichen würde und man für künstliche Anzeigen erst gar nicht die Notwendigkeit sehen würde.
Folgt man nur der Hauptstory findet man nur Pistole, Assault Rifle und Shotgun, für alle anderen muss man die in der Open World verstreuten Arks finden. Für wirklich essentiell halte ich nur den Raketenwerfer, die anderen Waffen sind teils eher Gimmicks. Die mache zwar Spaß, man wird aber nicht dazu gezwungen sondern kann das Spiel auch konventionell spielen.
Am Ende bleibt mein Eindruck zwar prinzipiell gut, aber nur mit Abstrichen: die Waffen wirken zwar stark, aber da die Gegner sehr viel aushalten schmälert es den eigentlich guten Eindruck.

Nanotrite-Fähigkeiten

Screenshot: Kämpfe gegen Authority Sentries zerstören ist eine eher nervige Angelegenheit.
Kämpfe gegen Authority Sentries zerstören ist eine eher nervige Angelegenheit.

Ein großer Punkt sind die Spezialfähigkeiten, die man im Verlauf des Spiels lernen kann. Die Ranger-Rüstung versorgt Hauptcharater Walker mit sog. Nanotrites, welche ihm oder ihr übermenschliche Kräfte verleihen. Eine einfache Aktivierung erlaubt es Gegner durch Wände zu sehen und Feltrite-Kristalle zu sammeln, die einen als positiven Nebeneffekt auch noch heilen. Die meisten der weiteren Fähigkeiten findet man nicht wenn man nur der Story folgt, sondern muss auf eigene Faust Arks suchen. Wirklich brauchen tut man fast keine davon, sie machen das Spiel einfacher, die Kämpfe aber auch dynamischer und spaßiger.
Die wichtigste ist wahrscheinlich der Overdrive, wodurch man mehr Schaden austeilt. Erledigt man Gegner geht eine Anzeige im HUD hoch, ist sie voll kann man den Modus aktivieren. Die Sicht wird leicht Lila gefärbt und man sieht Bildartefakte, die stören aber nicht großartig. Erledigt man viele Gegner hintereinander geht ein Multiplikator hoch durch welchen man noch mehr Schaden macht. Er sinkt aber sehr schnell wieder, man muss also aggressiv spielen um das volle Potential zu nutzten. Eine Ladung des Overdrive bleibt aber erhalten, so ist man zumindest für den nächsten Kampf etwas gerüstet.
Auch für sehr wichtige halten ich den Dash und den Doppelsprung, gerade die Zwischenbosse teilen mit ihren Schlägen und Fähigkeiten ordentlich aus, man kann ihnen aber gut ausweichen, außer man will seine Healthkits verbrennen. Hat man den Doppelsprung ausgebaut kann man auch kurz in der Luft schweben, das kann gegen hochstufige Authority-Türme nützlich sein. Ansonsten ergänzt sich der normale Doppelsprung gut mit den Kanten an denen man sich hochziehen kann um schnell in eine bessere Position zu kommen oder versteckte Kisten zu finden. Die Orientierung ist dabei einfach: überall wo es pink ist geht es weiter.
