Meine Age of Empires Retrospektive – Die Ensemble Studios Ära

Screenshot: Meine Age of Empires Retrospektive - Die Ensemble Studios Ära

Age of Empires – allein beim Lesen des Namens einer meiner liebsten Spieleserien kommen viele Erinnerungen hoch, vor allem Gute. Mit dem Erscheinen des von mir lang ersehnten vierten Teils scheint es mir ein guter Zeitpunkt, um in Erinnerungen zu schwelgen. Da ich fast alle Spiele des Franchise gespielt habe, kam genug für zwei Artikel zusammen. Im ersten Teil meiner ganz persönlichen Retrospektive widme ich mich ganz den Titeln, die vom ursprünglichen Entwickler Ensemble Studios stammen.
Erwartet hier keine auch nur annähernd objektive Bewertung, hier geht es allein um mich, wie ich die Spiele und das Drumherum erlebt habe – inklusive teils recht kurioser – wie ich finde – Anekdoten. Da einiges davon in meiner Kindheit stattgefunden hat sind meine Erinnerungen wahrscheinlich nicht immer ganz korrekt, bei der Recherche musste ich die eine oder andere Ungereimtheit auflösen. Es ist deshalb gut möglich, dass manches nur Hirngespinste eines Kindes sind und nie so stattgefunden haben. Wenn euch das nicht abschreckt, seid ihr herzlich eingeladen, weiterzulesen.

Hinweis: Dieser Text erschien zuerst auf GamersGlobal. Danke an die User Admiral Anger, Q-Bert, TheLastToKnow, Jürgen, Vampiro und SupArai fürs Korrekturlesen und Feedback.

Inhalt

Der Kern der Sache: Was die Serie Ausmacht

Auch wenn sich die Spiele der Hauptreihe spielerisch teils stark unterscheiden und die Spin Offs eigene Wege gehen, einige Charakteristika haben sie alle gemeinsam.

An erster Stelle steht für mich der geschichtliche Kontext: Jeder Teil spielt in einer oder mehrerer historischer Epochen und bildet sie zumindest einigermaßen authentisch ab. Und da ich mich schon früh für Geschichte interessierte, hat es bei mir einen Nerv getroffen. Mein Interesse daran hat wahrscheinlich der ausufernde Konsum der Zeichentrickserie Es war einmal… der Mensch in meiner Kindheit entfacht, Age of Empires hat es noch weiter verstärkt. Und dass, obwohl es nie als ernsthaftes Spiel gedacht war, im Gegenteil: Die Entwickler mussten sogar Bill Gates persönlich daran hindern, es als Lernspiel zu vermarkten. Aber allein, dass sich die Missionen an historische Ereignisse anlehnen und zusätzliche Infos im Spiel und Handbuch enthalten sind führt zu einem gewissen Lerneffekt. Auch vermeintlich kleine Details trugen dazu bei: wie etwa die detaillierten Einheiten, Gebäude und Schiffe, wobei deren Maße sich dem Gameplay unterordnen mussten. Nicht von diesen Einschränkungen betroffen war die Sprachausgabe der Einheiten, die in ihrer jeweiligen Landessprache (oder zumindest etwas, was diesem ähnelt) antworten. Egal ob "Jägera", "Boulverde" oder "Prostagma" – ich habe zwar selten etwas verstanden, aber der Atmosphäre war es extrem zuträglich. Ebenso die zur Epoche und später Fraktion passende Musik. Mit den richtigen Klängen fühlte ich mich direkt in die Antike oder das Mittelalter versetzt. Der Aufwand, den die Rippy-Brüder dafür getrieben haben, hat sich offenkundig gelohnt.

Screenshot: Obwohl primär zur Unterhaltung gedacht, hat jedes Spiel auch Informationen zum geschichtlichen Hintergrund parat
Obwohl primär zur Unterhaltung gedacht, hat jedes Spiel auch Informationen zum geschichtlichen Hintergrund parat

Im Spiel selbst gab es immer einen Aspekt, der Age of Empires von so ziemlich allen anderen Echtzeitstrategiespielen abhob: die zusätzlichen Siegbedingungen. In den meisten anderen Spielen zur Zeit des ersten Teils ging es nur darum, alle Gegner zu besiegen. Im Multiplayer beziehungsweise Skirmish-Matches ausschließlich, in den Kampagnen war auch nicht viel mehr drin. Teilweise musste sogar jedes einzelne Gebäude oder gar jede Einheit erledigt werden, bevor man offiziell zum Sieger erklärt wurde – höchst nervig, speziell wenn mein menschlicher Gegner nur noch Zeit schinden will. Oder die KI schlicht nicht aufgeben kann. In Age of Empires ist das anders, da es immer mehrere Wege zum Sieg gibt. Schon der erste Teil hatte mit Reliquien und Ruinen spezielle Einheiten und Gebäude auf der Karte. Wer sie alle einnimmt und eine Weile verteidigt ist Sieger des Spiels. Im zweiten Teil fielen die Kultstätten weg und die Relikte fahren nicht mehr selbständig, sondern müssen von Mönchen transportiert und in ein Kloster einquartiert werden. Allerdings produzieren sie dann auch ein wenig Gold. In Age of Mythology wurde eine ältere Idee aufgegriffen und sie geben unterschiedliche Boni, aber alleine reichten sie nicht mehr, um eine Partie zu gewinnen. Im dritten Teil kamen sie leider gar nicht mehr vor.

Weltwunder sind die zweite, zusätzliche Siegbedingung: große, extrem teure Gebäude, die im letzten Zeitalter verfügbar sind. Übersteht es nach der Fertigstellung eine gewissen Zeit, ist die Partie gewonnen. Das war auch dazu gedacht abwechslungsreiche und interessante Matches zu erzeugen, wie Designer Sandy Petersen in einem Podcast verriet. Und das ist ihnen meiner Meinung nach auch gelungen, das System hat ungewöhnliche und enorm spannende Spiele hervorgebracht, die so in kaum einem anderen Echtzeitstrategietitel möglich wären.
Heute wird in der kompetitiven Szene aber fast nur noch Eroberung gespielt, sprich: besiege alle Gegner. Weltwunder gelten als Ressourcenverschwendung oder um den Gegner zu trollen, Reliquien sind primär ein zusätzliches, kleines Goldeinkommen. Das finde ich schade, denn die zusätzlichen Siegbedingungen haben eine ganz eigene Dynamik ins Spiel gebracht. Deshalb finde ich es gut, dass sie im neuesten Teil wieder dabei sind.


Weltwunder in Aktion
Wie sich die Siegbedingungen genau auf ein Match auswirken lässt sich kaum in Worte fassen –  man muss es gesehen haben. Ich habe habe zwei Partien als Empfehlung herausgesucht. Da die Siegbedingung heute keine Verwendung mehr findet, sind sie schon etwas älter und wurden mit der CD-Version gespielt.
Das erste ist das Lieblingsmatch des deutschen Age-of-Empires-Profi Nili, von ihm auf Englisch kommentiert: ein Vier-gegen-Vier zwischen zwei absoluten Top-Teams der Zeit. Mit 47 Minuten ist es nicht gerade kurz, ihr findet es auf YouTube. Das zweite findet im ungewöhnlichen Modus zwischen vier Zweier-Teams auf einer Team-Insel-Karte statt, am Mikrofon ist der amerikanische Caster T90. Die Partie ist mit einer Stunde und elf Minuten ein gutes Stück länger als die andere, folgt diesem Link zur Aufzeichnung auf YouTube.
Die nicht so schöne Seite zeigt der chinesische Spieler vivi alias Fat_Dragon in diesem Spiel gegen MBL aus Norwegen: bereits haushoch überlegen baut er nutzlose Weltwunder um seinen Gegner zu demütigen.


Ein für viele unrühmlicher, aber für mich untrennbar mit Age of Empires verbundener Aspekt sind die Cheat-Codes. Die Standard-Codes wie mehr Ressourcen und unbesiegbare Einheiten waren für mein jugendliches, ungeduldiges und vor allem überhaupt nicht frustresistentes Selbst unverzichtbar. Ich wollte einfach schnelle Erfolge. Und das nicht zu knapp. Ich erinnere mich noch daran, dass mein Vater mich einmal dabei "erwischte", wie ich einen Cheat-Code eingab. Er fand es gut, weil ich dadurch "Tippen übe". Dass die Codes viel zu kurz waren um irgendwas zu üben hat er wohl nicht verstanden, ebenso wenig, was ich da überhaupt schrieb.
Mehr in Erinnerung blieben mir aber die lustigen: Ensemble Studios haben von Anfang an Codes einprogrammiert, die zwar auch enorme Vorteile bringen, aber wohl mehr der Belustigung dienen. Oder warum haben sie sonst Bogenschützen eingebaut, die über Wasser laufen können und sich, wenn sie still stehen, in Bäume verwandeln? Oder Ballisten, die einmal quer über die ganze Karte schießen können? Highlight waren natürlich die neuen, historisch alles andere als akkuraten Einheiten: ein Auto mit Raketenwerfer oder ein Typ in einem Astronautenanzug mit Lasergewehr.
In Age of Empires 2 fand ich sie nicht mehr so kreativ und habe sie deutlich seltener genutzt. Immerhin haben die Entwickler der Definitive Edition das mit ihren Kreationen wie dem "Sharkatzor" wieder ausgeglichen. Eine Katze die auf einem düsengetriebenen Hai reitet und mit Laserstrahlen angreift – klingt logisch. Auch in den späteren Teilen gab es wieder allerlei verrückte Einheiten, wie einen Bären mit Cape der Laserstrahlen verschießt oder eine Büste mit den Namen "George Crushington", die Gegner namensgebend zermalmt. Allerdings hatte ich zu dieser Zeit irgendwie kein Interesse mehr an solchen Spielereien, sondern habe die Spiele fast ausschließlich so gespielt, wie vom Entwickler vorgesehen.

