Wolfenstein 2 – The New Colossus hat ich jetzt nicht so ganz überzeugt. Zwar ein wirklich guter Shooter der vor allem bei Story und Charakteren brilliert, hat mich das Gameplay doch stellenweise arg genervt. Die DLCs dazu wollte ich mir aber anschauen, ich habe zuerst nur gewartet bis alle erschienen sind. Da mich das Hauptspiel aber nicht so gefesselt hat hatte ich keine Eile und habe sie mir erst jetzt vorgenommen um zu sehen, ob sie es besser machen.
Allgemein
Der Season Pass mit allen DLCs umfasst drei Episoden mit je einem neuen Haupthelden. Sie unterscheiden sich von der Spielfigur im Hauptspiel, BJ Blazkowicz dadurch das sie nicht die Wahl haben welche Upgrades ihr Körper bekommt – sie haben eine Fähigkeit einfach so. Dadurch sind sie nicht so flexibel und das merkt man auch: waren die Levels im Hauptspiel noch auf alle Möglichkeiten ausgelegt sind sie nun starrer angelegt und ermöglichen meistens nur ein Vorgehen. Neue Waffen gibt es ebenso wenig wie neue Perks, auch hier ist jeder Charakter etwas eingeschränkt und hat nur einen Teil von BJs Fähigkeiten und Waffen zur Verfügung. Allen gemein ist dagegen dass sie wie BJ recht wenig aushalten, wobei das Agentin Stiller Tod besonders wenig ist (mehr dazu in ihrem Abschnitt), selbst auf relativ niedrigen Schwiergkeitsgraden kann man sehr schnell ins Gras beißen ohne dass man es merkt, das Feedback ob man selbst getroffen wird ist immer noch sehr schlecht. Außer auf dem aller niedrigsten, da nimmt man so wenig Schaden dass man sich schon sehr dumm anstellen muss um zu streben. Etwas hinderlich ist dass man nur zwei Spielstände pro Episode zur Verfügung hat, warum auch immer. Immerhin zählen die Autosaves als separate Spielstände, auch nur jeweils zwei.
Jede Episode erzählt ihr eigene, von allem anderen losgelöste Geschichte, auch wenn ich mir recht sicher bin dass sie einem möglichen Wolfenstein 3 eine Rolle spielen würden. Alle Protagonisten haben wie BJ die Angewohnheit die aktuelle Situation als Monolog zu kommentieren, wobei sich die Sprachaufnahme alle etwas merkwürdig klingen, sie scheinen einen etwas komischen Hall zu haben der etwas an eine Tonaufnahme in einem nicht idealen Studio oder ein Gespräch per Funk erinnert. Das selbe gilt für Dialoge, wenn sie per Funk geführt werden passt es ja, ansonsten wirkt es etwas befremdlich. Zusätzlich gibt es animierte Zeichnungen als Zwischensequenzen, mittlerweile eigentlich schon Standard. Die sehen gut aus und wirken vor allem sehr räumlich, hier werden die Animationen geschickt eingesetzt.
Eine der großen Stärken der neuen Wolfenstein-Spiele, die Charaktere, bleiben aber bei allen etwas auf der Strecken. Da in den ca. 90 minütigen Episoden neben Zwischensequenzen und Monologen auch noch die Action untergebracht werden muss bleibt wenig Zeit tiefgründige Charaktere zu zeichnen und eine vielschichtige Geschichte zu erzählen, es bleibt alles recht oberflächlich und vorhersehbar. Hat man einen DLC abgeschlossen werden die Abschnitte für die Highscore-Jagd freigeschalten, neue Retro-Level konnte ich nicht entdecken.
Episode 0
Wenn man sich den Season Pass bereits gekauft hat kann man die Episode 0 direkt überspringen, da sie nur einen kurzen Einblick in jede der drei Episoden gibt. Es wurde jeweils ein kurzer Teil, der jeweils etwa 10 Minuten lang ist, aus den Missionen herausgenommen und mit Storybeschreibungen verknüpft. Da jeder sie spielen kann sind sie mehr als Demo für die DLCs zu sehen und da sie nichts bringen was man nicht auch in den gekauften Erweiterungen bekommt brauche ich auch nicht weiter auf sie eingehe..