Der Doppelsprung harmoniert auch gut mit dem Slam, mit welchen man in der Luft auf Gegner herabschlägt und gut Schaden austeilt, der mit der Höhe des Sprungs skaliert. Wobei es immer noch besser ist wenn man von einer Anhöhe herunterspringt, die Doppelsprung erhöht zwar den Schaden, aber der reicht für für die meisten Gegner reicht er so nicht aus.
Ein für mich großer Nachteil ist Steuerung, die ist arg kompliziert geraten und nicht wirklich intuitiv. Im Prinzip geht es so: man drückt und hält die Nanotrite-Taste und drückt dann eine andere um die entsprechenden Fähigkeiten auszulösen, z.b. die STRG für den Slam, Leertaste um ein Schild aufzustellen oder eine Richtungstaste um in diese Richtung einen Dash zu machen. Man kann die Fähigkeiten auch auf einzelne Tasten legen und sie so direkt auslösen, aber da bleiben mit den ganzen anderen Funktionen nicht viele übrig. Es dauerte lange bis ich den Bogen raus hatte und die Fähigkeiten effektiv einsetzten konnte, aber da war ich durch andere Upgrades schon so stark dass ich sie fast nicht mehr gebraucht habe. Man kann Rage 2 auch wie einen konventionellen Shooter spielen, es macht dann aber weniger Spaß weil man sich nicht so übermächtig fühlt. Aber die Anwendung ist bei weitem nicht so intuitiv wie z.b. in Bulletstorm, wobei das durch sein Punktesystem vom Spieler fordert alles kreativ einzusetzten, was bei Rage 2 nicht der Fall ist.
Nicht so wirklich eine Fähigkeit durch Nanotrites sondern eher aus den Charakterupgrades ist die Fähigkeit gegnerische Granaten zurück zu schleudern, aber hier passt es irgendwie besser. Vor allem die Banditen des Goon-Squads werfen teils mehrere auf einmal, ihnen auszuweichen wird auf Dauer nervig. Stattdessen kann man eine Fähigkeit freischalten mit der man durch einen Nahkampfangriff (was einem Schlag mit dem Gewehrkolben entspricht) Granaten zurückschleudern kann. Zu Anfang ist es recht schwierig weil man sie recht präzise treffen muss, mit einem weiteren Upgrade wird das Spiel was die Präzision angeht deutlich nachsichtiger und mit dem letzten geht jede Garante zurück zum Absender, egal wie man zu ihm steht. Dann kann man schonmal in einem Granatenhagel stehen und einfach auf die Nahkampftaste hämmern, die meisten gehen dann zurück und man ist einige Gegner los. Eine wie ich finde wirklich nette Idee und passt wesentlich besser zum Setting als sie aufzunehmen und so zurück zu werfen – allein schon weil die Gegner sie häufig wie Baseballs mit ihren Stachelkeulen schlagen.