Screenshot: Autos und Krieger mit Lasergewehren in der Antike? bigdaddy und photon man machen's möglich
Autos und Krieger mit Lasergewehren in der Antike? bigdaddy und photon man machen’s möglich

Wo so gut wie alle anderen Vertreter des Genres auf statische, von Hand erstellte Karten setzten hatte Age of Empires von Anfang eine Besonderheit: die Karten für die Multiplayer- und Skirmish-Partien werden prozedural generiert. Damit sie nicht komplett chaotisch werden gibt es Vorlagen, wie etwa für Inseln oder große Landmassen mit Flüssen. Seit dem zweiten Teil kann jeder Spieler eigene über eine einfache Skriptsprache erstellen, was deren Anzahl geradezu explodieren ließ. Die Auswahl ist für mich unüberschaubar, sie reicht von sehr zufälligen Varianten wie Megarandom, die zufällig Teile von anderen Karten mixt und dadurch einen hohen Chaosfaktor hat, bis hin zu Karten mit immer gleichförmigen Strukturen, wie eine Insel mit Gold in der Mitte der Karte. Und natürlich das mittlerweile legendäre "Forest Nothing", wo es, wie der Name schon sagt, nichts außer Wald gibt. Ich wollte schon damals lernen wie man eigene Kartenskripte erstellt, hatte aber keinen Einblick – die Dateien waren für mich als Laien komplett unverständlich. Erst mit dem Addon The Conquerors wurde eine offizielle Dokumentation mitgeliefert, aber nur auf Englisch und das konnte ich damals noch nicht gut genug, um etwas davon zu verstehen. So blieb es bei Experimenten (die größtenteils unspielbare Karten produzierten) oder kleineren Modifikationen bestehender. Heute hätte ich zwar das Fachwissen um problemlos zu lernen wie es funktioniert, aber mir fehlt die Zeit dafür. Und vielleicht auch die Muße. Und Kreativität.

Damals war es keine so große Besonderheit, dass ein Spiel einen Editor mitlieferte, der normalerweise dem entsprach, was die Entwickler selbst zur Verfügung hatten. Age of Empires war hier keine Ausnahme: Eigene Szenarien waren mit dem nach heutigen Maßstäben recht limitierten, aber dafür sehr zugänglichen Tool schnell erstellt. Wer es ganz eilig hatte, konnte die prozedurale Generierung nutzen, wodurch in Sekunden zumindest eine Grundlage entstand. Oder nur ein Spielplatz zum experimentieren. Ein Novum bis heute: mehrere Karten ließen sich zu einer Kampagne zusammenfassen, das Verteilen der kompakten Datei ging schnell und einfach. Die im Spiel enthaltenen nutzten das gleiche System, seit dem zweiten Teil mit schönerem Interface.
Der Editor im zweiten Teil konnte deutlich mehr, vor allem die Trigger (im Deutschen als Schalter übersetzt) waren ein Segen: Die einfachen Wenn-Dann-Bedingungen waren an sich simpel, aber in der richtigen Kombination wurden sie sehr mächtig. Es war wohl meine erste Programmiererfahrung. Ich habe viel Zeit mit dem Editor verbracht, vor allem um ausladende Burgkomplexe und Armeen zu bauen, die ich im normalen Spiel mangels Ressourcen, der Landschaft oder den störenden KI-Gegner nie bekommen hätte. Nichts davon war wirklich gut, aber ich hatte meinen Spaß damit.
Und dann endete es auch schon fast. Die Kombination aus mangelndem Talent, weniger Zeit durch Beruf und dem immer komplexer werdenden Werkzeugen haben mir eine Karriere als Level-Designer verwehrt. Immerhin lieferten die neueren Teile meist einen Editor mit, was heute nicht mehr selbstverständlich ist.

Screenshot: Mit den entpackten Daten konnte ich mir anschauen, wie die Entwickler die Missionen gebaut haben - wie diese Zwischensequenz im Spiel
Mit den entpackten Daten konnte ich mir anschauen, wie die Entwickler die Missionen gebaut haben – wie diese Zwischensequenz im Spiel

Der Urvater: Age of Empires 1

Eine meiner frühesten Erinnerungen an die Age-of-Empires-Serie ereignete sich im Sommer 1998. Ich war mit meinen Eltern auf einem Vereinsfest in der Nähe meines Heimatortes. Der Spielparkour mit Schaumkussschleudern war zwar interessant, aber ich hatte noch eine andere Agenda: meine Eltern, und insbesondere meine Mutter, davon zu überzeugen, mir Age of Empires zu kaufen. Ich hatte es vorher bei einem Klassenkameraden gesehen und war hin und weg. Zudem hatten wir seit kurzem einen neuen Computer, wenn ich mich recht erinnere einen Pentium 3 mit 450Mhz und 64MB Ram, dazu eine 2D-Grafikkarte von ATI und Windows 98 in der ersten Version. Vielleicht nicht das Beste vom Besten, aber mehr als genug für das erste Spiel aus dem Hause Ensemble Studios. Warum ich darum bettelte? Um es mir selbst zu kaufen fehlte mir schlicht das Geld. Beim Taschengeld waren meine Eltern nie übermäßig spendabel, mein eigenes verdiente ich noch nicht. Ich weiß nicht mehr mit welchen Argumenten ich meine Videospielen schon immer (und bis heute) kritisch gegenüberstehende Mutter überzeugen wollte, wahrscheinlich waren sie auch nicht sonderlich gut. Letztendlich hatte sie das absolute Totschlagargument parat: auf der Packung prangerte ein USK-12-Stempel, und ich war erst elf Jahre alt. Dass die Alterseinstufungen zu dieser Zeit nicht gesetzlich bindend, sondern bessere Empfehlungen waren wusste ich noch nicht. Ich glaube aber auch nicht, dass es meine Mutter überzeugt hätte. Und dass elf weniger ist als zwölf lässt sich einfach nicht wegdiskutieren – was ich heute an der Mathematik schätze stand damals zu meinen Ungunsten. Aber Schlussendlich war es auch kein allzu großes Hindernis. Ein anderer Klassenkamerad hatte technikaffinere Eltern mit dem richtigen Equipment, es wechselten ein paar Deutsche Mark für eine unbeschriebene CD den Besitzer, den Rest muss ich glaube ich nicht erklären. Da ich heute mein Geld mit dem Entwickeln von Videospielen verdiene bin ich nicht stolz darauf, aber damals hatte ich noch keinen Einblick darin, wie die Produktion eines Videospiels abläuft und wie viel Arbeit darin steckt, weshalb ich die Tragweite meines Handelns nicht verstand. Zumal es unter Schülern auch nicht unüblich war. Und für einen Jungen in meinem Alter zählte vor allem das Ergebnis: ich hatte ein neues Spiel. Und was für eins.

Screenshot: Zu Anfang jeder Partie sieht die Basis noch nicht nach viel aus...
Zu Anfang jeder Partie sieht die Basis noch nicht nach viel aus…

Der Grafikstil war hell und mit kräftigen Farben, so kräftig wie es die 256 Einträge fassende Palette zuließ. Entwicklerlegende Bruce Shelley wird zum Grafikstil später zitiert: "The sun always shines in Age of Empires" (In Age of Empires scheint immer die Sonne). Und das unterstreicht die helle Farbgebung, wobei wahrscheinlich auch die historischen Begebenheiten eine Rolle gespielt haben: Der Mittelmeerraum und Mesopotamien, die Regionen in denen Age of Empires größtenteils spielt, können sich schließlich nicht über zu wenige Sonnenstunden beklagen. Dazu kamen die butterweichen Animationen: Dorfbewohner hacken Holz oder fischen mit Speeren, Streitwagen sausen geschwind über die Steppe und Phalanxen stampfen mit ihren schweren Rüstungen und großen Lanzen wie antike Panzer langsam, aber scheinbar unaufhaltsam über Gras und Sand. Sand ist ein gutes Stichwort, ich war fasziniert, dass man darauf genauso bauen konnte wie auf Gras – in Die Siedler 2 ging das schließlich nicht.
Beim Design der Einheiten und Gebäude blieb mir vor allem eines im Gedächtnis: man sieht ihnen den Fortschritt durch die Zeitalter sofort an. Werden in der Altsteinzeit noch Hütten aus Holz und Stroh gebaut, haben sich die selben Gebäude in der Eisenzeit zu regelrechten Villen entwickelt. Gleiches gilt für die Einheiten: ein Langschwertkämpfer mit großem Helm, Schild und Umhang sieht mächtiger aus als der olle Axtkämpfer mit seiner Steinaxt und Fell-Gewand. Und das zieht sich durch alle Einheiten: Ich muss keine Tabellen mit Statuswerten auswendig lernen, mir genau die Werte in der Bedienoberfläche ansehen oder die Details von unförmigen Pixelhaufen studieren, sondern sehe auf den ersten Blick, wie stark eine Einheit ist, zumindest im Verhältnis zu anderen.

Screenshot: ... hat sie sich in der Eisenzeit zu einer prächtigen Stadt entwickelt
… hat sie sich in der Eisenzeit zu einer prächtigen Stadt entwickelt

Ein weit verbreiteter Kritikpunkt an dieser Stelle war, dass die Größenverhältnisse zwischen Gebäuden und Einheiten nicht wirklich passten. Das fiel mir zwar auch auf, aber so wirklich gestört hat es mich nie. Heute verstehe ich, dass der Grund dafür vor allem im Game-Design und der Balance liegt: Große Gebäude brauchen sehr viel Platz, der Basenbau kann zur Geduldsprobe werden. Zumal sie bei den damals gängigen Bildschirmauflösungen schnell eine Großteil des Bildschirms eingenommen hätten. Damit sehen sie zwar imposant aus, aber spätestens in der dritten Partie nerven sie, weil die Übersicht verloren geht. Ähnliches gilt für die Einheiten, die noch ein anderes Problem haben: Je größer sie sind, desto schwerer sind sie für die KI zu manövrieren, was der Wegfindung noch mehr Probleme bereitet. Die interne Kollisionsgröße zu verringern ist ein unauffälliger und gern genutzter Trick, um die Wegfindung zu verbessern und Staus an Engstellen zu vermeiden. Der Balance dürfte geschuldet sein, warum ein Transportschiff zwar zehn Kriegselefanten, aber keine elf Bogenschützen aufnehmen kann.