Episode 1: Die Abenteuer des Revolverhelden Joe
In der ersten Episode spielt man den Afroamerikaner Joe, der eigentlich (American) Football spielt aber vom Regime allein schon wegen seiner Hautfarbe geknechtet wird. Nachdem er sich gegen seine Peiniger auflehnt wird er eingesperrt, bricht aber quasi sofort aus. Er kann durch vorbestimmte, dünne Wände brechen und das ganz ohne Donnerfäuste. Wer da denkt dass der unzerstörbare BJ Blazkowicz ein Supersoldat ist hat noch nie etwas von Joe gehört, der braucht keine technischen Hilfsmittel. Dazu hat er als Nahkampfwaffe nur seine Fäuste und kann Dosen so hart werfen dass sie Gegner direkt ausschalten. Also sofern man den freien Kopf trifft, beim den vielen Gegner die Helme tragen aber reichlich ineffektiv, direktes Vorgehen mit Schusswaffen ist da meistens effektiver. Allgemein ist sein Ansatz erst schießen dann fragen, ich bin mir nicht mal sicher ob man in seinen Leveln überhaupt schleichen kann. Nicht dass es mich stört, ist eh nicht mein Stil. Auch eine Passage reitend auf einem Panzerhund ist dabei, wobei sie bei Tag stattfindet und die Lichteffekte nicht so beeindrucken wie in der Nacht von New Orleans.
Neben seiner Rache am Regime und vor allem Maschinenkommandant Metze geht es auch um Joes Vater. Die Geschichte ist aber arg platt und durch die gerade mal 90min Spielzeit kann da auch nicht viel Tiefe herauskommen. Es bleibt einfach keine Zeit um interessante Charaktere zu zeichnen, alles bleibt oberflächlich, zum Ende hin arg Klischeehaft und vorhersehbar. Immerhin gibt es einen einigermaßen brauchbaren Bossfight am Ende, wobei wieder nur gegen einen großen Roboter.
Episode 2: Die Tagebücher von Agentin Stiller Tod
Sich verstecken und auf den richtigen Moment warten ist die einzig wirksame Vorgehensweise in Episode 2
In der zweiten Episode muss man gänzlich anders vorgehen als in der ersten. Die ehemalige britische Geheimagentin Jessica Valiant ist nicht wirklich für das direkte vorgehen gebaut, mit standardmäßig 100 Lebenspunkte und 40 Rüstungspunkte hält sie sehr wenig aus. Dazu ist mir aufgefallen dass wenn man Alarm auslöst aus dem nichts mehr Gegner auftauchen, was eigentlich direkt im Game Over endet. Stattdessen muss man leise vorgehen, in Deckung bleiben und Gegner im Nahkampf mit dem Messer ausschalten, die Klinge war für mich die einzig wirksame Waffe. Da kommt es gelegen dass sie sich ganz ohne Pythongurte in enge Luftschächte quetschen kann. Langsam vorgehen und Gegner beobachten und dann im richtigen Moment zuschlagen ist der Schlüssel, was sogar direkt aus einem Schacht heraus geht. Schusswaffen werden quasi sofort geortet weil sie zuviel Krachen machen, aber die Schreie eines Soldaten dem man mit einem Messer bearbeitet scheint niemanden zu stören. Wird man doch gesehen bekommt man es mit weil die Zeit scheinbar verlangsamt, erledigt man den Gegner schnell genug oder geht aus seinem Sichtfeld bleibt alles in Ordnung.
Allgemein ist mir aufgefallen dass die Level doch arg kompakt sind, sie fühlen sich aber arg gestreckt an weil ich die meiste Zeit damit beschädigt war die Gegner zu beobachten und ihre Laufrouten und Muster zu erkennen und zu sehen wann ich mich rauswagen kann. Das entspricht mal so gar nicht meinem Spielstil und ich finde es auch arg langweilig. Dazu hatte ich so meine Probleme mit dem Klettern in die Lüftungsschächte, das klappt oft erst nach mehreren Versuchen, es ist also nichts was ich machen sollte wenn ich unter Zeitdruck bin, nerven tut es aber trotzdem. Zudem ist ein Abschnitt arg dunkel geraten, es macht zwar Sinn dass sie sich in den Schatten aufhält, aber ich konnte fast gar nichts mehr erkennen und Gegner nur Anhand einer sehr kleinen Leuchte an ihrem Helm ausmachen. Hier muss man sich mehr aufs hören verlassen, Supersoldaten machen mit ihren dicken Rüstungen deutlich mehr Krach auf Patrouille als ihre normalen Kollegen. Oder man dreht die Gammakorrektur soweit hoch dass man was sieht.