Charakterentwicklung

Rage 2 ist bei weitem kein Rollenspiel, aber wie mittlerweile üblich gibt es einige Möglichkeiten den Charakter zu verbessern.
Wichtigste Ressource ist das Feltrite genannte Mineral dass der Asteroid Apophis auf die Erde brachte. Man braucht es für fast alles, speziell um Waffen und Fähigkeiten auf eine neue Stufe zu bringen.
Waffen benötigten dazu noch sog. Weapon Core Mods um zusätzliche Optionen freizuschalten, wie ein größeres Magazin oder schnellere Nachladezeit. Oft hat man dabei die Wahl zwischen zwei Optionen und kann nur eine davon nutzen. Die Mods bekommt man für Missionen oder kann sie beim Händler für Geld kaufen.
Walker selbst bekommt eine Reihe von Upgrades, die teilweise am Storyfortschritt hängen. Prinzipiell braucht man Project Points, die Upgrades sind dazu in Bäumen angeordnet wodurch eine Hierarchie der Upgrades entsteht, oder einfach gesagt: viele setzten voraus dass man ein anderes bereits freigeschaltet hat. Es gibt vier Upgrade Bäume, den ersten hat man vom Start weg, für die anderen muss man die wichtigen Charaktere in der Story (Loosum Hagar, John Marshall, Dr. Kvasir) zumindest einmal getroffen haben und ihre erste Aufgabe erledigen, die weiteren Ebenen des Baumes werden freigeschaltet wenn man bei ihnen genug Rufstufen für erledigte Missionen gesammelt hat. Deshalb lohnt es sich die drei frühzeitig zumindest zu treffen, damit man ihre Upgrades schnell nutzen kann. Erledigte Missionen bringen auch Ruf wenn man sie noch nicht getroffen hat, außer die Belohnungen für den Stufenaufstieg (normalerweise Project Points für die Charakterupgrades) bringen sie aber noch nicht viel. Meiner Erfahrung nach sollte man schnell zu Dr. Kvasir, seine Scanner-Upgrades zeigen im HUD sammelbare Orte an, was die Suche danach deutlich vereinfacht. Vor allem da man für die Upgrades sehr viel Feltrite braucht und man es so nicht nur besser findet, weitere Upgrades erhöhen die Effektivität beim sammeln.
Die Arks in der Spielwelt stellen wiederrum eine besondere Form der Charakterentwicklung dar. Hier findet man neue Waffen und Nanotrite-Fähigkeiten wie den Doppelsprung oder Slam. Diese kann man wiederrum in mehreren Stufen ausbauen und sog. Perks freischalten, dafür braucht es Nanotrite Booster. Zu den Perks gehört u.a. den Schild und den Radius Slams vergrößern oder nach einem Doppelsprung kurz in der Luft schweben zu können.
Zuletzt kann man auch noch eines der Fahrzeuge aufrüsten, den Phoenix. Das ist relativ simpel, man braucht Auto Parts dafür und schaltet stärkere Waffen oder besseres Panzerung frei. Besser zu bändigen wird er leider nicht, aber die Konvois anzugreifen wird dann deutlich einfacher. Die anderen Fahrzeuge lassen sich nicht upgraden, was sie über kurz oder lang recht schwach werden lässt, durch ihre teils recht eigenartigen Charakteristika habe ich sie aber sowie so kaum genutzt.
Insgesamt ist das System durchdacht und gibt der Power-Fantasy des Spiels einen Hintergrund, man ist nicht einfach so der krasser Wasteland-Superhero, sondern muss sich die Fähigkeiten über die Zeit aneignen. Dafür bekommt man mehr als genug der Ressourcen, allerdings fiel es mir nicht leicht über die zahlreichen Ressourcen den Überblick zu behalten, also welche für welchen Zweck geeignet ist. Dazu hilft mir das sehr konsolige und auf dem PC recht hacklige Menü wenig, teilweise habe ich Optionen erst spät im Spiel überhaupt gefunden.

Fahrzeuge

Screenshot: Ein zerstörter Konvoi endet in einer spektakulären Explosion
Ein zerstörter Konvoi endet in einer spektakulären Explosion