Bei Musik und Sounds war Age of Empires auf der Höhe der Zeit: Jede Einheit meldete sich mit authentischen Sprüchen, wenn auch meistens mit der selben Stimme. Aber charakteristische Aussprüche wie "Rogan?", "Proglamas" und natürlich das bekannte "Wololo" und die weniger meme-taugliche Variante "Ai-Yoho" sind neben Sounds wie "Sch-Ha" aus der Serie nicht mehr wegzudenken. Auch für Gebäude und Schiffe gab es passende Soundeffekte, wobei der eine oder andere aus einer Soundbibliothek stammen dürfte, die habe ich später auch in anderen Spielen gehört. Die Sounds von feuernden Ballisten und Katapulten werde ich aber nie vergessen. Die Musik ist in zwei Varianten vorhanden: mit CD im Laufwerk und angeschlossenem Audio-Kabel wird sie davon abgespielt. Die Disc war eine sogenannte Mixed-Mode-CD, der erste Track waren die Daten des Spiels, die weiteren Musikstücke. Dadurch konnte man sie auch in einem CD-Player abspielen. War das nicht möglich hörte man stattdessen die selben Lieder als klassisches Midi-Gedudel. Es war eine Übergangszeit, Midi-Musik war noch weit verbreitet, CD-Musik gerade erst am aufkommen.

Screenshot: Türme mögen teuer sein, sind aber eine starke Verteidigung - das weiß sogar die ansonsten eher einfache KI
Türme mögen teuer sein, sind aber eine starke Verteidigung – das weiß sogar die ansonsten eher einfache KI

Beim Gameplay betrat ich ziemliches Neuland. Mit SimCity, Die Siedler und Transport Tycoon hatte ich bereits andere Strategiespiele, die in Echtzeit ablaufen gespielt, aber die Kombination aus Kampf, Wirtschaft und Forschung war mir neu. Age of Empires war zwar nicht das erste Spiel des Genres, aber alles andere ging schlicht an mir vorbei.
Es hatte aber auch seine komischen Eigenarten: Zwar gab es Mauern, aber ich konnte trotzdem meine Basis nie komplett dichtmachen, zumindest nicht ohne mich selbst einzumauern. Tore gab es noch keine, und auf die Idee, Mauerstücke bei Bedarf wieder abzureißen kam ich noch nicht. Wie könnte ich auch etwas, man meine Dorfbewohner mit soviel Schweiß, Blut und immerhin 5 Steineinheiten gebaut haben, leichtfertig zerstören?

Etwas, das vielen Spielern wahrscheinlich nie aufgefallen ist, war das Handelssystem, ausschließlich zur See: Ein im Hafen gebautes Handelsschiff wird zu anderen Häfen geschickt und kommt mit Gold im Gepäck wieder zurück. Hier wird wirklich gehandelt, für jedes Schiff wird eine Ware festgelegt, die dann vom eigenen Konto abgezogen, bevor bei der Rückkehr das Gold gutgeschrieben wird. Dass dieses doch recht komplexe System in den Nachfolgern deutlich vereinfacht wurde, wundert mich deshalb nicht.
Schifffahrt ist auch so ein Ding, was ich so in keinem Spiel kannte, zumindest nicht in dieser Dimension. Auf wasserlastigen Karten ändert sich die Spieldynamik völlig, Fischerei ist enorm effektiv, aber auf dem kühlen Nass lassen sich keine schützenden Mauern errichten. Die Sound-Effekte, wie die Triremen ihre Geschosse abfeuern hat sich für alle Zeit in mein Gedächtnis gebrannt. Die Schiffe bewegten sich aber arg unnatürlich und eher wie langsame Kutschen, weshalb die Gefechte zur See nie so spaßig waren wie die auf festem Ungergrund. Allerdings gehören sie für mich einfach zur Serie dazu. Ein merkwürdiges Paradoxon: nie wirklich gut gewesen, aber ohne fehlt etwas.

Screenshot: Die Seeschlachten waren nie das Highlight, gehören für mich aber einfach dazu
Die Seeschlachten waren nie das Highlight, gehören für mich aber einfach dazu

Allerdings ist auch nicht alles Gold, was glänzt, auch nicht in meiner verklärten Erinnerung: Die Dorfbewohner waren zwar so intelligent, dass sie vor Angreifern weglaufen statt sich einfach abschlachten zu lassen, aber ihre Wegfindung war nicht das Gelbe vom Ei. Zudem gingen sie, wie generell alle Einheiten, nicht aus dem Weg, wenn ich ein neues Gebäude bauen wollte. Ich musste sie erst umständlich weg manövrieren, was insbesondere beim Neubau von Farmen lästig wurde. Irgendwie irritierend fand ich auch die Trennung von Ressourcenabgabestellen: Nahrung von Beeren und Farmen kam in den Kornspeicher, alles andere in die Lagergrube. Deshalb habe ich dort, wo vorher Beeren waren, später farmen angelegt und den Rest der Karte mit Lagergruben zupflastert. Einmal gewusst war es kein Problem, aber diese Trennung für den selben Rohstoff fand ich trotzdem komisch.

Generell mag ich den Aspekts des Fortschritts durch Forschung sehr, aber der Technologiebaum ist an einigen Stellen recht undurchsichtig. Dass ich erst das Rad erforschen muss bevor ich Streitwagen erschaffen kann macht noch Sinn, aber warum muss ich erst ein Markt bauen, bevor Farmen verfügbar sind? Vor allem sehe ich das im Spiel nicht, die Optionen fehlen einfach und tauchen erst auf, sobald die Bedingung erfüllt ist. So habe ich die Zusammenhänge eher durch Zufall herausgefunden. Auf den Techtree in gedruckter Form konnte ich erst im Nachfolger zurückgreifen, im Spiel war er nicht abgebildet. Auch eine Form von Kopierschutz.

Als ich das Spiel vor einigen Jahren testweise erneut gespielt habe (noch vor den Definitive Editions) fiel mir auf, dass es gar nicht so einfach ist. Schon in der Lernkampagne bin ich in der vorletzten Mission gescheitert, weil mich der Gegner sehr früh mit sehr starken Einheiten angegriffen hat. Zudem bewegt die KI ihre Bogenschützen nahezu perfekt, ich konnte ihnen kaum Schaden zufügen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie das früher auch schon gemacht hat, es könnte ein Nebeneffekt der heutzutage deutlich schnelleren Hardware sein. Oder es ist mir in der Cheat-Orgie schlicht nicht aufgefallen.

Den Multiplayer hatte ich komplett ausgelassen. Da Age of Empires dafür mehrere PCs voraussetzte, diese 1998 in der schwäbischen Provinz aber bei weitem noch nicht Standard waren und deren Vernetzung alles andere als trivial war, blieb mir dieser Modus verwehrt. Der Aufstieg ins Zeitalter der LAN-Partys sollte für mich erst ein paar Jahre später erfolgen. Und die Zeit der globalen Vernetzung war noch mehrere Stufen entfernt.

Beim Setting hatte das erste Age of Empires bei mir einen besonderen Stein im Brett. Bis heute finde ich das Altertum und die Antike viel spannender als das ansonsten deutlich beliebtere Mittelalter. Ich denke das liegt vor allem daran, dass vieles aus dieser Epoche im Dunkeln liegt: Aufzeichnungen gibt es kaum, man findet nur noch Hinweise in archäologischen Ausgrabungen. Und nicht zu vergessen die nicht zu übersehenden Monumente aus dieser Zeit. Sie zeugen von hoch entwickelten Zivilisationen, aber viel von dem bereits angeeigneten Wissen ging verloren und es sollte bei vielem Hunderte von Jahren dauern, bis sie neu entdeckt oder entwickelt wurden. Diese Differenz aus dem, was man gesichert weiß und dem, was die Überreste zeigen, führt zur Bildung von Legenden über die Jahrtausende – viel Stoff für spannende Geschichten. Seit dem Mittelalter sind die Aufzeichnungen aber so zahlreich, dass es nicht mal ansatzweise so viele Mysterien gibt. Ich weiß deshalb nicht, ob mich die Serie genauso gepackt hätte, wenn ich den zweiten Teil zuerst gespielt hätte.

Screenshot: Das Addon stellt die Römer und ihre Feinde in den Mittelpunkt, konnte mich aber nicht packen
Das Addon stellt die Römer und ihre Feinde in den Mittelpunkt, konnte mich aber nicht packen

So, jetzt mal alle melden, wer sich noch an meine USK-Story am Anfang erinnert. Keiner? War zu erwarten. Ich schließe trotzdem daran an: Schlussendlich hatte die Geschichte noch ein gutes Ende: 1999 bekam ich das Original Age of Empires geschenkt. Und nicht nur das, sondern die Gold Edition mit dem Addon Rise of Rome. Allerdings kann ich nicht mehr genau nachvollziehen wann das war. Da ich kaum Erinnerungen daran habe, könnte es auch schon nach Release des Nachfolgers gewesen sein. Ich erinnere mich zwar noch grob an die neuen Völker und Kampagnen, aber habe sie bei weitem nicht mehr so ausgiebig gespielt wie die des Grundspiels. Zudem fand ich das Römische Reich nie so interessant. Als Anwohner des Limes habe ich als Kind da wohl eine Überdosis abbekommen.

Das Meisterstück: Age of Empires 2

Was folgt am besten auf ein großartiges Spiel wie das erste Age of Empires? Ein noch besseres. Der Sprung vom ersten zum zweiten Teil war gefühlt geradezu gigantisch, auf dem bereits sehr guten Fundament aufgebaut wurden so ziemlich alle Scharten ausgewetzt. Und das bei nur zwei Jahren Entwicklungszeit, plus einem eingeschobenen Addon.