Wie im vorherigen Teil bleibt durch die kurze Spielzeit die Charaktere arg auf der Strecke, die paar Monologe in der die Agentin ihre Motivation erklärt und die gezeichneten Zwischensequenzen reichen einfach nicht um wirkliche Tiefe zu erzeugen. So bleibt es bei einer klischeehaften Rachestory mit ein paar Logiklücken (obwohl sie ein sehr markantes Aussehen hat mit den roten Haaren und der Augenklappe kann sie ohne Probleme durch das Regimereich reisen), am Gameplay fehlt die Wahlmöglichkeit die Wolfenstein sonst so auszeichnet, man ist gezwungen zu schleichen.
Episode 3: Die unglaublichen Taten von Captain Wilkins
Konfrontationen sind nicht immer unausweichlich, aber mit schleichen kann man sich in eine gute Position bringen
Der dritte im Bunde ist Captain Wilkins, im Vergleich zu den anderen beiden Protagonisten der Freiheitschroniken ein relativ normaler Soldat, welcher aber seit dem Krieg widerstand gegen das Regime leistet, mit den beschränkten Mitteln eines Einzelkämpfers. In seiner neuesten Mission in Alaska bekommt er sein Spezialfähigkeit, der findet ein Paar Kampfläuferstiefel und kann nun zu höheren Ebenen hochsteigen. Oder Gegner platt stampfen, wobei mir das nie geglückt ist, selbst wenn ich es wirklich versucht habe. Vielleicht habe ich auch schlicht nicht kapiert wie das genau funktioniert. Da er über das Sturmgewehr mit Zielfernrohr verfügt war das auch gar nicht nötig, es ist deutlich effektiver auf Distanz zu bleiben und Gegner mit den hier einfacheren, aber sehr effektiven Kopftreffern auszuschalten. Man kann auch den leisen Weg wählen was auch recht effektiv sein kann – ich wurde aber früher oder später erwischt, dann ist eine gute Position wichtig um nicht direkt überrannt zu werden. Wenn man schon sehr weit im Level vorangeschritten ist und alle Kommandanten ausgeschaltet hat kann man auch versuchen zu entkommen, hat man einen neuen Abschnitt erreicht wird man nicht weiter verfolgt, zumindest ging es mir so.
Da auch Captain Wilkins nur über ein Spezialfähigkeit von BJ Blazkowicz verfügt sind die Level entsprechend gebaut: oft gibt es große Hindernisse oder Hochregale, die man mit dem Kampfläufern besteigen kann um alternative Routen zu wählen. Bei der Inszenierung sieht man viel bekanntes, neben animierte, gezeichneten Zwischensequenzen gibt es neben den Monologen des Protagonisten mehr Gespräche per Funk wie in den anderen Episoden, auch dadurch geschuldet dass die Zeit über mit Verbündeten redet, in den Levels selber tauchen sie aber nicht auf. Das heißt aber nicht dass sein Charakter oder die seiner Mitstreiter irgendwie besser gezeichnet sind, sie bleiben genauso flach wie in den anderen DLC-Episode, dazu ist die Story hier auch wieder arg vorhersehbar. Ein solider DLC, aber wie die anderen nur mehr vom selben.
Bonus: Wolfstone 3D
Bereits im Hauptspiel ist im Klub Wisenau auf der Hammerfaust ein Arcade-Automat von Wolfstone 3D zu finde, sieht man ihn an meint das Spiel nur „Spiele den Klassiker“. Dahinter verbirgt sich die komplette Version von Wolfenstein 3D inkl. der nachgereichten Prequel-Levels (Episode 4-6). Um mit dem deutschen Recht in Einklang zu stehen wurde wie in den Klassiker Levels des Vorgängers alle strafrechtlich problematischen Symbole und Referenzen entfernt. Eigentlich wurde die Story komplett umgedreht, statt BJ Blazkowicz spielt man Elite Hans, einen fiktiven Action-Helden des Regimes. Er wurde von Terror Billy gefangen genommen und muss aus seiner Burg ausbrechen. Entsprechend hängen in den Levels Portraits von BJ und Fahnen mit dem Symbol des Kreisauer Kreises. Alle Gegner wurden farblich verändert und sagen andere Sätzen wie im Original, aus den Elite Guards (Gegner mit Maschinengewehr) wurden Russen und alle Bossgegner entsprechen Charakteren des Widerstands, z.b. wurde Dr. Schabbs aus dem Original durch Set Roth ersetzt und der Endgegner in der dritten Episode ist Blazkowicz, natürlich stilecht in Roborüstung mit einem paar Chainguns.