Da die Welt groß und die Ziele durchaus mal mehrere Kilometer (in Spielmaßen) auseinander liegen macht Laufen wirklich keinen Spaß, dafür hat Rage 2 einen Reihe von fahrbaren Untersätzen. Schon im ersten Teil hat man einen Teil seiner Zeit darin verbracht und auch das ein oder andere Gefecht ausgetragen, aber der Fokus lag klar auf den Ballerein zu Fuß.
Es gibt zwar eine Reihe von Fahrzeugen, mit Abstand am meisten Zeit habe ich im Standard-Fahrzeug Phoenix verbracht, allein weil der sehr flexibel und upgradebar ist. Optisch ähnelt er stark dem Mako aus Mass Effect, fährt sich aber bei weitem nicht so schlecht. Zumindest wenn man auf einigermaßen befestigtem Untergrund fährt, Querfeldein taugt er nichts und wird teilweise unkontrollierbar. Die ersten Meter sind immer etwas kritisch da man immer erst Anfahren muss, für Kämpfen in denen man kurz aus der Deckung heraus schaut, feuert und sich wieder zurück zieht eignet er sich entsprechend schlecht. Die Bewaffnung startet mit einem kleinen MG mit Automatischem Lock-On auf Gegner innerhalb eines recht eingeschränkten Feldes an der Front, man muss immer hinter dem Gegner fahren um sie zu treffen. Fußsoldaten sind damit leichte Beute, zumindest solange sie im Wirkungsfeld bleiben, die Zielauswahl springt manchmal wenig nachvollziehbar umher. Später bekommt man ein dickeres MG, das aber nur sehr wenig Munition vorhält, zielsuchende Raketen deren Lock-On ähnlich stark springt und ein Mortar-Granatwerfer für Flächenschaden, den ich aber nur wenig genutzt habe da er sich durch seine Verzögerung zwischen Abschluss und Einschlag nur für stationäre Ziele eignet. Als besonderes Extra ist es das einzige Fahrzeug das spricht, die weibliche Stimme ist nie um einen schnippischen Kommentar verlegen.
Es gibt auch noch andere Fahrzeuge, die habe ich aber wenig genutzt. Den Phoenix hat man von Anfang an und kann ihn fast überall für kleines Geld rufen, andere muss man erst freischalten. Den Flieger Icarus und ein Motorrad gibt es für Rufstufen bei Loosum Hagar: der Flieger ist zwar praktisch da man sich nicht an Wege halten muss, aber etwas komisch zu fliegen. Mal abgesehen davon dass seine Steuerung hart auf WASD gesetzt ist, fliegt er sich arg schwammig und braucht immer einen gewissen Abstand zum Boden, über eine Schlucht kann man damit nicht fliegen, sondern wird zurückgesetzt. Er versucht immer automatisch den Abstand zum Boden zu halten, bei steilen Klippen kann das aber schief gehen und man bleibt hängen, manuell die Höhe anpassen klappt nicht so gut. Das Motorrad ist nichts wirklich besonderes und hat die gleichen Steuerungsprobleme wie die anderen Zweiräder (nach rechts lenken ist fest auf D eingestellt) weshalb ich es gemieden habe. Upgrades kann man für keine freischalten.