Screenshot: Die neuen Trigger ermöglichten so etwas wie Ingame-Zwischensequenzen
Die neuen Trigger ermöglichten so etwas wie Ingame-Zwischensequenzen

Wann ich genau davon erfahren habe, dass es einen Nachfolger geben wird, kann ich nicht mehr genau nachvollziehen. Ich erinnere mich noch dunkel, dass ich im Computerraum meiner Realschule ins Internet konnte und die Webseite von Microsoft angesteuert habe, wo es bereits angekündigt war. Daheim hatte ich noch keinen Internetzugang und Zeitschriften als weitere, große Nachrichtenquelle zu Videospielen hatte ich auch nicht. In meiner Schule war Age of Empires kein großes Thema, im Prinzip waren es nur mein Freund, der mich zur Serie brachte, und ich, die sich dafür interessierten. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass er etwas wusste, wobei er ansonsten kein großer Anhänger von Videospielen war.
Woran ich mich aber noch erinnere ist wie ich es bekommen habe. Mein Vater arbeitete damals in der schwäbischen Landeshauptstadt und im Herbst 1999 opferte er eine seiner Mittagspausen, um mir ein Exemplar von Age of Empires 2 zu kaufen. Mit der Installation auf unseren Familien-PC habe ich wahrscheinlich nicht lange gewartet, schließlich hatte ich mich riesig darauf gefreut. Welches Meisterwerk ich aber in meinen Händen hielt und welchen Einfluss es noch haben sollte, davon ahnte ich noch nichts.

Die vielen Verbesserungen wollte ich schnell nicht mehr missen: Es gibt Tore, mit denen ich meine Mauern schließen und feindliche Truppen abhalten kann, aber meine eigenen Truppen können hindurch. Außer ich passe mal nicht auf und eine meiner Einheiten hält das Tor offen, aber selbst dafür gibt es einen Button um sie zu verriegeln. Die Handhabung von Feldern ist allein dadurch, dass Dorfbewohner über sie hinweg laufen und ich sie per Rechtsklick einfach neu anlegen kann so viel weniger nervig. Mit dem Addon The Conquerors kann ich Felder in der Mühle quasi vorproduzieren, damit verbrauchte automatisch erneuert werden.
Die Jagd ist im Spiel eine sehr gute und vor allem schnelle Nahrungsquelle, hat aber ihre Tücken: Ein Wildschwein unter das Dorfzentrum zu locken um es effektiv seiner Nahrung zu entledigen ist quasi die Feuertaufe eines jeden Age of Empires 2-Spielers. Wem das zu viel Aufmerksamkeit erfordert findet mit Schafen eine zwar stark begrenzte, aber deutlich sicherere Nahrungsquelle zum Spielstart. In einigen Gebäuden kann ich Einheiten einquartieren, um sie zu schützen und zu heilen – das Dorfzentrum wird so zum Rückzugsort für Dorfbewohner bei Angriffen. In den Produktionsgebäuden kann ich mehrere, unterschiedliche Einheiten in Reihe produzieren. Ein neuer Button lässt mich schnell den nächsten untätigen Dorfbewohner finden. Mit Formationen bewegen sich meine Einheiten nicht mehr wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen, sondern in Reih und Glied und ich kann Einheitentypen mischen, ohne dass jemand abgehängt wird. Die Liste der kleinen und großen Verbesserungen, die das Spiel viel angenehmer zu spielen machten hört fast nicht mehr auf.
Fairerweise muss ich aber auch sagen: wirklich dramatisch waren die Neuerungen gegenüber dem Vorgänger eigentlich nicht. Stattdessen wirkt Age of Empires 2 eher wie die auf hochglanzpolierte Version des ersten Teils. Für mich fühlte es sich deshalb auch sofort so vertraut an. Zwar haben die Entwickler mit komplett neuen Spielsystemen experimentiert, aber viele davon verworfen. Teils, weil sie schlicht keinen Spaß machten, andere weil sie nicht die begrenzten Entwicklungszeit passten. Einige der nicht umgesetzten Ideen lassen sich in den Nachfolgern finden. Frühe Beta-Versionen des Spiels sind ins Internet gelangt, mit etwas Mühe bekommt man sie heute zum Laufen und kann die Entwicklungsgeschichte zumindest etwas nachvollziehen. Oder man sieht sich ein entsprechendes Video an, YouTuber Spirit of the Law stellt in diesem Video zwei frühe Versionen ausführlich vor.

Screenshot: Ein Wildschwein anlocken und unter dem Dorfzentrum schlachten ist quasi die Feuertaufe für Age-of-Empires-2-Spieler
Ein Wildschwein anlocken und unter dem Dorfzentrum schlachten ist quasi die Feuertaufe für Age-of-Empires-2-Spieler

Die auffälligste Neuerung dürfte die Grafik gewesen sein: Gebäude sind deutlich größer und damit passen die Größenverhältnisse auch so einigermaßen. Allerdings geht mir bei der damals gängigen Auflösung von 1024×768 doch ein wenig die Übersicht verloren, eben weil sie so groß sind. Und das noch ohne die imposante Burg, die auf der Rückseite der Packung abgedruckt ist. Im Spiel ist sie aber nicht zu finden, sie hätte auch fast den ganzen Bildschirm bedeckt. Die finale Version war deutlich kompakter, wodurch sie zwar weniger historisch akkurat ist, aber besser ins Gameplay passt. Um seine eigenen Einheiten bei all der Pracht trotzdem zu finden sieht man ihre Silhouetten. Die sind überraschend gut erkennbar, dafür dass nur die Konturen der Einheit gezeichnet wird. Gut zu sehen wenn Dorfbewohner unter einem Teil des Dorfzentrums durchlaufen. Der Detailgrad wurde überall erhört, es gab steile Anstiege zwischen mehreren Geländestufen statt die etwas unschönen Treppen im Vorgänger. Da sich das Setting stärker nach Zentraleuropa verlagerte wurde das Grün der Wiesen kräftigter und alles wirkte etwas dunkler und gesättigter, ohne aber wirklich düster zu werden. Die Sonne scheint auch in Europa, wenn auch etwas weniger häufig und intensiv als am fruchtbaren Halbmond.

Meine ersten Schritte machte ich, wie wahrscheinlich die meisten, in der neuen Lernkampagne. Wie die anderen Feldzüge dreht sie sich um eine historische Persönlichkeit, in diesem Fall den schottischen Freiheitskämpfer William Wallace. Und auch wenn ich schon damals keine Erklärung mehr brauchte, wie man Einheiten selektiert, hat es sich irgendwie doch gelohnt, wegen der besseren Präsentation: Statt einer recht statischen Missionsbeschreibung gibt es nun davor und danach gezeichnete Bilder und Texte, die ein Sprecher vorliest. Den "schottischen" Dialekt des Sprechers werde ich nie vergessen, wie er mich dazu aufforderte, eine "Mülle" zu bauen. Die anderen waren nicht so einprägsam, wohl weil sie keinen so starkem Akzent hatten, was in deutschen Synchronisationen nicht ungewöhnlich ist. Und obwohl die Kampagnen historische Geschichten nacherzählen, hatten sie den einen oder anderen Twist zu bieten, wie den Dritten Kreuzzug aus der Sicht der Sarazenen und nicht der Kreuzritter zu zeigen.

Durch das Trigger-System spielten sich die Missionen viel dynamischer: Missionsziele änderten sich, Brücken wurden unüberquerbar und sogar so etwas wie Ingame-Zwischensequenzen gab es. Wo die Missionen des ersten Teils noch mehr oder weniger den Skirmish-Gefechten mit einem speziellen, aber fixen Ziel entsprachen, gab es hier viel mehr Abwechslung und teils unterschiedliche Lösungswege. Zum Beispiel, sich in der Barbarossa-Kampagne mit vollbeladenen Schiffen selbst einen Startpunkt aussuchen. Unter der Haube waren die Systeme zwar kaum gegenüber dem Vorgänger verbessert, aber die scheinbar kleinen Neuerungen sorgte für viel mehr Dynamik und Abwechslung in den Missionen. Woher ich das weiß? Das Dateiformat für die Kampagne war dasselbe wie im Vorgänger, findige Fans hatten es entschlüsselt und Tools entwickelt, mit denen ich die Kampagnen entpacken konnte. Die Karten ließen sich dann wie jede andere auch im Editor laden.

Screenshot: Burgen sind neue, defensive Bollwerke, die sich nur mit geeigneten Belagerungswaffen einreißen lassen
Burgen sind neue, defensive Bollwerke, die sich nur mit geeigneten Belagerungswaffen einreißen lassen

Ich habe viel Zeit mit dem Szenario Editor verbracht: so einfach zu bedienen, ganz ohne Anleitung. Wohl ein Resultat davon, dass er eigentlich nicht so viel konnte, die Engine des Spiels ist nach heutigen Maßstäben recht limitert. Vieles musste ich ausprobieren, die fehlenden Möglichkeiten machten es mir dafür einfach, die meisten Systeme zu durchschauen. Durch die neuen Trigger konnte ich auch meine Szenarien viel dynamischer gestalten als im Vorgänger – wenn ich nur gute Ideen gehabt hätte.
Wie bereits erwähnt konnte ich mir die offiziellen Szenarien anschauen, weil das Dateiformat exakt dasselbe war. Ich hab es primär genutzt, um mir einige der Tricks abzuschauen, die die Designer bei Ensemble Studios verwendet haben. Aber diese Feinheiten bringen nichts, wenn Geduld und Talent fehlen, um etwas wirklich gutes zu entwickeln. Was ich gebaute habe passt wohl am besten in die Kategorie Uninspiriert oder glatte Kopie. Und obwohl man seinen eigenen Werken gegenüber höchst voreingenommen ist, dachte nicht mal ich, dass sie besonders gut waren. Auch mit Modding außerhalb des Spiels habe ich mich beschäftigt, die schon damals große Community entwickelte eigene Tools um zum Beispiel Grafiken auszutauschen. Aber auch hier fehlte es mir an Geduld und Muße, um mehr als bloße Spielereien zu erschaffen.