Ansonsten ist es exakt das selbe Spiel, einschließlich seiner Einschränkungen: es gibt keine Minimap was in den Labyrinth-Levels mit den immer gleichen Wandtexturen hohe Verirrungsgefahr birgt. Mouselook gibt es und ist standardmäßig aktiv, die meisten Tasten werden aus der Konfiguration des Hauptspiels entnommen und müssen dort angepasst werden, im Minispiel hat man nur eine Anzeige. Teils ist es etwas verwirrend und da man den virtuellen Automaten nur mit den Tasten bedienen habe ich einige male das falsche gewählt, speziell speichern ist da etwas nervig, zumal sich die Spielstände nicht benennen lassen. Da man die ganze Zeit auf einen virtuellen Bildschirm sieht wird das Bild nicht komplett ausgefüllt und sieht immer etwas komisch aus, außerdem scheint noch eine Funktion die die Anpassung des menschlichen Auges an geänderte Lichtverhältnisse simuliert noch aktiv zu sein und nach jedem laden eines Spielstandes ist kurz alles sehr hell.
Alle Waffen sind mehr oder weniger gleich, sie unterscheiden sich nur anhand ihrer Feuerrate. Schaden und Treffer enthalten eine Zufallskomponente, da kann es schonmal sein dass ein einfacher Gegner mit einem Schuss einen fast Tötet, egal wie weit weg er ist. Gegner sind oft direkt hinter Türen oder in kleinen Nischen platziert und melden sich akustisch sobald sie den Spieler entdecken, außer die fiesen Zombies die mir einige Probleme bereitet haben. Die meisten Gegner lassen sich mit einem oder zwei Treffern ausschalten, man selbst hält unter Umständen nur wenig mehr aus – ein Kampf Glaskanone gegen Glaskanone. Die Bossgegner lassen sich durch simples zurückziehen hinter Deckung, kurz hervor lugen und feuern und wieder zurück erledigen. Komplexe Angriffsmuster, Kampfphasen oder eine KI die mehr kann als nur den Spieler verfolgen sobald sie ihn ausgemacht hat ist nicht drin, sie sind nur wegen ihrer deutlich höheren Feuerkraft gefährlich.
Das komplette Wolfenstein 3D einzubauen ist die logische Steigerung nach einzelnen Leveln in The New Order und The Old Blood, für einen Nachfolger bliebe noch das Stand Alone Prequel Spear of Destiny. Im Vergleich zu aktuellen Source Ports fehlt es klar an Bedienkomfort und die fehlende Karte wiegt schwerer wie in z.b. Doom. Da die Dateien nicht wie in der Doom 3 BFG Edition im Verzeichnis liegen kann man sie nicht einfach mit einem solchen nutzten, was ich doch ein wenig Schade finde – es wäre eine einfache und legale Möglichkeit den Klassiker zu spielen.
Fazit: Die DLCs zu Wolfenstein 2 bringen nichts wirklich neues, im Prinzip nur mehr vom selben. Die für mich nervigen Aspekte des Hauptspiels wurden teilweise sogar noch verstärkt weil die Charaktere weniger Wahlfreiheit in ihrem Spielstil haben. Dazu sind sie allesamt sehr kurz, gerade mal 90 Minuten pro DLC und man sieht das Ende. Dadurch können sie keine großen Geschichten erzählen und Charaktere mit Tiefe zeichnen, vieles bleibt oberflächlich und teilweise arg klischeehaft. Die weiteren Elemente wie Highscore-Jagd in den Levels sind weder neu noch für mich wirklich motivierend. Schlecht sind die Missionen nicht, die Levels sind durchdacht und die Action kracht wie im Hauptspiel. Sie kranken aber an den selben Problemen wodurch sie mich nicht dauerhaft motivieren und hinterlassen bei mir den selben durchwachsenen Eindruck wie das Hauptspiel.