Ansonsten gibt es noch Fahrzeuge der Banditen, die man erst finden und zu einer Stadt bringen muss bevor man sie rufen kann. Einfach ein herumstehendes Fahrzeug nehmen geht natürlich auch, die gibt es aber nur an Banditen Camps und verteilt in einigen Punkte in der Open World, aber natürlich nie da wo man gerade ist. Die Steuerung ist meistens ähnlich zum Phoenix, aber die Bewaffnung komisch, beispielsweise kann der Rolla nur Raketen nach hinten schießen – was in manchen Situationen bestimmt nützlich ist, aber in den meisten anderen überhaupt nicht. Ich habe mir deshalb erst gar nicht die Mühe gemacht sie alle zu sammeln.
Neben der reinen Fortbewegung ist der Kampf gegen Konvois ein Schwerpunkt der Fahrzeuge: im Ödland fahren Konvois aus einem großen und mehreren kleinen Fahrzeugen umher, zerstört man das größte bekommt man eine Belohnung, meist Auto Parts für Upgrades. Mit dem Phoenix kann man mit der rechten Maustaste einen EMP-Blast aufladen und alle Fahrzeuge in der näheren Umgebung deutlich schwächen, was vor allem Munition spart. Beim größten Fahrzeug eines Konvois werden dann die Schwachstellen freigelegt, Treffer an ihnen machen deutlich mehr Schaden und damit alles viel einfacher, nur auf die Panzerung schießen dauert ewig und kann den kompletten Munitionsvorrat aufbrauchen. Da die Belohnung nur Ruf bei Loosum Hagar und Auto Parts sind habe ich ein paar gemacht, zumal ich nur zwei Typen gefunden haben die zudem noch recht ähnlich sind, das wird auf Dauer doch recht eintönig und lohnt sich schlicht nicht.
Und was gibt es ansonsten zu tun? Auf den Straßen fahren auch zufällig verteilt andere Fahrzeuge, z.b. ein Händler der Munition und Auto Parts verkauft, was wirklich nötig ist da man die Munition für Fahrzeuge, im Gegensatz zu allen anderen Waffen, meistens nicht so in der Gegend findet, man muss sie ständig in den Städte nachkaufen.
Der letzte Punkt sind Autorennen, die kann man entweder auf einem festen Kurs oder gegen zufällig vorbei fahrenden Gegner machen, einfach anhupen reicht. Das hat aber den Nachteil dass sie einem meistens entgegen kommen, die Strecke wird dann dynamisch in seine Fahrtrichtung generiert und man selbst muss erst umdrehen und ihm hinterher – mal startet also schon mal mit einem dicken Nachteil. Für die paar Teile und Dollar die man dafür bekommt war mir das meistens zu stressig, zumal ich meistens irgendwo hin unterwegs war und das Rennen weit ab von meinem eigentlichen Ziel endete. Die Rennen auf dem Kurs habe ich kaum gespielt, aus dem Grund weil ich ständig zurück auf die Strecke teleportiert wurde und sie so wirklich keinen Spaß gemacht haben. Der Grund liegt wohl darin dass ich kein WASD nutze, kommt man nur wenig von der Strecke ab kann man sich per Tastedruck zurück teleportieren lassen, was ich wohl unabsichtlich dauernd gemacht habe. Solange das nicht gefixt ist mache ich da nicht weiter, zumal ich sie bisher auch nicht gebraucht habe.