Erstmals betrat ich die Schlachtfelder des Multiplayers, wenn auch nur kurz. Meine erste Erinnerung besteht darin, dass ich unseren Familien-PC mit dem Rechner meiner älteren Schwester verband, den ich auch nutzen durfte. Dafür verwendete ich ein Nullmodem-Kabel. Soweit ich weiß habe ich das nur einmal mit einem Mitschüler gemacht. Später traute ich mich auch in die MSNZone, den damaligen Internet-Multiplayer-Dienst von Microsoft. Viel habe ich darin aber auch nicht gemacht, zum einen weil Spielen über eine getaktete ISDN-Verbindung, wo nach Zeit abgerechnet wird sehr teuer und für einen Schüler kaum zu bezahlen ist. Zum anderen war ich mit der Bedienung schlicht überfordert. Automatisches Matchmaking war noch nicht erfunden, jeder musste sich seine Spiele selbst suchen. An wirklich schlechte Erfahrungen erinnere mich zwar nicht, aber auch keine herausstechend guten. Es dürften kaum mehr als eine handvoll Matches sein, die ich damals gespielt habe, viele kamen wahrscheinlich mehr durch Zufall zustande. Auf LAN-Partys habe ich später nur sehr wenige Partien gespielt, da andere Spiele in der Gunst meiner Freunde deutlich weiter oben standen.

Neben den Kampagnen habe ich die meiste Zeit im Skrimish-Modus verbracht. Der Modus meiner Wahl war Vier-gegen-Vier mit entsprechend vielen KIs, Standardsieg und Einheitenlimit 200. Bei den Karten zählten die bereits aus dem ersten Teil bekannten Hochland und Inseln, sowie die neuen Dunkler Wald und Team-Inseln zu meinen Favoriten. Für mehr als die einfache KI hat es aber nicht gereicht, ich war schlicht nicht gut genug und hatte weder den Willen noch die Geduld, meine Fähigkeiten im Spiel zu verbessern. Die ganze Zeit cheaten wurde auch irgendwann langweilig. Deshalb dümpelte mein Können so vor sich hin, obwohl ich fast ein Jahr lang kaum etwas anderes spielte. Immerhin habe ich die eine oder andere, "geniale" Strategie entwickelt: Da ich erkannte, dass der Markt in jeder Partie global war, habe ich versucht das rare Stein zu sammeln, damit die KI es am Markt kaufen muss. Das treibt den Preis nach oben, wodurch ich es mit viel Gewinn verkaufen konnte. Ob das wirklich funktioniert hat weiß ich nicht, ich bin mir nicht mal sicher ob die damalige KI den Markt überhaupt nutzte. Zudem war mir nicht bewusst, wie stark sie teilweise selbst schummelt. Eine andere Variante war, alle Reliquien zu sammeln und in einem Kloster unterzubringen. Damit die Partie nicht zu schnell vorbei ist (es ist doch herrlich befriedigend, die gegnerische Basis komplett dem Erdboden gleichzumachen), habe ich kurz vor Ablauf des Zeitlimits eine ausgelagert, nur um sie direkt wieder einzulagern, und das Spiel begann von vorne. Da mir die KI nie ernsthaft gefährlich wurde, konnte ich dadurch die Partie solange ziehen, wie es wollte. Oder, wenn ich keine Lust mehr hatte, darüber gewinnen. Alternativ habe ich gleich im neuen Königsmord-Spielmodus gespielt, wo ich nicht nur mit mehr Ressourcen in eine Partie startete, sondern die weiteren Siegbedingungen deaktiviert waren. Dann konnte ich mich ganz dem Erledigen meiner Gegner widmen. Da die KI nicht bis zur letzten Einheit kämpfte, sondern in aussichtsloser Position aufgab, zog es sich auch nicht endlos hin.

Das englische Lösungsbuch rechts im Bild war ungleich aufwendiger gestaltet als die eher schmucklose, deutsche Version links
Das englische Lösungsbuch rechts im Bild war ungleich aufwendiger gestaltet als die eher schmucklose, deutsche Version links

Ein damals für mich neuer Aspekt waren die Lösungsbücher: mein Freund hatte eines zu Age of Empires 2, offiziell von Microsoft, mit großen Bildern der Kampagnenmissionen, in Farbe! Damals ein echtes Novum, das sich auch nicht mehr wiederholen sollte. Das wollte ich auch haben, bekam aber zwei andere: Zuerst eines der weit verbreiteten, inoffiziellen aus dem Markt & Technik Verlag. Das fand ich zwar nicht schlecht, aber es war ein typisches Lösungsbuch, dass sich ganz auf die Komplettlösung der Kampagnen konzentriert. Das zweite war um Welten besser: Microsoft gab ein weiteres heraus, mit weniger Bildern, aber von den Entwicklern selber verfasst. Das kleine, unscheinbare Taschenbuch mit dem mit dicken Brillengläsern ausgestatteten Mann auf dem Cover (Chefentwickler Bruce Shelley) sollte meine Lektüre für viele Monate werden. Neben den Lösungen für die Missionen und Tipps für den Multiplayer (heute natürlich komplett unbrauchbar, findige Spieler haben über die Jahre viel bessere Strategien entwickelt) waren es vor allem die vielen Hintergrundinformationen, die es mich immer wieder in die Hand nehmen ließen. Zu jeder Mission gab es mindestens eine Anekdote aus dem Entwicklerstudio, ein damals seltener und für mich der erste Einblick in die Welt der Videospielentwicklung. Was ich erst heute weiß: die englische Version war nochmal deutlich besser. Zwar nicht was die Texte angeht, die waren identisch und gut übersetzt. Allerdings wurde hierzulande nur ein schmuckloses Taschenbuch veröffentlicht, während die englische Fassung größer und aufwendig gestaltet war.
Gar nicht so schmucklos war das Handbuch: In den großen Pappverpackungen der Zeit war Platz für umfangreiche und schön ge-layoutete Handbücher. Mehr als nur bloße Bedienungsanleitungen, kleine Kunstwerke mit allerlei Zusatzinformationen. Obwohl ich mit meinen Sachen immer sehr sorgsam umgegangen bin, hat mein Exemplar doch ein wenig gelitten. Zwar fällt es bei weitem noch nicht auseinander, aber einzelnen Seiten haben Gebrauchsspuren. Und dann war da noch der Technologiebaum, mehrfach ausfaltbar und laminiert. Ich erinnere mich, wie ich ihn abends im Bett stundenlang studierte. Dabei waren da doch gar nicht so viel Informationen drauf, zumal die völkerspezifischen Eigenheiten fehlten. Warum habe ich das Teil dann so ausgiebig gelesen? Eine Vermutung hatte ich erst später, als ich im Chemieunterricht von "Schnüffelstoffen" erfuhr. Ja, das Teil roch schon mittelschwer nach Lösungsmittel. Ein bisschen tut er das bis heute noch…

Bei all dem Spaß gibt es auch eine Sache, die ich bis heute bereue und nie geschafft habe, auszuräumen: Die letzten beiden Missionen der Barbarossa-Kampagne habe ich nie ohne zu cheaten geschafft. Wobei mein letzter "Versuch" bestimmt mehr als 15 Jahre in der Vergangenheit liegt – da ich die einfacheren Stufen der deutlich verbesserten Remaster-KI heute mit links schlage, sollte ich es eigentlich hinkriegen. Das Problem liegt eher darin, dass ich es zeitlich nicht unterbringe. Die Missionen sind allesamt recht lang, in einer halbe Stunde sind nur die kürzeren zu schaffen. Und mit der Content-Flut der Updates und Definitive Edition wurde das kein Stück besser. Damals waren noch andere Zeiten: nach Release habe ich fast ein Jahr kaum etwas anderes gespielt. Als Schüler hatte ich mehr Zeit zur Verfügung, aber weniger Geld wie heute, was zu mehr Konkurrenz um meine begrenzte Zeit führt. Der Fluch des Erwachsenseins…

Screenshot: Der Editor mit seinen Trigger (Schalter) gab mir einen ersten Vorgeschmacks aufs Programmieren
Der Editor mit seinen Trigger (Schalter) gab mir einen ersten Vorgeschmacks aufs Programmieren

Neue Dimensionen: Age of Mythology

Anfang der 2000er stand Age of Empires bei mir nicht mehr so hoch im Kurs. Das Addon zum zweiten Teil konnte mich nicht mehr so lange bei der Stange halten wie das Hauptspiel, zudem rückten andere Titel in meinen Fokus: Auf den ersten LAN-Partys mit meinen videospielaffinen Schulfreunden, im Keller meiner Eltern bei Tiefkühlpizza und Cola-Mix, lief vor allem Counter-Strike über die Röhrenbildschirme. Für Strategiespiele konnte ich sie nur bedingt begeistern, die schnelle 3D-Action zog uns alle in ihren Bann. Zudem waren Informationen über neue Spiele damals schwer zu bekommen: Ich bin in einem kleinen Dorf in der demilitarisierten Zone zwischen Schwaben und Bayern aufgewachsen, wenn es überhaupt Internet gab war es auch für mich noch Neuland. Ich bin mir nicht sicher, ob der örtliche Spar-Markt überhaupt Zeitschriften hatte, einen richtigen Kiosk gab es nicht. Aber selbst wenn dürfte es nur das Übliche gewesen sein: Tageszeitungen, das eine oder andere Politmagazin und diese unsäglichen Frauenzeitschriften voller Klatsch, Tratsch und dreisten Lügen. Videospiele war noch ein Nischenthema, das den teuren Regalplatz wahrscheinlich nicht wert war. Am ehesten sah ich sie in der nächsten Kaufland-Filiale, die wegen der Entfernung (und dem schlecht ausgebauten ÖPNV) ohne Auto für mich kaum zu erreichen war. Ergo ging das nur, wenn meinen Eltern zum Einkaufen hinfuhren und ich mit durfte. Warum ich das überhaupt erwähne? Weil ich genau dort vom nächsten Teil der Serie erfuhr.

Screenshot: Im Kampf treffen normale Einheiten auf mythologische Monster und Helden
Im Kampf treffen normale Einheiten auf mythologische Monster und Helden

Wieder einmal war ich mit meinen Eltern dort einkaufen und schlenderte durch die Zeitschriftenabteilung. Ich hatte Lust auf ein Strategiespiel, aber ohne gute Informationsquellen wusste ich gar nicht, was auf dem Markt war. An diesem schicksalhaften Tag im Juni 2001 erblickte ich eine Zeitschrift, die vieles verändern sollte: Das Cover war komplett bedeckt vom Bild eines offenkundig nordischen Kriegers, ernst dreinblickend, mit goldenem Helm und einem Raben auf jeder Schulter. Wichtiger war aber der große Schriftzug darunter: Age of Empires 3. Moment, jetzt schon? Der dritte Teil sollte doch erst in ein paar Jahren erscheinen? Tat er auch. Der Computec-Verlag war sich für die Ausgabe 7-2001 der PC Games aber nicht zu schade, auf analoges Clickbait zu setzen. Das Cover könnt ihr euch auf Kultboy ansehen Ja, es war das dritte Spiel von Ensemble Studios und hieß auch "Age of", aber eben Age of Mythology.

Als erstes fiel natürlich die 3D Grafik auf, und die war für die Zeit sehr gut. Die ersten 3D-Strategiespiele erschienen teilweise zeitgleich mit Age of Empires 2, die kann ich mir heute aber nicht mehr anschauen. 2002 war die Technik jedoch soweit gereift, dass sie ansehnliche Bilder auf den Bildschirm brachte. Mir persönlich hat sie sehr gut gefallen: Schaumkronen, die sich an den Stränden brechen, Kavallerie, die im Sand Fußspuren hinterlässt, dazu die Effekte der Götterkräfte, das sah damals schon alles sehr schick aus. Erst später wurden mir die Kompromisse bewusst: Beispielsweise war die Kamera in den Zwischensequenzen in Spielgrafik meist recht weit weg von den Figuren. Fährt man sehr nah ran sieht man auch warum: Die sehen in der Nahaufnahme einfach furchtbar aus, ein handvoll unproportionierter Polygonen mit einfarbigen Texturen. Aus der normalen Vogelperspektive des Spiels fällt das allerdings kaum auf.

Screenshot:Durch die neue 3D-Engine wurden richtige Zwischensequenzen möglich. Aber bitte bei den Figuren nicht zu genau hinschauen...
Durch die neue 3D-Engine wurden richtige Zwischensequenzen möglich. Aber bitte bei den Figuren nicht zu genau hinschauen…

Bedingt durch die neue Technik änderte sich der Basenbau radikal: Statt in einem vorgegebenen Raster aus quadratischen Feldern platziere ich meine Gebäude und vor allem Mauern frei in die Landschaft und kann sie drehen. Das macht zwar das Errichten dichter Wällen etwas kniffliger, aber ich habe mich schnell daran gewöhnt und die neue Freiheit genossen. Gar nicht mehr frei war die Platzierung der wichtigen Dorfzentren, die konnte ich nur noch auf vorbestimmten Siedlungsplätzen bauen. Eine ziemlich radikale Maßnahme der Entwickler, um ihre offensive Nutzung im Vorgänger einzudämmen. Eine Detailneuerung ist die Verwendung von Relikten: statt eine Siegbedingung oder nur eine zusätzliche Goldquelle zu sein, geben sie hier unterschiedliche Boni. Die Rüstung des Achilles etwa stärkt die Panzerung eigener Einheiten, das Schiff aus Fingernägeln sorgt für ein kleines, stetes Nahrungseinkommen. Damit sie aktiv werden müssen sie von einem Helden in einem Tempel deponiert werden. Ganz neu ist die Idee nicht, Designer Sandy Petersen verriet in einem Podcast, dass sie ursprünglich schon für den zweiten Teil geplant, aber dort verworfen wurden.

Bei der Musik wird dagegen komplett neues gewagt: Stilistisch passen Titel wie n. d. nile perfekt zu ihrer Fraktion. Wichtiger war aber die erstmals dynamische Komponente: Im ruhigen Aufbauteil kommen entsprechend fast schon minimalistische Klänge aus den Boxen. Erkennt das Spiel aber einen Kampf wird es dramatischer, das Orchester dreht auf und ich kann die Intensität der Schlacht spüren. Heute Standard, war das damals neu für mich – vorbei war die Zeiten, in denen die Musik schön linear ein Stück nach dem anderen von der CD abgespielt wurde. Die Stimmen der Einheiten sind wie für die Serie mittlerweile typisch an die Sprache der Völker zu dieser Zeit angelehnt – zumindest, soweit historisch rekonstruierbar. Prostagma?

Screenshot: Die Wirtschaft funktioniert sehr ähnlich, aber mit göttlicher Hilfe wird Jagen leichter
Die Wirtschaft funktioniert sehr ähnlich, aber mit göttlicher Hilfe wird Jagen leichter

Halt, Stopp, zwei Schritt zurück: Götterkräfte? Die zweite große Neuerung war das Einbinden der Mythologie der drei Zivilisationen. Beim Spielstart wähle ich nicht nur ein Volk, sondern auch eine primäre Gottheit, bei jedem Aufstieg in ein neues Zeitalter habe ich die Auswahl zwischen zwei kleinen Göttern. Jede bringt unterschiedliche Einheiten und Technologien mit sich, und natürlich die Götterkräfte als einmalige Aktion. Offensive Fähigkeiten beschwören einen Drachen oder einen Meteoritenschauer, die ganze Basen fast im Alleingang platt machen. Oder doch lieber eine wirtschafts-orientierten Option wie Wildtiere anlocken um das Jagen zu vereinfachen oder eine Goldmine da erscheinen lassen, wo ich es will? Mein Favorit Ra lässt es über allen Feldern regnen und steigert ihre Produktivität, aber auch beim Gegner – ich muss genau abwägen, wann ich es einsetze. Aber eigentlich hatte ich es mehr auf den Sohn des Osiris im letzten Zeitalter abgesehen. Und den Favorit vieler kompetitiver Spieler Seth mochte ich nicht.

Die mythologischen Einheiten bringen mehr Farbe ins Spiel: Kommandiere ich ansonsten eher langweilige Lanzenträger oder Bogenschützen, wird die gegnerische Armee von meinen Skarabäen oder nemeischen Löwen gehörig aufgemischt. Wie Minotauren und Kraken ihre Gegner buchstäblich durch die Luft schleudern, kann ich mir heute noch stundenlang ansehen. Die Einheiten lösen ihre Spezialfähigkeiten automatisch aus, sofern der Fähigkeitsbalken unter ihrem Portrait voll ist. Normale Einheiten sind ihnen meist unterlegen, gegen sie brauche ich ein anderes Kaliber – waschechte Helden. Bei den Griechen sind das viele bekannte Namen wie Herakles oder Odysseus, bei den Wikingern die legendären Einherjer. Nur bei den Ägyptern müssen normale Priester als "Held" herhalten, deren kleines Projektil könnte aber auch ein leuchtendes Papierbällchen sein. Wirklich dagegen halten kann nur der Pharao selbst, aber da er auch die eigenen Gebäude stärken kann, habe ich ihn meist in der Basis stehen. Ohne die Technologie "Das neue Königreich" von Gott Osiris, die mich einen zweiten Pharao ernennen lässt komme ich quasi nicht aus. Und wenn ich dann noch einen davon in den Sohn des Osiris verwandle und er seine Blitze schleudert hat selbst Zeus Respekt.
Ich finde das System sehr gelungen: Die Völker unterscheiden sich stark, durch die Wahl der Götter kann ich meine Wahl weiter verfeinern, meinem Spielstil anpassen – oder was verrücktes ausprobieren. Was dann aber häufig in die Hose geht, weil ich es nicht richtig umsetzten kann – oder es schlicht keine gute Idee ist.

Screenshot: Ein Meteoritenschauer macht selbst stark befestigte Basen dem Erdboden gleich
Ein Meteoritenschauer macht selbst stark befestigte Basen dem Erdboden gleich

Auch bei der Kampagne beschritt Ensemble Studios neue Wege: Zwar weiterhin von historischen Ereignissen wie dem Trojanischen Krieg inspiriert, erzählt das Hauptspiel eine eigene Geschichte rund um den Atlanter-General Arkantos. Die Vermischung von historischen Ereignissen und Eigenkreationen hat für mich sehr gut funktioniert, getragen von den interessanten Charakteren, vertont von schon damals bekannten Sprechern. Auch die Inszenierung wurde mit dem Sprung hin zur 3D-Grafik besser: Nur das Intro war vorgerendert, alles andere lief in Spielgrafik ab. Es dominieren die klassischen Aufbaumissionen, aber auch Kommandoeinsätze mit vorgegebenen Einheiten sind dabei. Dazu wurden viele Spielmechaniken gut integriert, beispielsweise bin ich in einer goldarmen Mission voll auf den Handel mit einem KI-Verbündeten angewiesen, den ich aber auch entsprechend schützen muss. Die Mission "Tug of War" war sogar so gut, dass sie Blizzard für ihren gefrorenen Thron fast eins zu eins kopierte: Eine Mission in der Blutelfen-Kampagne baut das Konzept der neutralen Einheit, die mit eigenen Einheiten übernommen und dann automatisch in die Basis fährt, eins-zu-eins nach, sogar das Layout der Karte ist frappierend ähnlich.

Den Multiplayer habe ich zwar häufiger gespielt als bei den Vorgängern, aber "dank" des tollen Netzausbaus steckte meine Bandbreite noch immer bei 64 Kilobit die Sekunde fest, ebenso musste ich pro verbundener Minute zahlen. Ich konnte deshalb das neue Multiplayer-System Ensemble Studios Online nicht so ausgiebig nutzen, wie ich das gern getan hätte. So hat es nur für ein paar wenige Partien gereicht. Immerhin konnte ich offline neue Mitstreiter gewinnen, ein Mitschüler aus der Berufsschule war großer Fan von Age of Mythology und dadurch konnte ich es auf unseren LAN-Partys spielen, die ansonsten auf der Strategieseite von Command & Conquer dominiert wurden.