Open World

Screenshot: Pfeile auf den Straßen zeigen den Weg zum aktuellen Ziel.
Pfeile auf den Straßen zeigen den Weg zum aktuellen Ziel.

Oft kritisiert (wenn auch nicht von mir) wurde die fehlenden Open World im ersten Teil, stattdessen hatte man mehr eine Hub-Welt welche die Gebiete für die Story-Missionen verbindet. Ich fand das keine schlechte Entscheidung, lieber so als eine zwar offene, aber nutzlose und langweilige Welt ohne Mehrwert.
Für den zweiten Teil wurde dieser Kritikpunkt angegangen und mit Avalanche Studios ein Entwickler mit reichen Open World Expertise angeheuert. Dazu wurde nicht auf eine idTech-Engine gesetzt sondern Avalanches eigene Technologie verwendet, die sog. Apex Engine ist für offene Welten ausgelegt, während die Technik von id Software eher kleinere Gebiete und enge Korridore kann. Das ist mit Sicherheit keine schlechte Wahl, allerdings hängt den schwedischen Entwicklern der Ruf an große Welten zu bauen, die sie dann nicht mit interessanten Aufgaben füllen. Und das trifft leider auch auf Rage 2 zu.
Die Welt ist recht groß und verfügt über optisch sehr unterschiedliche Zonen, die ersten die man erkundet sind zentral und im Osten der Spielwelt gelegen und orientieren sich im Look an klassische Ödländern mit ihren kargen Landschaften bedeckt von orangem Dreck, im Norden ist eine Dschungel-Zone mit dichter Vegetation, im Westen ist der Sumpf mit ausgedehnten Wasserflächen, während im Südwesten daran eine Wüstenzone ohne jegliche Vegetation, dafür um so größeren Dünen anschließt. Die düstere Zone mit dem dunkelgrauen Gestein in der das letzte Drittel des ersten Teils spielt sieht man nur kurz vor Ende des Spiels, wenn es der Authority direkt an den Kragen geht, sie gehört aber bisher nicht zur Spielwelt. Alle Zonen sind frei begehbar, zwar sind die Hauptwege durch Straßensperren blockiert, die sind aber nur recht leicht bewacht und teilweise kann man auch um sie herum fahren.
Man findet beim herumfahren allerhand Missionen, zuerst nur als Fragezeichen auf der von Anfang an aufgedeckten Karte markiert, kommt in ihre Nähe bekommt man mehr Infos. Die bereits erwähnen Straßensperren sind ein Typ, die andere bestehen hauptsächlich aus Banditennestern die es auszuräuchern gilt (ergo: alle Gegner umnieten), um Tankstellen der Banditenklans (alle Treibstoff-Tanks zerstören), um Mutantennester (alle Eier zerstören) oder sog. Juggernaughts (einen Mutanten-Miniboss erlegen) sowie Authority-Türme (einen besonders starken Verteidigungsturm zerstören). Eine besondere Bedeutung haben die Arks, Überreste der Zivilisation vor dem Asteroideneinschlag. Sie sind meist gut bewacht, hat man alle Gegner erledigt findet man in ihnen eine Nanotrite-Fähigkeit oder Waffe. Man muss nicht alle finden um das Spiel beenden zu können, aber gerade den Raketenwerfer halte für essentiell, da man ansonsten nicht mehr mit den Gegnerhorden fertig wird. Dazu kommen die Überreste ehemaliger Ranger zu finden (vor allem für Lore-Schnipsel) und bei Einschlagsorten kleinerer Asteroiden alle Gegner erledigen und das Feltrite abernten. Fast alle Missionsorte habe auch einiges an sammelbarem Kram zu bieten, wie Kisten mit Geld oder Feltrite oder Datapads, welche kleine Story- und Loreschnipsel enthalten. Mit Upgrades bei Dr. Kvasir bekommt man einen Radar um die grobe Richtung der Teile sich anzeigen zu lassen, allerdings gibt es keine Unterscheidung – es wird einfach die Distanz zum nächsten Angezeigt, man kann nicht manuell wählen dass man z.b. nur Kisten oder Datapads sucht.
Für Fahrzeuge gibt es eigene Missionen, die behandle ich im entsprechenden Abschnitt. Auf der Karte im Menü kann man Missionen auswählen oder eigene Waypoints festlegen, in der Karte wird dann eine Route angezeigt, in der Spielwelt selbst zeigen Pfeile auf den Straßen wo es hingeht. Prinzipiell praktisch, aber bei Kreuzungen oder engen Kurven habe ich sie schnell aus den Augen verloren da man doch recht flott unterwegs ist, da musste ich öfters per Handbreak-Turn umdrehen, dank arcadiger Fahrphysik geht das recht problemlos.
Was schnell auffällt: es wird fast nur geballert, Gewalt scheint die einzige Lösungsmöglichkeit in Rage 2. Spielerisch hat es zur Folge das es recht schnell eintönig wird, wenn man das x-te Banditenlager oder Mutantennest ausgeräuchert hat merkt man die fehlenden Abwechslung. Es fühlt sich für mich fast wie das Abarbeiten von Daily-Quests in World of WarCraft an, es wird alles irgendwie routiniert, es fehlt an Abwechslung und Highlights. Da hilft selbst das wirklich gute Gunplay auf Dauer nicht.