Screenshot: Die Auswahl der Götter beim Aufstieg in das nächste Zeitalter ist eine interessante Entscheidung in jeder Partie
Die Auswahl der Götter beim Aufstieg in das nächste Zeitalter ist eine interessante Entscheidung in jeder Partie

Den Editor habe ich bei weitem nicht mehr so viel genutzt wie in den Vorgängern, vornehmlich aus Zeitgründen. Ausbildung statt Schule ist schon ein beträchtlicher Unterschied was das Zeitbudget angeht. Zudem kam ich mit dem im Spiel integrierten Tool nicht mehr so gut zurecht. Zwar war es deutlich mächtiger, aber ich habe nie ganz verstanden, wie alles funktioniert. Die einfache Bedienbarkeit war durch die 3D-Grafik und den vielen, neuen Funktionen dahin und eine wirklich gute Dokumentation existierte nicht.

Zu guter Letzt oder eher, schlechter Letzt konnte Age of Mythology bei vielen Spielern nicht punkten. Zu unterschiedlich im Gameplay und Setting, das hat wohl nicht jeden so abgeholt wie mich, viele blieben dem Vorgänger treu. Das ein Jahr nach Release erschienene Addon The Titans zeugt davon: Die neuen Titanen als militärische Alternative zu Weltwundern waren cool, aber schon die Atlanter als neues Volk wirkten nicht ganz zu Ende entwickelt. Ebenso die zwar gute, aber auch extrem kurze Kampagne rund um Arkantos‘ Sohn. Ich mochte das Spiel sehr, aber einen dauerhaften Platz auf meiner Festplatte konnte es sich auch bei mir nicht sichern.

Neue Wege in der neuen Welt: Age of Empires 3

Nach dem mythologischen Ableger ging Ensemble Studios wieder zurück zur rein historischen Kernreihe. Was sich alles hinter den Kulissen abspielte, sollte ich aber erst viel später erfahren. Da das einen eigenen Artikel wert wäre, gehe ich darauf hier nicht weiter ein, aber lasst mich nur soviel sagen: sowohl davor, während als auch nach der Entwicklung von Age of Empires 3 ging es im Studio turbulent zu. Was man dem Spiel auch anmerkt.

Screenshot: Die durch Post-Processing Effekte verstärkten Farben stechen mir fast buchstäblich ins Auge
Die durch Post-Processing Effekte verstärkten Farben stechen mir fast buchstäblich ins Auge

Die größte und kontroverseste Neuerung dürfte das Setting sein: Statt wie bisher stehen nicht Europa oder Asien im Fokus, Nordamerika ist Dreh- und Angelpunkt des Gameplays und der Story-Kampagne. Im Addon zum zweiten Teil wurde Amerika bereits "entdeckt", aber der Fokus lag auf Mittel- und Südamerika. Hier geht es aber vor allem um die Kolonisierung des nördlichen Teils, entsprechend stehen acht europäische Nationen zur Auswahl.

Die Story des Spiels folgt über mehrere Generationen der fiktiven Familie Black. Allerdings bilden historisch verbürgte Ereignisse nur den groben Rahmen, stattdessen kämpft ihr gegen einen Geheimbund der in Amerika den Jungbrunnen sucht. Das hat für mich nicht so gut funktioniert wie im direkten Vorgänger, ich denke weil durch die Mythologie mehr Platz für eigene Ideen war. Zudem fand ich die Geheimbund-Story nie wirklich gelungen. Im Addon The Warchiefs wurde die Geschichte fortgesetzt, aber der ganze Geheimbund-Kram gestrichen. Ebenfalls mehr an historische Ereignisse hält sich die zweite, von Big Huge Games entwickelte Erweiterung The Asian Dynasties. Außer die Kampagne der Chinesen, die einer Legende nachgeht, dass sie vor Columbus in Amerika gelandet seien.

Technisch war Age of Empires 3 ein richtig dickes Brett: Die Engine des Vorgängers wurde deutlich aufgebohrt und lieferte das Beste, was grafisch zu dieser Zeit im Genre zu finden war. Detaillierte Einheiten, Gebäude und Schiffe, hochaufgelöste Texturen an allen Ecken und Enden und das Wasser mit seiner einfachen Kaustik-Simulation sah besser aus als in so manchem Shooter dieser Zeit. Die Beleuchtung war ein zweischneidiges Schwert: Zwar erzeugte sie durch ihre Intensität viel Stimmung. Aber im Zeitalter der frühen Post-Processing-Effekte setzten wie hier viele Spiele überzogene Bloom-Effekte ein. In den Karibikkarten war das Licht so grell, dass ich fast einen Sonnenbrille aufgesetzt hätte – am Bildschirm!
Weniger kontrovers war die Physik-Simulation: Die damals enorm populäre Havoc-Engine sorgte für realistisch zerbrechende Gebäude und Schiffe bei Kanonenbeschuss. Das hatte zwar spielerisch keine Auswirkungen, kann sich aber optisch heute noch sehen lassen. Kanonen sind ein gutes Stichwort, schießpulverbasierte Einheiten bilden den Kern der meisten Armeen. Die richtig dicken Kaliber sahen nicht nur gut aus, sondern klangen auch entsprechend: ein kerniges Krachen bei jedem Schuss, das meinen Subwoofer erbeben ließ. Meine Eltern waren davon weniger begeistert, weil ihr Schlafzimmer direkt unter meinem PC-Raum war, bei späten Spielrunden musste ich deshalb auf Kopfhörer ausweichen.

Screenshot: Dank der Havoc-Physik-Engine zerfallen Gebäude realistisch
Dank der Havoc-Physik-Engine zerfallen Gebäude realistisch

Spielerisch hatte sich einiges getan: es kamen viele neue Elemente dazu, alte wurden entschlackt oder gleich ganz über Bord geworfen. Es spielte sich schneller und aggressiver als die Vorgänger, defensives Einmauern war deutlich schwieriger. Vor allem der Start des Spiels wurde gestrafft, mit dem Kundschafter und Schätzen auf der Karte aber auch interessanter gestaltet: Der Kundschafter ist eine starke Einheit, die den altbekannten Späher ersetzt. Schätze sind überall auf der Karte verteilt, wenn ihr sie hebt gibt es eine kleine Menge Rohstoffe oder eine zusätzliche Einheit. Dafür müssen aber meistens ihre Wächter erledigt werden, das Konzept der Creeps aus WarCraft 3 ist da nicht weit.

Unter den Neuerungen störte mich aber eine ganz besonders: die vielen, künstlichen Beschränkungen. Um Strategien wie Tower-Rushes und dem gefürchteten Persian Douche (siehe Exkurs) Herr zu werden, wurde einfach die Anzahl der Türme und Dorfzentren, die man bauen kann, stark limitiert. Die Festungen, das moderne Gegenstück zur Burg, konnte man gar nicht selbst bauen, sondern mussten aus der Heimatstadt "bestellt" werden. Bei den Schiffen unterliegen alle Typen einem harten Baulimit, mit Ausnahme der unbewaffneten Fischerboote. Dadurch war die Flotte klein, aber durchaus schlagkräftig. Ein Schiffstyp konnte bei Kontakt zur Küste Einheiten ausbilden und ersparte die Landung mit Dorfbewohnern, andere ersetzten ganz nebenbei das Transportschiff. Aber irgendwie war es nicht mehr dasselbe, statt Massenschlachten aus Schiffen kam es nun eher zu kleinen, dafür micro-intensiven Gefechten. Das mag besser zu balancen sein, hat mir aber nicht mehr so viel Spaß gemacht – und die legendäre Spanische Armada nachzubauen war völlig unmöglich.


Exkurs: Käse ala Age of Empires
Wie in den meisten anderen Echtzeitstrategiespielen haben sich auch in Age of Empires besonders aggressive, aber auch sehr risikoreiche Strategien entwickelt, im Fachjargon als "Cheese" bezeichnet. Sie haben meist den Zweck, das Spiel innerhalb weniger Minuten zu den eigenen Gunsten zu beenden. Schafft der Gegner es aber, die Attacke abzuwehren, könnt ihr in vielen Fällen aber auch einfach aufgeben, weil für den frühen Angriff der Aufbau der einigen Wirtschaft vernachlässigt werden muss. Profis haben Varianten entwickelt, wodurch sie den Nachteil wieder aufholen können, wer allerdings nicht weit genug voraus plant, für den ist das Spiel schon gelaufen, bevor es richtig angefangen hat.

Der Tower-Rush ist auch aus Spielen wie WarCraft 3 bekannt: statt mit Einheiten anzugreifen, werden Türme an wichtige Stellen gebaut, vornehmlich an vom Gegner genutzte Ressourcenquellen. In Age of Empires mit seinen vier unterschiedlichen Ressoucen gibt es entsprechend viele Angriffspunkte: Goldvorkommen sind oft das primäre Ziel, weil es der wichtigste Rohstoff ist. Aber auch Wälder sind dafür interessant, durch die Bäume ist der Turm gut geschützt. Im zweiten Teil können sie aber relativ einfach mit Dorfbewohnern abgerissen werden, weil sie über einen Mindestreichweite verfügen (außer bei Teutonen!) und Nahkämpfer vor ihren Angriffen am Fuß des Turms sicher sind.

Eine in Age of Empires 2 von vielen Spieler verhasste Strategie ist der "Persian Douche": dabei löscht man das eigene Dorfzentrum und baut ein neues in Reichweite der gegnerischen Basis, mit 10 einquartierten Dorfbewohnern richtet es bereits den maximalen Schaden an. Da die Dorfzentren der Perser über die doppelte Anzahl Lebenspunkte verfügen, eigenen sie sich dafür besonders gut. Der aus Finnland stammenden Spieler Rubenstock hat die Strategie zu seinem Markenzeichen gemacht, ein sehr gutes Beispiel ist dieses Vier-gegen-Vier-Match, kommentiert auf englisch von T90.


Bei den zusätzlichen Siegbedingungen gab es große Änderungen: Nachdem im Vorgänger die Reliquien bereits einem neuen Zweck zugeführt wurden, fielen sie hier ebenso weg wie die Weltwunder. Historisch gesehen macht das schon Sinn, zu dieser Zeit wurden wenige Prachtbauten dieser Art errichtet, aber irgendwie fehlte mir doch etwas, was die Serie ansonsten ausmachte. Stattdessen kam eine dazu, welche die neuen Handelsposten in den Mittelpunkt stellt: Wer mehr als die Hälfte aller Handelspunkte kontrolliert, kann das Handelsmonopol initiieren und muss sie dann eine gewisse Zeit lang halten. Zwar war das durchaus passend, weil die Handelsposten allgemein sehr wichtig sind, da sie Erfahrungspunkte für die Heimatstadt generieren. Aber mir fehlten die klassischen Siegbedingungen doch ein wenig.

Die Heimatstadt ist die wahrscheinlich größte, spielerische Neuerung: quasi ein Kartendeck für zusätzliche Einheiten, Gebäude und weitere Boni. Für so ziemlich alles im Spiel gibt es Erfahrungspunkte, am meisten für das Erledigen gegnerischer Einheiten. Jeder Stufenanstieg bedeutet eine weitere Lieferung, was einer Karte entspricht. In ein Deck passen nur 25 davon, ich muss mir gut überlegen, welche ich mitnehme. Außer für die ersten Partien, da ich mir viele Karten erst über einen mühsamen Grind freispielen musste. Und das für jede der zum Start acht Fraktionen, das war wirklich nervig und motivierte nicht zum Experimentieren oder Kennenlernen anderer Nationen.
Die beiden Addons lieferten nicht einfach mehr vom selben, sondern neben neuen Kampagnen und Völkern auch frische Spielmechaniken: Das erste mit dem Titel The Warchiefs stellt drei Stämme der amerikanischen Ureinwohner in den Mittelpunkt, jede mit eigenen Mechaniken. Aber auch für die bestehenden gab es neues, sie können statt ins letzte Zeitalter aufsteigen sich von ihrem Mutterland lossagen. Die Revolution hat weitreichende Folgen: alle Dorfbewohner werden zu Milizionären (relativ schwache Einheiten, aber die Masse macht’s), neue erschaffen geht gar nicht mehr. Eine Alles-Oder-Nichts-Aktion, die eine Partie schnell beenden kann – in die eine oder andere Richtung. Die drei neuen Völker des zweiten Addons The Asian Dynasties steigen ins nächste Zeitalter nicht durch einen simplen Klick im Dorfzentrum auf, sondern bauen Weltwunder. Die großen Prachtbauten feierten damit ein Comeback, aber mit einem anderen Zweck. Sie bringen zusätzliche Boni, aber nur, solange sie stehen. Da sie groß und gut sichtbar in der Landschaft stehen sind sie ein lohnendes Ziel, was den Gegner zwar nicht im Zeitalter zurückwirft, aber ihm die starken Boni nimmt.

Screenshot: Handelsrouten sichern ist nicht nur in der Kampagne wichtig
Handelsrouten sichern ist nicht nur in der Kampagne wichtig

Die unterschiedlichen Völker hatten teilweise die selben, teilweise eigene Einheiten zur Auswahl – ein Mittelweg aus den einzelnen Spezialeinheiten im zweiten Teil und komplett unterschiedlichen Fraktionen im direkten Vorgänger. Die Anzahl stieg dadurch stark, noch weiter verschärft durch Söldner-Einheiten, die nur per Lieferung (und teilweise gegen Gold) zu haben waren, mit dem ersten Addon auch im Salon rekrutierbar. Durch die schiere Anzahl ging mir die Übersicht etwas verloren, dazu war das Kontersystem nicht so durchschaubar: es gab leichte und schwere Infanterie, optisch waren sie aber kaum zu unterscheiden. Auch bei den Kanonen gab es drei "Klassen": gegen Einheiten, Gebäude und andere Artillerie. Aber welche gegen was besonders effektiv (und vor allem: komplett ineffektiv) war, musste ich auswendig lernen, wirklich ansehen konnte ich es ihnen nicht.

Ein Aspekt des Spiels kam bei vielen Spielern nicht gut an: scheinbar können Einheiten durch Mauern und Gebäude schießen. Dem Zeitalter gemäß waren Bogen- oder Armbrustschützen nicht mehr erste Wahl, sondern Musketen und andere, frühe Schießpulvergewehre. Ihre Kugeln fliegen in einer geraden Linie, damit man die Schussbahn besser sieht wird sie im Spiel als eine Art Rauchspur dargestellt. Das führt aber zu einem Problem: Schießen die Einheiten auf ein Ziel, das von einem Gebäude verdeckt wird sieht es so aus, als würde die Spur durch das Gebäude hindurch führen, bei den schmalen Wällen besonders auffällig. Ich habe das damals auch bemerkt, aber es hat mich nicht weiter gestört. Es ist einer dieser kleinen Logikfehler, die man in Videospielen akzeptiert, weil die wirklich realistische Lösung technisch viel zu aufwendig oder für den Spieler umständlich bis nervig wäre. Dass das Ganze im Internet aber eine solche Reaktion ausgelöst hat, dass dieselbe Diskussion Jahre später mit der Definitive Edition wieder hochkochte, wusste ich nicht. Und auch heute finde ich die Debatte darum eher lästig als wirklich zielführend. Bei anderen Logikfehlern in der Vergangenheit habe sich viele auch nicht so daran gestört, obwohl sie deutlich drastischere Auswirkungen hatten.
Wie dass Infanterie und Kavallerie mit ihren Schwertern auf Gebäude eindreschen bis sie zu Brennen anfangen. In Age of Empires 3 werfen sie stattdessen Fackeln, die Brände können Explosionen auslösen, die Löcher in die Geometrie reißen. Das Ergebnis: das Gebäude zerfällt spektakulär, unterstützt von der Havoc Physik Engine.

Screenshot: Musketenschüsse sind gut zu sehen - sehr zum Leidwesen mancher Spieler...
Musketenschüsse sind gut zu sehen – sehr zum Leidwesen mancher Spieler…

Die Kampagne bot in ihren drei Kapiteln viele, abwechslungsreiche Missionen. Auch wenn die Story nicht das Gelbe vom Ei war, spielerisch war das richtig klasse. Die neuen Mechaniken wurden gut eingebaut, in einer Mission kann ich keine Dorfbewohner ausbilden und bin auf die Handelsposten angewiesen, um an Ressourcen zu kommen. Auf Havanna gestrandet fühle ich mich fast wie in einem Rollenspiel, mit begrenzten Truppen muss ich mir das Vertrauen der ansässigen Bevölkerung erarbeiten. Dazu hatten einige Kommandomissionen schöne Abschnitte in Höhlen, die sich gut in die Szenerie einpassten.

Bei den Zufallskarten war ich aber etwas ernüchtert, die waren gar nicht mehr so zufällig wie früher. Wenn ich im zweiten Teil fünfmal eine Karte des selben Typs öffne sehe ich zwar Gemeinsamkeiten in ihrer Charakteristik, aber viele Dinge wie die Startpositionen und die Landschaft unterscheiden sich deutlich – wobei nicht immer zum Besseren, Glück bei der Kartengenerierung ist bis heute ein großes Thema. Bei Age of Empires 3 wurde das dahingehend geändert, dass weite Teile der Karte immer identisch sind: Handelsrouten und Flüsse verlaufen immer sehr ähnlich bis komplett gleich, Startpositionen sind immer ungefähr an der selben Stelle beziehungsweise selben Region bei Team-Spielen, Seen und Inseln sind immer an den selben Stellen. Was sich unterscheidet ist die Platzierung von Ressourcen und Schätzen. Das brachte zwar immer noch einen gewissen Zufallsfaktor mit rein, aber dadurch spielten sich die Matches auch sehr ähnlich, es gab weniger Varianz durch die Karten – im Guten, wie im Schlechten.

Den Editor habe ich nur kurz angeschaut. Er wurde wieder mächtiger, aber dadurch auch weniger zugänglich. Und da ich mich zu dieser Zeit schon auf mein Studium vorbereitete, war keine Zeit mich darin einzuarbeiten. Und so etwas wie Kreativität hatte sich über die Jahre bei mir auch nicht entwickelt.

Ende einer Ära

Was ich damals noch nicht wusste: Age of Empires 3 sollte für viele Jahre das letzte Spiel der Serie und das vorletzte von Ensemble Studios sein. Über die vielen abgebrochenen Projekte wusste ich nichts. Ihr letzter Titel sollte Halo Wars sein, zwar auch ein Echtzeitstrategiespiel, aber mit dem bekannten SciFi-Setting und exklusiv für die Xbox360 – da erreichte mein Interesse schnell den absoluten Nullpunkt.
Dr Tiefschlag für mich war aber die Nachricht, dass Ensemble Studios nach dessen Fertigstellung geschlossen wird. Ich habe schon früher die Schließung von Studios erlebt, aber bei keinem hat es mich jemals so getroffen. Zu Ensemble hatte ich aber eine emotionale Bindung, ihre fantastischen Spiele waren der Hauptgrund. Aber auch durch die Blicke hinter die Kulissen, die ich damals noch höchst selten bekam. Ich machte mir ernsthaft Sorgen, ob jemals wieder ein Age of Empires erscheinen würde. Zwar gab es noch Alternativen, aber die Zukunft meines favorisierten RTS-Franchise sah düster aus.

Mehr, wenn ihr mich wiederseht. Ihr müsste unbedingt lesen, wie’s weitergeht.

Screenshot: Halo Wars sollte das letzte Spiel von Ensemble Studios sein. Es sollten stürmische Zeiten für das Franchise folgen...
Halo Wars sollte das letzte Spiel von Ensemble Studios sein. Es sollten stürmische Zeiten für das Franchise folgen…