Story

Screenshot: Im Ödland kann man zufällige Rennen fahren um Teile für Fahrzeug Upgrades zu sammeln.
Im Ödland kann man zufällige Rennen fahren um Teile für Fahrzeug Upgrades zu sammeln.

Machen wir uns nichts vor: die Story spielt in Rage 2 nur eine Nebenrolle, das haben sogar die Entwickler selbst gesagt. Und das ist auch so: im Prinzip ist sie eine simple Rachestory die man auch getrost ignorieren kann. Folgt man nur ihr dürfte man auch relativ schnell durch sein.
Trotzdem eine kurze Zusammenfassung: man selbst lebt als Waisenkind in der friedlichen Siedlung Vineland im Süden des Ödlands, als eines Tages die Authority unter General Cross auftaucht, alles platt macht und die Ziehmutter des Protagonisten oder Protagonistin umbringt. Die Authority hat sich seit Jahren nicht mehr blicken lassen, trotzdem haben ein paar aus dem ersten Teil bekannte Figuren einen Plan mit dem Name "Project Dagger" geschmiedet, falls sie zurückkehrt. Den setzt man jetzt um, dafür erfüllt man für John Marshall, Loosum Hagar und Dr. Kvasir Missionen um eine mächtige Waffe zu bekommen und die Authority und General Cross damit zu plätten. Und das wars auch schon. Eine simpel gestrickte Rachestory, ohne große Überraschungen, tut ihre Zweck, mehr aber auch nicht. Zu Anfang hat sie ein wenig Tutorial-Charakter, gerade für Loosum muss man Missionen machen die sich stark danach anfühlen dass man einmal ein paar der Nebentätigkeiten wie Mutant Bash TV (eine Art Reality Show in der man Wellenweise Mutanten umhaut) oder Autorennen fahren kennenlernt. Alle drei Stränge kann man separat voneinander angehen, wobei es sich lohnt zumindest den ersten Teil von jedem schnell zu machen damit man die Upgrade-Bäume freischaltet.
Das Spiel wirbt ja sehr offen damit so überdreht und bunt zu sein dass die Vergleiche mit Borderlands 2 alles andere als ungewöhnlich sind. Aber das Spiel macht viel zu wenig daraus. Klar haben die Banditen sehr bunte und chaotische Behausungen und laufen mit allerlei Haarfarben herum, aber so richtig überdreht wirkt das alles nicht. Das könnte daran liegen dass gerade Borderlands über seine schrägen Charakteren ala Dr. Zed oder Tannis die Stimmung transportiert, während in Rage 2* alle viel zu blass und uninteressant bleiben, zumal sie quasi nur als Questgeber auftreten und man ansonsten immer alleine unterwegs ist, die paar Dialoge via Funk reiße nichts raus. In Gearbox‘ Shooter haben selbst die Nebenbosse einigermaßen definierte Persönlichkeiten, in Rage 2 sind dagegen Stangenware und verfügen nur in den seltensten Fällen über Alleinstellungsmerkmale. Die paar Popkultur-Referenzen wie die Namen einiger Juggarnaught-Mutanten reicht da nicht.
Ein bisschen Merkwürdig ist die Charakterauswahl und ihre Konsequenzen: man kann zwischen einem männlichen und einem weiblichen Protagonisten wählen, die andere Varianten wird im Intro von einer Tür zerquetscht – und nie wieder auch nur erwähnt. Es scheint es ob er oder sie nie existiert hat. Einerseits finde ich es schon irgendwie gut dass so ins Spiel zu integrieren und nicht nur mit einem schmucklosen Menü abzufrühstücken, aber dass die Wahl bis auf das Spielermodell (das man dazu in einem Ego-Shooter eher selten sieht) und den Sprecher genau gar keinen Unterschied macht sehe ich als verschenkte Chance an.

Fazit

Screenshot: Mutanten Juggernaughts sind kleine Bossfights wo vor allem auf Movement wert gelegt wird.
Juggernaughts sind kleine Bossfights wo vor allem auf Movement wert gelegt wird.

Mein Fazit zu Rage 2 fällt gemischt aus: Grafisch ist es auf der höhe der Zeit, aber nicht frei von Problemen. Das Gunplay fühlt sich gut an, da hat sich die Zusammenarbeit mit id Software gelohnt. Aber die Missionen sind auf Dauer zu eintönig was auch das gute Gunplay nicht vollständig wett machen kann, ein Problem was Avalanche Studios wohl schon lange anhängt. Die Fahrzeugphysik ist etwas komisch, gerade abseits der Wege sind die Fahrzeuge schwer unter Kontrolle zu halten. Dazu kommen meine Probleme mit der Steuerung da ich nicht WASD nutze, welche mich zwar nicht daran gehindert haben das Spiel durch zu spielen, aber doch genervt haben. Die Spezialfähigkeiten können Laune machen, aber die Steuerung ist dermaßen überladen dass ich lange brauchte bis ich sie wirklich effektiv einsetzten konnte – durch die Upgrades war ich aber schon sehr stark und konnte die meisten Gegner auf konventionelle Art erledigen.
So ist Rage 2 für mich zwar ein gutes, aber kein überragendes Spiel das zwar durchaus Potential hat, ihm seine Herkunft aber sehr deutlich ansieht – im guten wie im schlechten.